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Wissenschaft
Kupplung treten, Rückspiegel gucken, Blinker setzen. Jeder Autofahrer weiß, dass es keinerlei Probleme macht, diese Handlungen in einem Aufwasch zu erledigen. Schwierig wird es dagegen, wenn er gleichzeitig entscheiden soll, ob eine Zahl größer oder kleiner als fünf und ob sie außerdem gerade oder ungerade ist. Diese beiden Absichten stören sich gegenseitig: Erst muss die eine, dann die andere ausgeführt werden. Psychologen von der Uni Würzburg erforschen solche und andere Aspekte der Handlungssteuerung.
Für die Grundlagenforschung in der Psychologie ist es eine spannende Frage, wie sich der Homo sapiens auf wechselnde Anforderungen seiner Umgebung einstellt. "Die Handlungssteuerung ist beim Menschen der Prozess, über den die Wissenschaft bis heute am allerwenigsten weiß", so Andrea Kiesel vom Würzburger Institut für Psychologie. Bekannt ist zum Beispiel, dass die Handlungen in einer über der Stirn liegenden Region der Hirnrinde gesteuert werden. Ob es sich aber um eine einzige Steuereinheit oder um mehrere Module handelt, weiß bislang niemand.
Die Psychologie ist bei der Erforschung der Handlungssteuerung mit dem Aufgabenwechselparadigma nach Ansicht von Andrea Kiesel unter anderem auch deshalb nicht weit gekommen, weil sie bislang die "sehr grobe Messgröße der Wechselkosten" verwendet hat. Diese "Kosten" entstehen immer dann, wenn Aufgaben wechseln. Das heißt: Reaktionszeiten sind länger, wenn zuvor eine andere Aufgabe ausgeführt wurde, und sie sind kürzer, wenn zuvor dieselbe Aufgabe erledigt wurde. Die Differenz der Reaktionszeiten bezeichnet man als Wechselkosten.
Die Wechselkosten werden als Indikator für die geistigen Prozesse gewertet, die der willentlichen Änderung von Handlungsabsichten zu Grunde liegen. Ihre Abhängigkeit von verschiedenen Bedingungen erlaubt Rückschlüsse auf den Aufwand, der bei der Kontrolle des willentlichen Handelns besteht: So sollte der Wechselaufwand größer sein, wenn die Aufgaben schwieriger sind oder wenn der Wechsel nicht vorhersehbar erfolgt. Diese Rückschlüsse gelten allerdings nur dann, wenn die Wechselkosten wirklich ausschließlich den Zeitbedarf widerspiegeln, der für einen Wechsel der Absicht (Intention) nötig ist.
"Genau das ist aber nicht der Fall", sagt Andrea Kiesel. Denn in der groben Messgröße der Wechselkosten seien neben dem spezifischen Zeitbedarf, den der Wechsel einer Absicht benötigt, auch weitere Anteile enthalten. Zum Beispiel bringt die wiederholte Ausführung derselben Reaktion bei einer Aufgabenwiederholung kürzere Reaktionszeiten hervor (Wiederholungsgewinne), und die Notwendigkeit, bei einem Aufgabenwechsel auf einen Reiz zu reagieren, der zuvor ignoriert werden musste, erzeugt längere Reaktionszeiten. "Da diese beiden Einflüsse selektiv wirken, werden in herkömmlichen Aufgabenwechselstudien die Kosten überschätzt, die tatsächlich beim Wechsel einer Intention entstehen", so die Psychologin.
In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt unter der Leitung von Prof. Dr. Joachim Hoffmann will Andrea Kiesel eine Methode entwickeln, mit der sie die Kosten für einen Intentionswechsel unabhängig von anderen Reaktionszeitanteilen erfassen kann.
Letztendlich wollen die Würzburger Psychologen herausfinden, welche Variablen den Zeitbedarf des Wechsels von Intentionen beeinflussen. Weiterhin interessiert es sie, ob und wann mehrere Intentionen gleichzeitig aktiv sein können.
Weitere Informationen: Andrea Kiesel, T (0931) 31-2179, Fax (0931) 31-2815, E-Mail:
kiesel@psychologie.uni-wuerzburg.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Psychologie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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