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23.06.2002 00:00

Neues Konzept für die Schmerztherapie: Am Mechanismus orientiert

Dipl. Biol. Barbara Ritzert Pressearbeit
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

    Ein Ärzteteam der Neurologischen Klinik der Technischen Universität München erprobt einen neuen Wirkstoff zur Behandlung von Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen) nach einer Gürtelrose. Erstmals orientiert sich eine Studie an den Mechanismen dieser komplexen Schmerzart. Das breite Spektrum neuropathischer Schmerzen steht auch im Mittelpunkt eines internationalen wissenschaftlichen Symposiums, das am 28. und 29. Juni am Klinikum rechts der Isar stattfindet. Veranstalter sind der Deutsche Forschungsverbund Neuropathischer Schmerz, der seit 2002 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit erheblichen finanziellen Aufwendungen gefördert wird, und die Deutsche Schmerzstiftung.

    Etwa 20 Prozent der Patienten, die eine schmerztherapeutische Spezialeinrichtung konsultieren, leiden unter ungenügend behandelten neuropathischen Schmerzen. Solche Nervenschmerzen können beispielsweise nach Operationen auftreten, insbesondere nach Amputationen (Phantomschmerz), ebenso bei der Zuckerkrankheit (Diabetes). Auch eine Gürtelrose, verursacht durch eine Virusinfektion, kann zu brennenden Dauerschmerzen oder einschießenden Schmerzattacken führen. Die Patienten berichten darüber hinaus oft auch über unangenehmes Kribbeln oder Taubheitsgefühle und selbst leichteste Berührungen der Haut können starke Schmerzen verursachen. Im Schnitt suchen die Betroffenen binnen zehn Jahren acht verschiedene Ärzte auf, da ihre Qualen in vielen Fällen nicht ausreichend gelindert werden können.

    "Patient und Arzt brauchen bislang leider viel Zeit und Geduld, bis die Behandlung greift", weiß Privatdozent Dr. Thomas Tölle, Oberarzt und Leiter der Schmerzambulanz der Neurologischen Klinik am Klinikum rechts der Isar. Denn simple Therapierezepte und Medikamente, die garantiert helfen, gibt es nicht. Die Behandlung verläuft darum häufig noch nach dem Prinzip "Versuch und Irrtum". Oft sorgt erst der kombinierte Einsatz verschiedener Therapieverfahren in einer schmerztherapeutischen Einrichtung für Linderung. "Wir haben darum nach wie vor einen großen Bedarf an neuen Behandlungsmöglichkeiten", erklärt Tölle.

    Um die Therapie der Post-Zoster-Neuralgie nach einer Gürtelrose zu verbessern, werden Tölle und seine Kollegen von der Neurologischen Klinik der Technischen Universität München im Rahmen einer klinischen Studie einen neuen Wirkstoff erproben. An der Studie können Patienten teilnehmen, bei denen die Postzoster-Neuralgie seit mindestens sechs Monaten besteht und bei denen die bisherige Therapie die Schmerzen nicht befriedigend lindern konnte.

    Bei der Studie arbeiten mehrere Universitätskliniken zusammen. Es ist international die erste Untersuchung, die sich nicht an den möglichen Ursachen neuropathischer Schmerzen, sondern an deren Mechanismen orientiert. "Der neuropathische Schmerz ist ein Chamäleon, bei dem verschiedene Schmerzmechanismen zum individuellen Gesamtbild beitragen", erklärt Tölle. Bei manchen Patienten wird die Pein durch eine Überempfindlichkeit der Schmerzfühler (Nozizeptoren) in Haut und Muskeln verursacht, bei anderen spielen Veränderungen im Zentralnervensystem eine Rolle. Darum setzen die Ärzte bei den Patienten der Studie umfangreiche Tests vor Einnahme des Medikamentes und im Verlaufe der Behandlung ein.

    "Natürlich steht die schmerzlindernde Wirkung der neuen Substanz im Mittelpunkt unserer Unterschungen", sagt Tölle. Doch ebenso wollen die Forscher herausfinden, ob das Mittel verschiedene Varianten neuropathischer Schmerzen unterschiedlich beeinflusst und ob die Behandlung die Lebensqualität, den Schlaf und die körperliche Aktivitäten der Patienten verbessern kann.

    Im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Symposiums am 28. und 29. Juni, an dem renommierte Forscher aus dem In- und Ausland teilnehmen, stehen erste Ansätze zur spezifischen Diagnostik und Behandlung einzelner Schmerzmechanismen. Diese wollen die Wissenschaftler des Deutschen Forschungsverbundes Neuropathischer Schmerz in klinisch anwendbare neue Konzepte umsetzten.

    Kontakt:
    Neurologische Klinik und Poliklinik
    Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München
    Priv.-Doz. Dr. med. Dr. rer.nat. Thomas R. Tölle
    Oberarzt
    Sprecher Deutscher Forschungsverbund Neuropathischer Schmerz
    und
    Dr. med. Michael Hammes
    Möhlstrasse 28, D-81675 München,
    Tel: 089 - 4140-4670
    Fax: 089- 4140-4659
    Email: thomas.toelle@neuro.med.tu-muenchen.de

    Weitere Informationen: Deutscher Forschungsverbund Neuropathischer Schmerz www.neuropathischer-schmerz.de


    Weitere Informationen:

    http://www.neuropathischer-schmerz.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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