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Wissenschaft
Hamburg, den 21. April 1997
Amerikanischer Panofsky-Preis für zwei DESY-Wissenschaftler
Am 20. April wurden Prof. Dr. Henning Schröder von DESY und Dr. Yuri Zaitsev vom Institut für Theoretische und Experimentelle Physik (ITEP) in Moskau mit dem Panofsky-Preis für experimentelle Teilchenphysik der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft ausgezeichnet. Die beiden Physiker erhielten den Preis in Würdigung ihrer bahnbrechenden Entdeckungen am DESY-Experiment ARGUS: Gemeinsam konnten sie dort Ende der achtziger Jahre Übergänge zwischen neutralen B-Teilchen und deren Antiteilchen nachweisen. Die überraschende Häufigkeit dieser Umwandlungen liess erstmals auf die hohe Masse des damals noch nicht nachgewiesenen sechsten Quarks, des top-Quarks, schliessen. Die mit dem Preis gewürdigten Ergebnisse bilden zudem die Grundlage für die heute weltweit anlaufenden Experimente zur Untersuchung der CP-Verletzung - jener Asymmetrie, die für das unterschiedliche Verhalten von Teilchen und Antiteilchen, und damit möglicherweise für die ungleiche Verteilung von Materie und Antimaterie im Universum verantwortlich ist. Auch bei DESY werden diese Untersuchungen im Rahmen des Experiments HERA-B weitergeführt, das 1998 anlaufen soll.
Der Panofsky-Preis der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft (APS) würdigt und ermutigt herausragende Leistungen in experimenteller Teilchenphysik. Er wurde 1985 gegründet und wird jährlich verliehen. Der mit 5000 US-Dollar dotierte Preis wurde den beiden DESY-Wissenschaftlern gestern auf der Jahrestagung der APS in Washington überreicht.
Henning Schröder und Yuri Zaitsev waren massgeblich an dem DESY-Experiment ARGUS beteiligt. Dieses untersuchte von 1982 bis 1992 am Speicherring DORIS Zusammenstösse zwischen Elektronen und ihren Antiteilchen, den Positronen. Im Mittelpunkt des Interesses standen dabei sogenannte "B0 (B hoch Null)- Mesonen", d.h. elektrisch neutrale Teilchen, die das zweitschwerste Quark (das bottom-Quark) enthalten und bei den Kollisionen als Paare von Teilchen und Antiteilchen erzeugt werden. Ziel des Experiments war es, anhand der Zerfälle dieser Teilchen die Umwandlung von Quarks verschiedener Generationen zu erforschen. Im Laufe dieser Untersuchungen trat ein Effekt zutage, den man zuvor als vernachlässigbar klein angesehen hatte: In mehreren Fällen verwandelte sich ein B0- Teilchen in sein eigenes Antiteilchen. Die Häufigkeit dieser Umwandlungen ist indirekt mit der Masse des schwersten Quarks, des bis dahin noch unentdeckten top-Quarks, gekoppelt. Auf diese Weise kann das top-Quark zwar nicht direkt beobachtet werden, die Messwerte erlauben es jedoch, Rückschlüsse auf die Masse des gesuchten Quarks zu ziehen. Zum ersten Mal deuteten die Ergebnisse auf eine sehr hohe Masse hin - eine Vorhersage, die 1995 durch den direkten Nachweis des top- Quarks bestätigt wurde. Die Entdeckung dieses Verhaltens der B0-Mesonen bildete ausserdem die Grundlage für die inzwischen weltweit an allen grossen Beschleunigern verfolgten Bemühungen, der Verletzung der CP-Symmetrie auf den Grund zu gehen. Diese Asymmetrie bestimmt das unterschiedliche Verhalten von Teilchen und Antiteilchen und könnte damit ein Grund für die ungleichmässige Verteilung von Materie und Antimaterie im Universum sein.
Der international zusammengesetzten ARGUS-Arbeitsgruppe gehörten 90 Physiker aus Deutschland, Kanada, der Sowjetunion, Jugoslawien, Schweden und den Vereinigten Staaten von Amerika an. Henning Schröder und Yuri Zaitsev spielten bei der Entdeckung und der Analyse dieser aussergewöhnlichen Reaktionen eine führende Rolle. Beide Preisträger arbeiten inzwischen an dem Experiment HERA-B, einer internationalen Arbeitsgruppe von 210 Wissenschaftlern aus 14 Ländern zur Untersuchung der CP-Verletzung im System der B-Mesonen.
Das Experiment soll 1998 an der Elektron-Proton-Speicherringanlage HERA von DESY in Betrieb genommen werden. Es baut direkt auf den ARGUS-Ergebnissen auf.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Mathematik, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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