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30.08.2012 10:33

Saarbrücker Student auf den Spuren Heinrich Schliemanns in Athen

Thorsten Mohr Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes

    Heinrich Schliemann ist einer der Pioniere der modernen Archäologie. Er gilt als Entdecker des antiken Troja und hat in Griechenland und Kleinasien zahlreiche weitere Ausgrabungen durchgeführt. Zuvor hatte Schliemann als Kaufmann ein beträchtliches Vermögen angehäuft. Thomas Martin hat sich an die Fersen des berühmten Autodidakten geheftet. Martin studiert Kunstgeschichte, Geschichte und Archäologie an der Saar-Uni. Für seine Diplomarbeit untersuchte er im April und Mai die Stadtvilla Schliemanns in Athen, die sich der Wissenschafts-Quereinsteiger von 1878 bis 1881 errichten ließ.

    Heinrich Schliemann (1822-1890) hatte es schwer, als er erst mit Anfang 40 ins Wissenschaftlerleben einstieg. Die etablierten Forscher an den Universitäten nahmen den enthusiastischen Autodidakten und seine Methoden nicht ernst. Ob er versuchte, diesen „Makel“ nach seinen archäologischen Erfolgen mit Selbstinszenierungen beispielsweise durch die Ausstattung der Villa in Athen zu tilgen, untersucht der angehende Kunsthistoriker und Archäologe Thomas Martin in seiner Diplomarbeit. Das Gebäude ist bisher kaum publiziert.

    „In den Wanddekors der Villa sind beispielsweise Motive seiner archäologischen Funde wiedergegeben“, erklärt der 29-Jährige, „zum Beispiel mykenische Goldschätze“. Das Deckenfresko im Ballsaal zeigt eine Abbildung von so genannten Eroten, die archäologischen Tätigkeiten nachgehen. Zwei dieser nackten Kindgestalten tragen eindeutig die Züge von Schliemann und seiner Frau. In einer Reportage in der New York Times aus dem Jahr 1882 schildern zwei Journalisten einen Besuch bei Schliemann in dessen Villa. Er gehörte damals zur absoluten Oberschicht Athens, sprach auf seinen Soireen altgriechisch und benannte sein Hauspersonal mit antiken Namen. Ehrfürchtig schildern die Journalisten die Begegnung mit Schliemann.

    „Somit rückt er seine archäologischen Leistungen ins rechte Licht“, sagt Thomas Martin, der für seine aufwändige Diplomarbeit vor allem in der Gennadius-Bibliothek in Athen recherchierte, wo die Korrespondenzen Schliemanns lagern. Hunderte Briefe, Kostenvoranschläge und Anweisungen Schliemanns an den Architekten Ernst Ziller und andere Auftragnehmer hat er gesichtet und wertet sie in den kommenden Monaten aus. „Bei Künstlern gibt es so etwas ja häufiger, dass sich jemand ein Künstlerhaus selbst baut, als eine Art Schrein für das eigene Werk“, erzählt Thomas Martin über seine Fragestellung. „Vor allem gegenüber den deutschen Wissenschaftlern musste sich Schliemann seinerzeit beweisen.“

    Der Archäologe des 19. Jahrhunderts hat sich die Errichtung der Villa einiges kosten lassen. „Eine durchschnittliche Stadtvilla in Athen hat um 1880 etwa 80.000 Drachmen gekostet“, sagt Thomas Martin. Schliemanns Villa verschlang mit ca. 480.000 Drachmen das Sechsfache. Dabei war der Kaufmann überhaupt nicht besonders verschwenderisch. Zwar trug er für seinen Bau die edelsten und teuersten Materialien aus aller Welt zusammen, sparsam wirtschaftete er unter den gegebenen Umständen jedoch trotzdem. „In einem Brief gibt er die Anweisung, dass das Bauholz, das für die Gerüste verwendet wurde, weiterverkauft werden soll. Auch wenn das nur ein bisschen Geld einbringt, zeigt das, dass Schliemann auch als reicher Mann durchaus aufs Geld geachtet hatte“, so Thomas Martin. Vor allem die für die damaligen Verhältnisse modernsten Sicherheitselemente machten den Bau teuer. „Das Haus hat eine Eisenträger-Struktur und kein tragendes Holzgerüst wie die meisten anderen Häuser der Zeit“, nennt er ein Beispiel für den Brandschutz. Auch eine Belüftungsanlage, die der gleichmäßigen Klimatisierung im Haus diente, trieb die Kosten in die Höhe.

    Bis zum Winter möchte Thomas Martin seine Diplomarbeit beenden, an der Wissenschaftler und Bauexperten bereits Interesse bekundet haben. Anschließend möchte er sich einer Promotion im Fach Kunstgeschichte widmen. Während seiner Recherchen in Athen wurde er besonders vom Schliemann-Experten Professor Georgios Korres unterstützt, der ihm vor Ort viele Türen öffnete, die Studenten ansonsten verschlossen bleiben. Sein Auslandsaufenthalt wurde vom UdS-Mobil-Programm unterstützt.

    Thomas Martin arbeitet neben seinem Studium als Hilfswissenschaftler am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, wo er auch als studentisches Mitglied im Betriebsrat des DFKI aktiv ist sowie im Saarlandmuseum, um fachliche Praxisnähe zu gewinnen. Einmal pro Woche fährt er nach Heidelberg, um an der dortigen Universität seine Ausbildung in Saarbrücken zu ergänzen. Im Rahmen der Diplomarbeit kooperiert er mit der Bauhausuniversität Weimar.

    Kontakt:
    Thomas Martin
    Tel.: 0160 9824 9767
    E-Mail: th-martin@web.de


    Weitere Informationen:

    http://uni-saarland.academia.edu/ThomasMartin
    http://www.uni-saarland.de/exar


    Bilder

    In der Athener Villa von Heinrich Schliemann, der Troja entdeckt haben soll, ist heute das Numismatische Museum Griechenlands untergebracht.
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    Foto: Thomas Martin
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    Thomas Martin untersuchte für seine Diplomarbeit zwei Monate lang die Athener Stadtvilla von Heinrich Schliemann.
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    Foto: Thomas Martin
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Bauwesen / Architektur, Geschichte / Archäologie, Kulturwissenschaften
    regional
    Studium und Lehre
    Deutsch


     

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