idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Internationale Wanderungsbewegungen haben dazu geführt, dass sich Millionen muslimischer Migranten außerhalb ihrer Herkunftsländer aufhalten. Allein in Deutschland leben mittlerweile ca. 4,2 Millionen Muslime. Aufgrund des besonderen Verhältnisses von Migration und Religion sind durch diesen Prozess zahlreiche Herausforderungen für die muslimischen Diaspora-Gemeinden entstanden. Vor diesem Hintergrund setzt sich der jetzt im Peter Lang Verlag erschienene Sammelband »Islam und Diaspora. Analysen zum muslimischen Leben in Deutschland« mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven auseinander. Herausgeber ist Prof. Dr. Rauf Ceylan, Religionssoziologe an der Universität Osnabrück.
In sechs Schwerpunkte gegliedert, werden Fragen der historischen Entwicklungen seit dem Beginn der Anwerbeabkommen vor 50 Jahren, des Verhältnisses von Rechtsstaat bzw. Säkularisierung und Islam, der (inter-) religiösen Bildung, der muslimischen Identitätsbildung, der fundamentalistischen Ausprägungen in der Migration sowie des interreligiösen Dialogs und der muslimischen Selbstverortung diskutiert.
Anders als in den Einwanderungsländern mit kolonialer Vergangenheit wurde die deutsche Gesellschaft mit dem Islam spät konfrontiert. »Deutschland hat keine Elitemigration aus muslimischen Ländern erlebt, sondern eine Arbeitsmigration erlebt«, so der Osnabrücker Religionssoziologe. Diese historische Tatsache zeigt sich gegenwärtig – trotz zu verzeichnender Fortschritte – in der Bildungsarmut. Fast 70 Prozent der Muslime in Deutschland sind türkischstämmig. »Darunter fallen auch kurdische Muslime, die allerdings in den öffentlichen Islamdebatten kaum als solche berücksichtigt, sondern eher mit der Kurdenfrage in Verbindung gebracht werden.«
Trotz dieser Dominanz der türkischstämmigen Muslime dürfe das internationale muslimische Mosaik in Deutschland nicht außer Acht gelassen werden. Zahlreiche Muslime aus Ex-Jugoslawien, arabischsprachigen Ländern, Iran und weitere aus asiatischen und afrikanischen Ländern leben mittlerweile in Deutschland. »Damit spiegelt sich die Umma – die muslimische Weltgemeinschaft – in all ihren ethnisch-kulturellen und konfessionellen Facetten hierzulande wieder«, erläutert Ceylan.
Seit den 1990er Jahren ist in der Integrationsdebatte ein Perspektivenwechsel festzustellen, demzufolge die Religion immer mehr in den Fokus gerate und zunehmend eine »Islamisierung« stattfinde. Bei der Konstruktion einer muslimischen »Wir«-Identität sei auch die zunehmende Islamfeindlichkeit zu berücksichtigen. Prof. Ceylan: »Auch wenn kaum emotionale Bindungen zur Herkunftsgesellschaft bestehen und die „kulturelle“ Herkunft kaum Konsequenzen für die Gestaltung des Alltags hat, akzentuieren die Angehörigen der nachfolgenden, im Aufnahmeland geborenen und sozialisierten Generationen selbstbewusst ihre ethnische Herkunft und suchen nach neuen Ausdrucksformen, um sich mit eben diesen innerhalb der Gesellschaft zu positionieren.«
An dem Sammelband »Islam und Diaspora« haben 21 Autorinnen und Autoren mitgewirkt, unter ihnen Prof. Dr. Peter Antes vom Institut für Theologie und Religionswissenschaft der Universität Hannover, Prof. Dr. Karl-Heinz Meier-Braun, Leiter der Redaktion »SWR International« beim Südwestfunk in Stuttgart sowie der Kultur- und Sozialanthropologe Prof. Dr. Werner Schiffauer von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder).
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Rauf Ceylan, Universität Osnabrück,
Professur für Religionswissenschaft mit dem Schwerpunkt Islamische Religionspädagogik,
Neuer Graben 29 / Schloss, 49069 Osnabrück,
Telefon: +49 541 969 6236 , Fax +49 541 4380
E-Mail: rceylan@uni-osnabrueck.de
Link: http://www.irp.uni-osnabrueck.de/
Der Osnabrücker Religionssoziologe Prof. Dr. Rauf Ceylan legt einen Sammelband zum muslimischen Lebe ...
Foto: Pressestelle Universität Osnabrück/Manfred Pollert
None
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Politik, Religion
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).