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16.07.2002 15:52

Die Wiege des Golfsports stand in Holland

Frank Luerweg Dezernat 8 - Hochschulkommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

    Bislang war die Welt für die golfbegeisterten Schotten, die sich als Erfinder dieses Sports wähnen konnten, noch in Ordnung. Doch nun hat Dr. Heiner Gillmeister, Anglist und Sporthistoriker der Universität Bonn, im renommierten Londoner "International Jounal of the History of Sport" (Vol. 19, No. 1 2002) eine These veröffentlicht, die arg am Selbstbewusstsein des traditionsreichen Golflandes kratzt: Neue Indizien belegten eindeutig, dass die Wiege dieses Sports nicht in den Highlands, sondern in Holland stand.

    Seinen Anspruch als Golf-Mutterland begründet Schottland vor allem mit zwei alten Gesetzestexten: In einer Resolution des Parlaments von Edinburgh vom 6. März 1457 wurden "Fußball und Golf" verboten; 1491 ging man noch weiter und belegte "Fußball, Golf und alle unprofitablen Sportarten" mit einem Bann - die Schotten sollten doch lieber Bogen schießen, das sei zudem gut für die Landesverteidigung. "Es ist schon merkwürdig, dass der ruhige Golfsport in beiden Gesetzen in einem Atemzug mit Fußball genannt wurde, bei dem es häufig zu Ausschreitungen und schweren Verletzungen kam", zeigt sich Dr. Heiner Gillmeister überrascht. Seine These: Mit dem Wort "Golf" habe man nicht unser heutiges Golfspiel bezeichnet, sondern eine - ebenfalls sehr gefährliche - Vorform des Hockeyspiels, die mit dem Hirtenstab gespielt wurde.

    Dafür hat der Anglist und Historiker auch Belege gefunden. Als "Kronzeuge" dient ihm der schottische Adelige Sir Gilbert Hay, der um 1460 ein Werk über König Alexander verfasst hatte. "Darin beschreibt Hay eine Sportart, die mit einem 'golf staff', also einem Golfschläger, gespielt wird, bei der aber ein Ball zwischen zwei Mannschaften hin- und hergetrieben wird", so der Anglist. "Eine Beschreibung, die wenig mit dem heutigen Golfsport, aber viel mehr mit Hockey zu tun hat."

    Das Wort "Golf" hat seinen Ursprung im niederländischen "kolve" oder "kolf", das einen Hirtenstab bezeichnete. Zudem haben Miniaturisten und Maler aus den Niederlanden von der Mitte des 15. bis ins frühe 18. Jahrhundert das Golfspiel im Bilde festgehalten. Ein deutliches Indiz, dass das Golfspiel in jener Zeit dort verbreitet war, fand der Bonner Linguist in einem Sprachbuch für Latein aus dem Jahre 1545: Pieter van Afferden, der Verfasser, vermittelt in seinem Lehrwerk - ganz modern - die lateinische Sprache am Beispiel von Alltagssituationen. "Ein ganzes Kapitel widmete er dem Thema 'Golf', einer Sportart, bei der die Spieler versuchen, einen Ball mit Hilfe eines Schlägers in ein Loch zu befördern."
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    Van Afferden erwähnt sogar fünf Regeln, gegen welche die Spieler nicht verstoßen dürfen - beispielsweise, dass ein Spieler beim Schwung nicht behindert werden darf und seine Gegner daher zurücktreten müssen. Dr. Gillmeister: "Der Text rechtfertigt die Annahme, dass Golf bereits lange mit ausgefeilten Regeln auf dem Kontinent gespielt worden war, bevor es schließlich in Schottland auftauchte."

    Nicht ohne Ironie ist für den Anglisten die Tatsache, dass van Afferdens Buch bereits um 1575 in Köln ins Deutsche übersetzt wurde. "Selbst die Deutschen, die in sportlicher Hinsicht ihren europäischen Nachbarn weit hinterher hinkten, gaben den Schotten in diesem Fall das Nachsehen - jedenfalls mit Blick auf die Golfliteratur: In der schottischen Literatur wird der Sport in ähnlich expliziter Form wie bei van Afferden erst 1636 erwähnt." Dr. Gillmeister, der auf historisch-linguistischer Grundlage eine Theorie über den Ursprung europäischer Wettkampfspiele mit dem Ball entwickelt hat, zu seinem jüngsten Beitrag: "Meine Golftheorie stößt momentan aber zumindest in Schottland nicht gerade auf Gegenliebe."

    Ansprechpartner für die Medien: Dr. Heiner Gillmeister, Anglistisches Seminar der Universität Bonn, Tel. 0228/73-7624 oder 02232/45950, E-Mail: h.gillmeister@uni-bonn.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Sportwissenschaft, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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