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11.10.2012 10:35

Mehr Sicherheit auf hoher See: Bewegungssimulator an Hamburgs TU erlaubt genauere Berechnungen

Jutta Katharina Werner Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Pressestelle
Technische Universität Hamburg-Harburg

    Einer der weltweit größten Bewegungssimulatoren ist im Windkanal der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) installiert worden. Das Großgerät ermöglicht experimentelle Untersuchungen, die dazu dienen, Schiffe sicherer und energieeffizienter zu konstruieren. Zu diesem Zweck werden große Rumpfmodelle aus Kunststoff realitätsnahen Bedingungen wie auf hoher See ausgesetzt. Der Bewegungssimulator wurde im Rahmen eines vom Bundeswirtschaftsministerium mit knapp einer Millionen Euro finanzierten Forschungsvorhabens entwickelt und eröffnet neue Perspektiven im Schiffbau.

    Zum ersten Mal kann das Verhalten moderner Schiffe mit ihren an Bug und Heck flacheren Schiffsböden genauer vorhergesagt werden. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse werden sowohl für den Schiffsentwurf in den Werften als auch beim Manövrieren auf See eingesetzt. Bislang fehlten für moderne Schiffsformen diese durch solche Untersuchungen ermittelten wichtigen Daten. Die detaillierten Messungen sind zur Validierung von Ergebnissen aus der numerischen Simulation erforderlich.

    „Hamburg und die Metropolregion haben eine lange Tradition und besondere Expertise in der maritimen Wirtschaft. Kluge Wissenschaft ist Voraussetzung für eine starke Wirtschaft. Hamburg steht hier unter anderem mit der Technischen Universität Hamburg-Harburg, die als einzige technische Universität in Deutschland ein grundständiges Schiffbaustudium anbietet, sehr gut da. Erstklassige Forschung braucht außer hochqualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aber auch eine erstklassige Infrastruktur. Der heute der Öffentlichkeit vorgestellte Bewegungssimulator ist hierfür ein weiterer anschaulicher Beleg.“ Dies sagte Hamburgs Senatorin für Wissenschaft und Forschung, Dr. Dorothee Stapelfeldt, heute anlässlich einer Pressekonferenz an der TUHH. Und der Vizepräsident für Forschung an der TUHH, Prof. Dr.-Ing. Jürgen Grabe, erklärte vor der Presse: „Unsere internationale Expertise im Schiffbau und generell auf dem Gebiet der maritimen Systeme wird mit diesem neuen Großgerät gestärkt. Gerade auch im Offshore-Bereich, der an der TUHH im Kompetenzfeld Green Technologies wachsende Bedeutung in der Forschung einnimmt, sind die Ergebnisse der Untersuchungen von großer Bedeutung. Zugleich ist der Bewegungssimulator ein gutes Beispiel für den wichtigen Beitrag der Forschung für die wirtschaftliche Entwicklung und den Wandel durch Wissenschaft.“

    Passagier,- Container- und Ro-Pax-Schiffe

    Erste Messungen mit dem Bewegungssimulator wurden bereits durchgeführt. Im Blickfeld dieser Untersuchungen standen Passagier,- Container- und Ro-Pax-Schiffe sowie im Offshore-Bau eingesetzte Unterwasserfahrzeuge und Hubschrauber-Landungen auf Errichterschiffen. „Dabei hat sich gezeigt, dass die bisher beim Bau von Schiffen verwendeten Koeffizienten Ergebnisse lieferten, die dazu geführt haben, die Rollbewegung von Schiffen zu unterschätzen,“ sagt Professor Moustafa Abdel-Maksoud, Leiter des Instituts für Fluiddynamik und Schiffstheorie. Je heftiger sich ein Schiff um seine Längsachse bewegt, also „rollt“, desto größer die Gefahr des Kenterns. Dies gefährdet Menschenleben, ganz abgesehen vom drohenden Verlust der Fracht bis hin zum Totalausfall des Schiffes. 10 000 Container gehen jährlich auf den Weltmeeren verloren. Das ist in Bezug auf die Gesamtmenge zwar ein vergleichsweise geringer Anteil, wenn jedoch ein Schiff die gesamte Fracht auf einmal verliert, entsteht ein großer Schaden für die Reederei und die Versicherungen.

    Noch ist das Phänomen der gefährlichen Rollbewegung von Schiffen nicht vollständig erforscht. Als dafür besonders anfällig zeigen sich einige neuere Schiffsformen beispielsweise Containerschiffe. Mit Hilfe des Bewegungssimulators im Windkanal können Rollbewegungen erstmals bezüglich ihrer strömungstechnischen Ursachen detaillierter untersucht und damit die Grundlagen für Computersimulationen verbessert werden. Diese bilden die theoretische Basis für den Entwurf von Schiffen.

