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13.11.2012 10:23

Einnässen bei Kindern wirksam behandeln – Teilnahme am sozialen Leben ist Therapieziel

Medizin - Kommunikation Medizinkommunikation
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

    Tübingen – Einnässen, häufig wiederkehrende Harnwegsinfekte oder ein nicht wahrgenommener Harndrang bei Kindern können Hinweise auf Fehlbildungen und Tumore des unteren Harntrakts sein. Auch wenn diese Erkrankungen eher selten sind, müssen Ärzte gezielt nach den Ursachen suchen, wenn gängige Therapien nicht wirken. Denn der Therapieerfolg von kindlichem Blasen- und Prostatakrebs etwa hat sich in den letzten Jahren vervierfacht.

    Darauf weist der Tübinger Kinderchirurg Privatdozent Dr. med. Philipp Szavay im Vorfeld des 9. Symposiums der Arbeitsgemeinschaft Urologie der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) hin. Die Experten tagen vom 15. bis 17. November 2012 in Tübingen und diskutieren neue Therapien bei Fehlbildungen und Tumoren des unteren Harntrakts bei Kindern.

    Bei Kindern und Jugendlichen ist Harninkontinenz mit über 600 000 Fällen im Jahr das häufigste urologische Problem. Die Ursachen liegen meist in funktionellen oder psychischen Störungen begründet. Doch auch organische Leiden können dazu führen: angeborener, sogenannter embryonaler Blasen- und Prostatakrebs, Fehlbildungen von Harnröhre, Blase und Enddarm, Verletzungen sowie der „offene Rücken“ haben häufig Fehlfunktionen der Blase wie Inkontinenz und andere Entleerungsstörungen zur Folge. Mitunter bleibt auch Restharn in der Blase und der Urin staut sich bis in die Niere. Die betroffenen Kinder nässen ein, ihre Harnwege sind dauerhaft entzündet und mitunter verlieren sogar die Nieren ihre lebenswichtige Funktion. „Oft sind die Patienten aufgrund ihrer Beeinträchtigungen auch aus ihrem Freundeskreis ausgeschlossen, ihr Selbstwertgefühl ist stark gemindert“, erläutert Dr. Szavay, Vorstandsmitglied der DGKCH. Deshalb verfolge die moderne Kinderurologie mit ihren Behandlungskonzepten vorrangig das Ziel, dass Kinder am altersentsprechenden, sozialen Leben teilhaben können: „Der Erhalt, die Erlangung oder Wiederherstellung einer sozialen Kontinenz, das heißt einer kontrollierten Entleerung von Stuhl und Urin, stehen bei uns im Vordergrund“, führt der leitende Oberarzt und Stellvertreter des Ärztlichen Direktors der Abteilung für Kinderchirurgie und Kinderurologie am Universitätsklinikum Tübingen aus. Zentral seien auch der Schutz der Nierenfunktion und das Vermeiden, beziehungsweise gezielte Behandeln von Infekten.
    Mit modernen Verfahren können Kinderchirurgen heute vielen Patienten helfen. So nutzen sie körpereigenes Gewebe aus dem Darm, um Blasen zu modellieren, Abflusskanäle neu anzulegen und um den gefährlichen Rückstau von Harn in die Niere verhindern. Bei vielen Patienten lässt sich dadurch das Einnässen vollständig verhindern. „In den letzten Jahrzehnten haben wir erhebliche Fortschritte bei diesen Therapien erzielt“, sagt Dr. Szavay. Auch eine Nierenersatz-Therapie, eine Dialyse, sei heute viel seltener nötig. Und bei embryonalen Blasen- und Prostata-Tumoren wie dem Rhabdomyosarkom könnten mittlerweile 60–70 Prozent der Harnblase erhalten und die Überlebensrate von 20 auf heute etwa 80 Prozent angehoben werden.
    Die enge fachübergreifende Zusammenarbeit aller betroffenen Fachdisziplinen habe diese Fortschritte erst möglich gemacht, führt der Vertreter der DGKCH aus. Da jedoch jeder einzelne Fall selten auftrete, sei gerade im Bereich der Kinderchirurgie eine Zentralisierung auf hoch spezialisierte Kliniken mit der entsprechenden Expertise notwendig, betont er. Weitere moderne Therapiekonzepte bei angeborenen Fehlbildungen und Tumoren des unteren Harntrakts sind Thema des 9. Symposiums der AG Urologie der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie vom 15. bis 17.11.2012 in Tübingen.
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    Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie
    Gegründet im Jahr 1963, schafft die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) bis heute Grundlagen für eine bestmögliche kinderchirurgische Versorgung in Deutschland. Dazu gehören Neugeborenenchirurgie, allgemeine Kinderchirurgie und Kindertraumatologie ebenso wie Kinderurologie. Die DGKCH vertritt das Fach in allen wissenschaftlichen, fachlichen und beruflichen Belangen. Derzeit praktizieren hierzulande Fachärzte für Kinderchirurgie in mehr als 80 kinderchirurgischen Kliniken und Abteilungen sowie als Niedergelassene. Kinderchirurgie gehört in die Hände von Kinderchirurgen. Denn ihre Patienten sind keine kleinen Erwachsenen.
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    Zur weiterführenden Information:

