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Einen wichtigen, aber bisher weitgehend vernachlässigten Studienbereich stellt die Situation von Kindern, deren Eltern an Krebs erkrankt sind, dar. Die wenigen existierenden Untersuchungen, vor allem aus dem angloamerikanischen Raum, deuten darauf hin, dass einerseits die Lebenssituation der betroffenen Kinder - abhängig von deren Alter - durch dieses familiäre Ereignis wesentlich beeinflusst wird. Andererseits fühlen sich die erkrankten Eltern sowie das medizinische Fachpersonal im Hinblick auf eine kindgerechte krankheitsvermittelnde Kommunikation gegenüber den Kindern oft hilflos und überfordert. Ein Projekt im Fachbereich Sozialwesen der Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule Nürnberg unter Leitung von Prof. Dr. Gerhard Trabert (Professor für Medizin und Sozialmedizin) beleuchtet die Situation von Kindern, deren Eltern (oder ein Elternteil) an Krebs erkrankt sind. Von Studierenden wurde ein Flyer und eine Homepage (www.kinder-krebskranker-eltern.de) entwickelt, die von den Studierenden anlässlich einer Pressekonferenz präsentiert wurde. Unterstützt wurde das Projekt mit insgesamt über 12.000 Euro von der Firma Hoffmann-La Roche AG.
Nach Schätzungen in den Vereinigten Staaten liegt die Quote betroffener Kinder und Jugendlicher, die durch die Belastung der elterlichen Erkrankung selbst Krankheitssymptome unterschiedlichster Art zeigen, zwischen 5 und 15%. Daten für Deutschland liegen derzeit nicht vor, man könne jedoch analog zu den Auslandsdaten von entsprechenden Zahlen Betroffener auch in Deutschland ausgehen, so Prof. Dr. Gerhard Trabert. Nach einer Untersuchung in Großbritannien erkrankt jede zwölfte Frau im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs, bei 30% dieser Patienten wird diese Erkrankung diagnostiziert, während die Kinder noch zu Hause leben. In Deutschland stellt sich die Situation ähnlich dar. Hier erkranken jedes Jahr ca. 350.000 Menschen neu an Krebs (davon ca. 40.000 an Brustkrebs).
Die vorliegenden Untersuchungsergebnisse deuten auf zahlreiche Aspekte hin, die bei einer solchen Erkrankung eines Elternteils (oder beider Eltern) zu beachten sind:
· Betroffene Patienten empfinden das Vermitteln der Krebserkrankung und das hieraus geprägte intrafamiliäre Miteinanderumgehen als äußerst wichtig, aber auch als belastend.
· Die betroffenen Kinder werden oft sehr spät, unzureichend und teilweise auch falsch bezüglich der Erkrankung des Vaters oder der Mutter informiert.
· Die betroffenen Kinder reagieren während der Diagnosestellung sowie im weiteren Krankheitsverlauf, besonders von krebskranken Eltern, die sich im "Präterminalstadium" (Endphase einer nicht mehr heilbaren Krebserkrankung) befinden, mit unterschiedlichen Verhaltensauffälligkeiten (u. a. sind sie depressiver und ängstlicher). Außerdem ist das Selbstwertgefühl und die soziale Kompetenz reduziert.
· Das Ausmaß der Angstgefühle von betroffenen Kindern scheint von der Form sowie der Intensität der Kommunikation der Eltern über die Erkrankung mit ihren Kindern abhängig zu sein.
· Acht Hauptsymptome einer gestörten Bewältigung werden hierbei immer wieder aufgeführt: Repressive Symptome wie Daumenlutschen, Trennungsangst, Enuresis (Bettnässen); depressive Symptome mit ohne Suizidalität; Angstsymptome; Konzentrations- und Lernstörungen; Zwangssymptome; Konversionssymptome; Verwahrlosung, Drogenmissbrauch; Überanpassung ("pathologische Unauffälligkeit").
· Die psychische und soziale Entwicklung der Kinder kann erschwert und nachhaltig geschädigt werden.
· Studien zur Mutter-Kind-Beziehung bei an Brustkrebs erkrankter Mütter zeigen, dass sich die Beziehung in 25% der Fälle verschlechtert.
· Töchter erkrankter Mütter sind mehr belastet als Töchter oder Söhne erkrankter Väter.
· Kommunikationsmöglichkeiten der Kinder mit dem gesunden Elternteil scheinen von wesentlicher Bedeutung zu sein.
