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Arbeitslosigkeit schmerzt. Wer seinen Job verliert, leidet mehr als doppelt so stark wie ein Mensch, der seinen Partner verliert – und zwar unabhängig davon, ob viele oder wenige Menschen in der näheren Umgebung arbeitslos sind. Das ist das zentrale Ergebnis einer jetzt in der renommierten Fachzeitschrift European Sociological Review online veröffentlichten Studie auf der Basis von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und des Swiss Household Panel.
„Unsere Studie widerlegt die unter Ökonomen vorherrschende Ansicht, dass Menschen weniger unter Arbeitslosigkeit leiden, wenn sie dieses Schicksal mit vielen anderen teilen“, sagt Daniel Oesch, Soziologe an der Universität Lausanne, der die Untersuchung zusammen mit Oliver Lipps vom Swiss Centre of Expertise in Social Sciences (FORS) erstellt hat.
Bisher lautet eine gängige Lehrmeinung unter Ökonomen, dass eine weiter verbreitete Arbeitslosigkeit zu einer geringeren Ächtung von Menschen ohne Job führen würde. Infolgedessen würden Arbeitslose in Regionen mit einer hohen Arbeitslosigkeit weniger unter dem Jobverlust leiden als Arbeitslose in anderen Regionen.
Die SOEP-Daten zeigen jedoch: Menschen, die in den wirtschaftlich schwachen von einer hohen Arbeitslosigkeit geprägten Regionen Ostdeutschlands leben, macht ein Jobverlust genauso unzufrieden wie Menschen, die in wohlhabenderen Regionen in Süddeutschland wohnen. Derselbe Sachverhalt lässt sich für Regionen in der Schweiz beobachten.
Arbeitslos zu sein, sei unter allen Umständen eine schmerzhafte Erfahrung, sagen die Forscher. „Maßnahmen wie die Kürzung von staatlichen Leistungen für Arbeitslose halten wir daher für ungeeignet, um Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen“, sagt Oesch. Stattdessen fordern die Wissenschaftler eine effizientere Arbeitsvermittlung sowie Qualifizierungsprogramme für Langzeitarbeitslose.
Im Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) geben die Befragten auf einer Skala von 0 (ganz und gar unzufrieden) bis 10 (ganz und gar zufrieden) an, wie zufrieden sie mit ihrem Leben sind. In die Studie flossen Angaben von insgesamt 29 979 Menschen zwischen 20 und 65 Jahren ein, die zwischen 1984 und 2010 im SOEP erhoben wurden. Darüber hinaus werteten die Schweizer Forscher die Daten von 8 774 Befragten des Swiss Household Panel aus, die zwischen 2000 und 2010 erhoben wurden.
STICHWORT SOEP:
Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist die größte und am längsten laufende multidisziplinäre Langzeitstudie in Deutschland. Das SOEP ist am DIW Berlin angesiedelt und wird als Teil der Forschungsinfrastruktur in Deutschland unter dem Dach der Leibniz Gemeinschaft (WGL) von Bund und Ländern gefördert. Für das SOEP werden jedes Jahr mehr als 20 000 Menschen in rund 11 000 Haushalten vom Umfrageinstitut TNS Infratest Sozialforschung befragt. Die Daten des SOEP geben unter anderem Auskunft über Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung und Gesundheit. Weil jedes Jahr dieselben Personen befragt werden, können nicht nur langfristige gesellschaftliche Trends, sondern auch die gruppenspezifische Entwicklung von Lebensläufen besonders gut analysiert werden.
Die Studie:
Oesch, Daniel; Lipps, Oliver: Does Unemployment Hurt Less if There Is More of it Around? A Panel Analysis of Life Satisfaction in Germany and Switzerland
Forthcoming in: European Sociological Review doi: 10.1093/esr/jcs071 http://esr.oxfordjournals.org/content/early/2012/08/10/esr.jcs071.full
Kontakt zum Wissenschaftler:
E-Mail: daniel.oesch@unil.ch
http://www.diw.de/soep
http://www.facebook.com/soepnet.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Gesellschaft, Psychologie, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
Deutsch
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