    Forschungsaufgabe: Messungen zur Dämpfung der Rollbewegung auf See

    Ziel der Untersuchungen ist die Dämpfung der Rollbewegung. Die spezifische Form des Schiffsrumpfes einschließlich des Ruders und des Propellers erzeugt während der Bewegung des Schiffes ein charakteristisches Strömungsfeld im Wasser. Die besondere Herausforderung für die Wissenschaft besteht in der Beschreibung und Modellierung der starken Wirbelbildung, die bei einem rollenden Schiff durch Schlingerkiele und Ruder erzeugt wird. Die in die Strömung und besonders in die Wirbel übertragene Energie aus der Rollbewegung des Schiffes führt dabei gleichzeitig zu ihrer Reduzierung.

    Die vom Schiffsrumpf in die Strömung übertragene Energie wird in einen Wellen- und Reibungsanteil getrennt. Mit Hilfe des Bewegungssimulators kann der Reibungsanteil und damit die Wirbelbildung erstmals separat untersucht werden. Im Windkanal wird das Strömungsfeld mittels optischer Verfahren visualisiert. Mit klassischen Verfahren werden die Ergebnisse vom Medium Luft auf das Medium Wasser übertragen. Der Wellenanteil wird in der Hamburger Schiffbauversuchsanstalt gemessen.

    So funktioniert der Bewegungssimulator im Windkanal

    Der am Institut für Fluiddynamik und Schiffstheorie installierte Bewegungssimulator erfüllt die speziellen kinematischen Anforderungen für schiffstechnische Untersuchungen: Im Luftstrom des Windkanals wird das Rumpfmodell von acht Seilen gehalten. Diese Seile sind jeweils an von kleinen Elektromotoren bewegten Schlitten befestigt. Durch eine gezielt gesteuerte Bewegung dieser Schlitten werden Wellenbewegungen wie auf hoher See nachgeahmt. Im Innern des Modells sind bis zu 48 Messkanäle untergebracht. Wie enorm genau die Steuerung der Schlittenbewegungen ist, belegt die Tatsache, dass eine zeitliche Verzögerung im Testablauf von nur einer Hundertstel Sekunde genügt, um Seile reißen zu lassen.

    Die technischen Möglichkeiten des Systems bezüglich der Modellgröße, der Bewegungsamplituden und -frequenzen sind weltweit einmalig. Die Konstruktion, die Bewegungen in allen sechs Freiheitsgraden erlaubt, wurde mit der Universität Duisburg entwickelt und ermöglicht sowohl höhere Traglasten als auch eine stärkere Dynamik bei gleich dimensionierten Antrieben. Da die Seile nur vier Millimeter dünn sind, ist eine Störung der Strömung nur lokal begrenzt, was wiederum das Gesamtergebnis kaum beeinträchtigt So ist man in der Lage, die Gesamtmasse von 100 Kilogramm mit der gewünschten Dynamik zu bewegen.

    Zahlen:
    Windkanal:
    42 Meter Länge
    10,50 Meter Höhe
    400 Kilowatt Leistung
    5 bis 35 Meter pro Sekunde Windgeschwindigkeit
    Bewegungssimulator
    Messstrecke:
    5,50 Meter Länge
    3 Meter Breite
    2 Meter Höhe

    Grafik und Fotos vom Bewegungssimulator:
    http://intranet.tu-harburg.de/aktuell/pressemitteilung.php3

    Aktuelles Bildmaterial mit Fotos der Teilnehmer der heutigen Pressekonferenz stehen ab 13 Uhr zum Download gleichfalls unter oben genanntem Link zur Verfügung.

    Für Rückfragen:

    TU Hamburg
    Institut für Fluiddynamik und Schiffstheorie
    Prof. Dr.-Ing. Moustafa Abdel-Maksoud
    Tel.: 040 / 42878-6053
    E-Mail: m.abdel-maksoud@tuhh.de

    TU Hamburg-Harburg
    Pressesprecherin
    Jutta Katharina Werner
    Tel. 040 /42878-4321
    mobil: 0173 245 9999
    E-Mail: j.werner@tuhh.de


    Weitere Informationen:

    http://www.tuhh.de - Technische Universität Hamburg-Harburg


    Bilder

    Ein Rumpfmodell im Bewegungssimulator des Windkanals an der TUHH.
    Ein Rumpfmodell im Bewegungssimulator des Windkanals an der TUHH.
    Foto: TUHH/Jupitz
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    Voller Technik steckt das Rumpfmodell des Bewegungssimulators an der TUHH.
    Voller Technik steckt das Rumpfmodell des Bewegungssimulators an der TUHH.
    Foto: TUHH/Jupitz
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter
    Elektrotechnik, Maschinenbau, Meer / Klima, Verkehr / Transport, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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