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Prof. Dr. Hans-Georg Frede vom Institut für Landeskunde der Justus-Liebig-Universität Gießen führt gemeinsam mit dem Industrieverband Agrar ein Diskussionsforum auf der "Woche der Umwelt" in Berlin durch
"Umweltschutz ist kein Modethema, sondern ein nach wie vor modernes Thema. Umwelttechnik auf höchsten Niveau kann helfen, unsere natürlichen Lebensgrundlagen auf Dauer zu erhalten, neue Arbeitsplätze zu schaffen und bestehende zu sichern." Mit diesen Worten brach Bundespräsident Johannes Rau im Vorfeld der "Woche der Umwelt", die auf seine Initiative hin am 3./4. Juni 2002 im Park des Schlosses Bellevue in Berlin stattfinden wird, eine Lanze für den innovativen Umweltschutz. Organisiert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), der größten Umweltstiftung Europas, werden rund 160 Aussteller den 10.000 geladenen Gästen in einer zweitägigen Schau deutsche Spitzen-Umwelttechnik und -forschung präsentieren und in über 40 hochkarätig besetzten Einzelveranstaltungen ihre Bedeutung für Deutschland diskutieren.
Auch die Justus-Liebig-Universität Gießen ist auf der "Woche der Umwelt" in Berlin vertreten: Prof. Dr. Hans-Georg Frede, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Landeskultur (Fachbereich 09 - Agrarwissenschaften, Öktrophologie und Umweltmanagement) wird in Zusammenarbeit mit dem Industrieverband Agrar (Frankfurt) ein Diskussionsforum zum Thema "Sauberes Wasser trotz Pestiziden" durchführen. Die Veranstaltung beginnt am 3. Juni 2002 um 11 Uhr im Ausstellungszelt "Gewässerschutz" im Park von Schloss Bellevue.
Sauberes Wasser trotz Pestiziden
In Deutschland werden jährlich rund 30.000 Tonnen Pflanzenschutz-Wirkstoffe ausgebracht. Davon gelangen Schätzungen zufolge 25 bis 30 Tonnen in die Gewässer. Gemessen am Gesamtaufwand ist das wenig - etwa ein Promille. Gemessen an bestehenden Grenzwerten ist es - manchmal - zuviel. In einem Liter Trinkwasser darf zum Beispiel nur 0,1 µg eines Pflanzenschutz-Wirkstoffs enthalten sein. Prof. Frede und sein Mitarbeiter Dr. Martin Bach sind sich sicher: Gewässerbelastungen durch Pestizide müssen nicht sein. Schon mit einfachen Maßnahmen lässt sich nach ihrer Überzeugung sauberes Wasser erreichen, ohne dass die Landwirte auf wirkungsvollen Pflanzenschutz verzichten müssen.
Unser Trinkwasser wird hauptsächlich aus Grundwasser gewonnen. Grundwasser ist deshalb streng geschützt. Für Pflanzenschutzmittel gilt dort derselbe Grenzwert wie im Trinkwasser. Die Einhaltung dieses Grenzwerts wird an zahlreichen Messstellen überprüft. 1998 waren von 50.000 Grundwasserproben 98,5 % ohne Beanstandung. Nur bei 1,5 % wurde der Trinkwasser-Grenzwert überschritten. Mehr als 90 % der Beanstandungen betrafen Substanzen, die heute nicht mehr eingesetzt werden. Diese Funde sind überwiegend auf Anwendungen aus den 80er und 90er Jahren zurückzuführen, möglicherweise auch auf illegalen Mitteleinsatz. Die derzeit zugelassenen Pflanzenschutzmittel werden nur sehr selten im Grundwasser nachgewiesen.
Der größte Anteil von Pflanzenschutzmittel-Funden entfällt auf offene Gewässer wie Bäche, Flüsse und Seen. Die Belastungen entstehen durch die Abschwemmung der Substanzen mit dem Regenwasser (runoff), durch Windverwehung (Abdrift) und Austrag durch Drainagen. Über Modellberechnungen lässt sich für verschiedene Regionen Deutschlands ermitteln, welcher dieser Eintragswege in welcher Landschaft von Bedeutung ist. Umfangreiche Überprüfungen der berechneten Werte zeigen, dass auf dieser Basis entwickelte Belastungskarten recht genaue Aussagen zulassen. Damit können auch gezielte Schutzmaßnahmen wie beispielsweise abflussmindernde Maßnahmen ergriffen werden.
Belastungsursachen
Mit Abschwemmung, Abdrift und Drainage lassen sich die tatsächlichen Funde von Pflanzenschutzmitteln in unseren Flüssen aber nur zum Teil erklären. Erhebliche Mengen gelangen vielmehr über Kläranlagen in die Gewässer. Das haben umfangreiche Untersuchungen gezeigt. Diese Einträge stammen vor allem aus der Reinigung von Pflanzenschutzspritzen auf den Hofflächen der Landwirtschaftsbetriebe. Das Waschwasser gelangt über den Hofabfluss in eine Kläranlage oder direkt in ein Gewässer und führt dort zu erheblichen Belastungen. Einträge aus solchen "Punktquellen" können bis zu 90 % der Menge an Pflanzenschutzmitteln in Gewässern ausmachen.
Die Belastung aus Kläranlagen ist insbesondere im Süden und Westen Deutschlands ein Problem. Hier gibt es viele kleine Landwirtschaftsbetriebe und sehr viele Obst- und Weinbaubetriebe, von denen fast jeder eine eigene Spritze unterhält. Allein auf hessischen Bauerhöfen stehen sechs Mal so viele Pflanzenschutz-Spritzen wie in allen Neuen Bundesländern zusammen. Entsprechend häufig finden Reinigungsvorgänge statt.
Die Gießener Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass solche Einträge über Kläranlagen durch einfache Verhaltensänderungen der Landwirte völlig unterbunden werden können: zum Beispiel durch Sorgfalt beim Befüllen der Tanks und durch die Reinigung der Geräte auf dem Feld. Sie setzen auf gezielte Beratung. Ergebnisse aus ihren Pilotprojekten zeigen, dass nach entsprechenden Informationskampagnen für die Landwirte die Punkteinträge um bis zu 90 % zurückgingen. Prof. Frede und Dr. Bach haben somit Grund zu Optimismus: "Sauberes Wasser trotz Pestiziden" ist möglich.
Kontakt:
Prof. Dr. Hans-Georg Frede
Institut für Landeskultur
Heinrich-Buff-Ring 26-32
35392 Gießen
Tel.: 0641/99-3 73 80
Fax: 0641/99-3 73 89
E-Mail: Hans-Georg.Frede@agrar.uni-giessen.de
Dr. Martin Bach
Tel.: 0641/99-3 73 75
Fax: 0641/99-3 73 89
E-Mail: Martin.Bach@agrar.uni-giessen.de
http://www.uni-giessen.de/wochederumwelt
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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