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27.06.2002 12:10

Neue Behandlungsverfahren bei Leberentzündungen, Patientenseminar

Dr. med. Silvia Schattenfroh GB Unternehmenskommunikation
Charité-Universitätsmedizin Berlin

    Arzt-Patienten Seminar
    Samstag, 29.6.02 von 14.00 bis 16.00Uhr
    Im Lehrgebäude der Charité am Campus Virchow-Klinikum
    Augustenburger Platz 1 in 13 353 Berlin
    Eintritt frei

    Im Rahmen des diesjährigen Berliner Lebertages bietet die Charité zusammen mit der Deutschen Leberhilfe e.V. interessierten Laien ein Seminar über neue erfolgversprechende Therapien bei Leberentzündungen an, die durch Viren ausgelöst werden. Professor Dr. Uwe Hopf von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie der Charité am Campus Virchow-Klinikum wird das Seminar leiten. Wir sprachen mit ihm.

    ? Herr Professor Hopf, wo sehen Sie die Fortschritte in der Behandlung der Leberentzündung der sogenannten Hepatitis?
    Hopf: Die Fortschritte verzeichnen wir dort, wo sie am nötigsten waren, nämlich bei der Behandlung jener Formen der Hepatitis, die durch die Hepatitis-Viren vom Typ B und vom Typ C hervorgerufen werden. Diese Infektionen können einen chronischen Verlauf nehmen und heilen dann ohne Therapie nur selten aus. Die Zahl der chronisch infizierten Patienten mit Hepatitis B- oder Hepatitis C-Viren wird in Deutschland auf etwa eine Million geschätzt. Eine effiziente Therapie gab es langezeit nicht, so daß die Patienten nach Jahren der Erkrankung häufig eine Leberzirrhose (durch Bindegewebe verhärtete Leber) entwickelten, die dann auch zunehmend mit Leberfunktionsstörungen einhergeht und gleichzeitig ein hohes Risiko für Leberkrebs darstellt. Solchen Patienten kann letztlich nur noch durch eine Lebertransplantation geholfen werden. Seit etwa zwei bis drei Jahren stehen neue Therapiestrategien zur Behandlung der chronischen Virushepatitiden zur Verfügung, die aber noch nicht überall angewandt werden.
    ? Wie sieht diese neue Behandlung aus?
    Hopf: Es handelt sich bei der chronischen Hepatitis C um eine Kombinationstherapie, die zum Einen das Immunsystem aktiviert und zum Anderen die Vermehrung der Viren hemmt. Man kombiniert Interferon-alpha mit einem sogenannten Nukleosid-Analogon, dem Ribavirin. Das Interferon wird heute in einer Depot-Form (pegyliert) eingesetzt und ist dadurch deutlich länger wirksam als das Standard-Interferon. Deshalb genügt eine einzige Spritze des Interferons unter die Haut pro Woche. Dazu nimmt der Patient noch täglich Ribavirin-Kapseln ein. Bei der chronischen Hepatitis B steht heute das Nukleosid-Analogon Lamivudin in der Behandlung ganz im Vordergrund. Hierzu nimmt man eine Filmtablette morgens ein. Interferon wird bei der chronischen Hepatitis B nur in speziellen Fällen verabreicht.
    ? Was hat sich durch dieses Vorgehen für den Patienten verbessert?
    Hopf: Die neuen Entwicklungen stellen einen großen Fortschritt besonders bei der Behandlung der chronischen Hepatitis C dar, die unbehandelt nicht ausheilt. Mit der neuen Therapie hat etwa die Hälfte der Patienten die Chance, geheilt zu werden. Das Hepatitis C Virus liegt bei uns in drei Varianten vor, bei Typ 1 hat der Patient heute Ausheilungschancen von etwa 45%, bei Typ 2 und Typ 3 sogar bis zu 80 Prozent. Man testet deshalb vorher, diese Virus-Genotypen, da man bei Typ 1 ein Jahr behandeln sollte und bei Typ 2 und 3 nur sechs Monate.
    ? Nur etwa 10% der an Hepatitis C Erkrankten mit Leberzirrhose werden einer Lebertransplantation zugeführt. Aber die Transplantatempfänger bleiben ja Träger des Virus. Muß oder kann man diese Patienten auch behandeln, um die neue Leber zu schützen?
    Hopf: Meist nimmt die Hepatitis C-Infektion im Transplantat einen sehr milden Verlauf, oftmals zeigt der Patient jahrelang keine Krankheitsaktivität. Aber es gibt auch Fälle, bei denen sich innerhalb von drei Jahren wieder eine Leberzirrhose entwickelt. Die Früherkennung einer Reinfektionshepatitis im Transplantat ist deshalb wichtig. Tritt dies ein, so behandeln wir diese Patienten heute nach dem etablierten Behandlungs-schema. Lebertransplantierte Patienten mit Hepatitis B-Virusinfektion im Transplantat können ebenfalls antiviral behandelt werden. Bei solchen Patienten kann man jedoch durch eine prophylaktische Therapie ab dem Zeitpunkt der Transplantation eine Reinfektion des Transplantates meist verhindern.
    ? Empfiehlt sich die Kombi-Therapie auch bei akuten Infektionen?
    Hopf: Die akute Hepatitis C ist selten. Wenn man eine frische Hepatitis C-Virusinfektion bzw. akute Hepatitis C diagnostiziert, sollte man umgehend eine Behandlung durchführen. Dabei reicht eine sechsmonatige alleinige Interferontherapie aus. Damit haben die Patienten eine nahezu hundertprozentige Heilungschance. Oft wird aber die frische Infektion mit Hepaitis C-Viren nicht erkannt, weil die Symptome uncharakteristisch sind und eine Gelbsucht fehlt. Der Arzt sollte an eine solche Möglichkeit denken. Dies ist besonders wichtig bei medizinischem Personal oder auch bei Personen, die möglicherweise während eines Auslandsaufenthaltes Bluttransfusionen erhalten haben.
    ? Wie stehen die Heilungschancen bei der Hepatitis B-Virusinfektion?
    Hopf: Wichtig ist die Kenntnis, daß diese Form der Hepatitis durch eine aktive Impfung vermieden werden kann. Geimpft werden zur Zeit vor allem Risikogruppen. Man bedenke auch, daß Tätowierungen und das Piercen ein erhebliches Risiko für eine Hepatitis-Virusinfektion darstellen. Eine frische Infektion mit Hepatitis B-Viren führt häufig zu einer akuten Hepatitis B mit Gelbsucht. Dann ist die Diagnose-stellung relativ einfach. Schwere Verläufe einer akuten Hepatitis B wird man mit Lamivudin behandeln. Bei sehr schweren Verläufen ist die Lebertransplantation lebensrettend. Übergänge in eine chronische Hepatitis B finden sich in ca. 5-8 Prozent. Mit Lamivudin kann die Viruskonzentration im Körper sehr schnell reduziert werden, leider bleiben die Patienten meist Virusträger. Man sollte über mehrere Jahre behandeln. Ein Problem stellt die Resistenzentwicklung der Viren dar, d.h. es bilden sich Virusstämme heraus, die auf das Medikament nicht mehr ansprechen. In diesen Fällen gibt es jedoch heute die Möglichkeit, auf ein anderes Medikament überzugehen.
    Herzlichen Dank für das Gespräch.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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