    Moderne Therapiekonzepte bei angeborenen Fehlbildungen und Tumoren des unteren Harntrakts

    Von Privatdozent Dr. med. Philipp Szavay
    Leitender Oberarzt und Stellvertreter des Ärztlichen Direktors der Abteilung für Kinderchirurgie und Kinderurologie am Universitätsklinikum Tübingen

    Der Erhalt, die Erlangung oder Wiederherstellung einer sozialen Kontinenz, das heißt einer kontrollierten Entleerung von Stuhl und Urin, mit der die Teilnahme am sozialen Leben in der jeweiligen Altersgruppe möglich wird hat heute in den Behandlungskonzepten der Kinderurologie neben dem Schutz der Nierenfunktion höchsten Stellenwert.

    Anlässlich ihrer Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Urologie diskutieren Kinderchirurgen und Kinderurologen vom 15.-17.11.2012 in Tübingen über Fortschritte beim Thema Blasenaugmentation und Blasenersatz.

    Fast 90 Prozent der Patienten mit einer sogenannten Meningomyelozele haben eine neurogene Blasenentleerungsstörung, die auch mit einer Inkontinenz einhergehen kann. Dies bedeutet entweder ständiges Auslaufen des Urins oder auch den unwillkürlichen Urinaustritt bei einer bestimmten Blasenfüllung. In der Folge kann eine Restharnbildung mit Begünstigung von Harnwegsinfekten, ein Rückfluss von Urin zur Niere (VUR) und als Spätfolgen Nierenschäden mit Nieren-Insuffizienz und einem arteriellen Bluthochdruck auftreten.

    Auch für Kinder mit angeborenen Fehlbildungen wie der Blasenekstrophie, mit angeborenen Fehlbildungen des Mastdarms oder einer Kloaken-Fehlbildung können von dieser Problematik betroffen sein. Dazu gehören auch Kinder mit Tumoren des unteren Harntrakts, hierzu zählt beispielsweise das sogenannte Blasen-Prostata-Rhabdomyosarkom. Im Verlauf einer solchen Tumor-Behandlung kann es notwendig sein, Teile der Blase oder die gesamte Harnblase zu entfernen, so dass eine Ersatzblase angelegt werden muss.

    Eine tumorbedingte oder durch die Tumor-Therapie bedingte Harninkontinenz bedeutet auch immer eine Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls, eine weitere negative Dimension im Krankheitserleben, und letztlich auch eine Verunsicherung.

    Die moderne Kinderurologie verfolgt in ihren Behandlungskonzepten bei solchen Patienten mehrere Ziele. Dazu gehören eine restharnfreie Blasenentleerung, das Erreichen einer sozialen Kontinenz, das Vermeiden bzw. die gezielte Therapie von Harnwegsinfekten, sowie der weitgehende Erhalt der Nierenfunktion.

    Hierzu werden verschiedene operative Verfahren zur Anwendung gebracht, so auch die Anlage von Katheterkanälen zur regelmäßigen und vollständigen Entleerung der Harnblase oder einer Ersatzblase, die Blasenvergrößerung (-augmentation), meist durch ein Teil des Darmes, sowie die operative Therapie des Refluxes von Urin in die Nieren.

    Mit dem Erreichen einer sozialen Kontinenz, das heißt dem Schaffen hygienisch akzeptabler Zustände, die eine autonome, altersadäquate Lebensführung ermöglichen, sowie dem damit verbundenem Schutz des oberen Harntrakts konnten in den letzten 50 Jahren erhebliche Fortschritte erzielt werden. So kam es unter anderem zu einem deutlichen Rückgang der Notwendigkeit einer Nierenersatz-Therapie.

    Die Kinderchirurgen nehmen dabei in der Therapie der angeborenen Fehlbildungen, aber auch in der Tumorchirurgie eine Schlüsselrolle ein. In interdisziplinären Behandlungskonzepten können heute bei Blasen- und Prostata-Tumoren 60 bis 70 Prozent der Harnblase erhalten werden, auch stieg das Überleben der betroffenen Patienten von 20 Prozent auf heute circa 80 Prozent an.

    Dies erfordert jedoch nicht nur eine enge Verknüpfung aller beteiligten Fachdisziplinen, sondern gerade im Bereich der Kinderchirurgie eine Zentralisierung der seltenen Fälle auf hoch spezialisierte Kliniken mit der entsprechender Expertise betonen die Kinderchirurgen.

    Kontakt für Journalisten:
    Dr. Adelheid Liebendörfer
    Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
    Postfach 30 11 20
    70451 Stuttgart
    Tel.: 0711 8931-173
    Fax: 0711 8931-167
    E-Mail: liebendoerfer@medizinkommunikation.org
    http://www.dgkch.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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