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26.06.2002 11:15

Neue Mausmodelle für Augen- und Gehirnerkrankungen

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Experimente am Menschen verbieten sich aus ethischen und praktischen Gründen. Für die Suche nach den Ursachen und therapeutischen Möglichkeiten bei schweren Erkrankungen sind Tiermodelle daher unverzichtbar. Zwei Arbeitsgruppen am Institut für Humangenetik der Universität Würzburg ist es nun gelungen Mäuse herzustellen, die sich als Modelle für bisher unheilbare Krankheiten der Augen und des Gehirns eignen. Bei diesen so genannten "Knockout-Mäusen" führt das gezielte Ausschalten von Genen zu Defekten, mit deren Hilfe sich Krankheiten studieren lassen.

    Prof. Dr. Bernhard H. F. Weber und seine Arbeitsgruppe arbeiten seit Jahren an der Aufklärung von erblichen Netzhauterkrankungen des Menschen, die zur Erblindung führen. Bei einer dieser Krankheiten, der X-chromosomal vererbten "juvenilen Retinoschisis", kommt es durch das Absterben bestimmter Netzhautzellen zur Schädigung der Netzhaut und zur Degeneration der Makula, der Stelle des schärfsten Sehens, mit nachfolgendem Sehverlust.

    Bevor ein geeignetes Mausmodell für dieses Leiden hergestellt werden konnte, mussten die genetischen Grundlagen der Erkrankung beim Menschen aufgeklärt werden. Dies gelang der Arbeitsgruppe von Prof. Weber 1997 durch die Identifizierung des krankheitsverursachenden Gens (XLRS1). Danach musste das entsprechende Gen bei der Maus gefunden, isoliert und in mutierter Form in embryonale Stammzellen der Maus eingebracht werden. Durch die Injektion der veränderten Stammzellen in Mausembryonen und nachfolgende Rückkreuzungen entstanden letztendlich Tiere, in denen das XLRS1-Gen nicht funktioniert.

    Wie Prof. Weber zusammen mit Kollegen aus Freiburg, Tübingen, Erlangen, Birmingham und Vancouver am 30. April 2002 in der Zeitschrift "Proceedings" der amerikanischen National Academy of Sciences berichtete, finden sich bei den XLRS1-Knockout-Mäusen ganz ähnliche morphologische und funktionelle Defekte der Netzhaut, wie sie am Menschen beim Krankheitsbild der juvenilen Retinoschisis beobachtet werden. Damit verfügen die Wissenschaftler nun zum ersten Mal über ein Tiermodell, an dem sie die Entstehung der Erkrankung studieren und mögliche Therapie-Strategien entwickeln können.

    Ebenfalls in den "Proceedings" der amerikanischen National Academy of Sciences (Ausgabe vom 11. Juni 2002) berichtet Dr. Ute Felbor zusammen mit Wissenschaftlern von den Universitäten Harvard, Yale und Mainz über unerwartete und sehr ausgeprägte Veränderungen in den Gehirnen von Mäusen, bei denen die Gene für die eiweißabbauenden Enzyme Kathepsin B und Kathepsin L gleichzeitig ausgeschaltet wurden (Doppel-Knockouts).

    Dr. Felbor kehrte 2001 nach einem dreijährigen Forschungsaufenthalt an der Harvard-Universität als Leiterin einer Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe ans Institut für Humangenetik im Würzburger Biozentrum zurück. Wenige Monate vor ihrer Rückkehr hatte sie den ausgeprägten Hirnschwund bei den oben erwähnten Doppel-Knockout-Mäusen entdeckt.

    In Würzburg gelang es ihr, die erforderlichen Untersuchungen durchzuführen, welche den rapiden und frühzeitigen Verlauf des Nervenzelluntergangs im Gehirn dokumentieren: Die Mäuse zeigen sowohl in der Großhirnrinde als auch in den Purkinje-Zellen des Kleinhirns einen stark vermehrten Zelltod, wodurch sich massive Hirnschäden ergeben. Derartige Beeinträchtigungen finden sich auch im Endstadium von neurodegenerativen Erkrankungen des Menschen, einschließlich der Alzheimer-Krankheit. Darum ist dieses neue Tiermodell in seiner Bedeutung für das Verständnis neurodegenerativer Vorgänge auch beim Menschen kaum zu überschätzen.

    Weitere Informationen: Prof. Dr. Bernhard H.F. Weber, T (0931) 888-4062, Fax (0931) 888-4069, E-Mail:
    bweb@biozentrum.uni-wuerzburg.de

    Dr. Ute Felbor, T (0931) 888-4096, Fax (0931) 888-4069, E-Mail:
    felbor@biozentrum.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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