· Eine intrafamiläre Auseinandersetzung mit den Facetten der Krankheit scheint sowohl für den Patienten als auch für die betroffenen Kinder und Jugendlichen sehr wichtig zu sein. So übernehmen betroffene Töchter krebskranker Mütter vermehrt familiäre Pflichten, wodurch unter anderem Probleme der Verselbständigung deutlich werden.
· Eine angemessene Unterstützung ("Coping") der Eltern insbesondere des erkrankten Elternteils gelingt Jugendlichen besser als Kindern.
· Eltern unterschätzen häufig die Belastung ihrer Kinder.
· Spezielle Beratungsstellen sowie medizinisch und sozialpädagogisch geschultes Personal scheint es kaum zu geben.
· Englische Wissenschaftler fordern, dass Ärzte bzw. paramedizinisches Fachpersonal bereits in einem frühen Erkrankungsstadium mit den Eltern, also auch mit den Patienten, besprechen müssen, was und wie diese ihren Kindern das Erkrankungsgeschehen vermitteln.
· Es fehlt an pädagogisch didaktischem Lehr- und Informationsmaterial.
· Es besteht eine unzureichende Untersuchungsdatenlage und ein großer wissenschaftlicher Studienbedarf.
Dem Mangel an geeignetem Lehr- und Informationsmaterial will Prof. Dr. Gerhard Trabert mit dem durchgeführten Projekt "Mir sagt ja keiner was!" entgegenwirken. Zwei Semester lang widmeten sich fünf Studentinnen des Schwerpunktes Gesundheitshilfen im Fachbereich Sozialwesen der Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule Nürnberg (Sandra Thiel, Jasmin Axmann, Nicole Gutmann, Magda Gawlinski und Kerstin Aye) und eine Studentin der Evangelischen Fachhochschule Nürnberg (Sandra Dehn) diesem Thema. Die Studierenden haben Informationen zu diesem Thema zusammengetragen und aufbereitet. Das Ergebnis ist die Homepage www.kinder-krebskranker-eltern.de sowie ein Flyer - gedruckt wurde er mit Unterstützung der Firma Hoffmann-La Roche AG, die die Kosten in Höhe von rund 10.000 Euro übernahm. Homepage und Flyer bieten insbesondere betroffenen Eltern Rat und Hilfe zum Umgang mit diesem Thema und versuchen den Dialog zwischen Erwachsenen (Eltern, Erkrankten, erkrankten Eltern) und Kindern zu fördern und zu unterstützen.
Die Landeszentrale für Gesundheit in Bayern e. V. will 20.000 der Flyer bayernweit verschicken. Die Firma Hoffmann-La Roche AG hat sich zur Übernahme der Kosten (rund 2.000 Euro) auch für den Druck dieser Flyer bereit erklärt.
Für die Firma Hoffmann-La Roche hat gesellschaftliches Engagement eine lange Tradition. Nicht nur mit Medikamenten sondern auch beispielsweise mit Aufklärungskampagnen setzt sich Roche gemeinsam mit nationalen und internationalen Organisationen dafür ein, dass sich das Wissen im Gesundheitsbereich verbessert. "Die Unterstützung der "Flüsterpost" ist in diesem Zusammenhang etwas ganz Besonderes. Eine Krebserkrankung an sich, welcher Art auch immer, stellt eine ganz besondere Belastung für den Betroffenen oder die Betroffene selbst, aber auch für die Familie und Partnerschaft dar", hob Dr. Ute Riedel als Firmenvertreterin die Bedeutung des Projektes heraus. Das Engagement von Roche begann mit einer Unterstützung des Märchenbuches "Als der Mond vor die Sonne trat" von Prof. Dr. Trabert , daran schloss sich die Zusammenarbeit mit der "Flüsterpost" und den Studenten der Fachhochschule Nürnberg an durch die Finanzierung von Postern und Flyern, aber auch öffentliche Lesungen, mit denen mehr Aufmerksamkeit erzielt werden soll. "Weitere gemeinsame Aktivitäten werden sicherlich folgen", kündigte Dr. Riedel an.
Der Flyer ist anzufordern bei der Bayerischen Krebsgesellschaft Nürnberg, Keßlerplatz 5, 90489 Nürnberg, Tel. 0911/49533.
Rückfragen richten Sie bitte an Prof. Dr. Gerhard Trabert, E-Mail: gerhard.trabert@fh-nuernberg.de oder Tel. 0911/5880-2543. Auch der Flyer kann unter der angegebenen E-Mail-Adresse angefordert werden.
http://www.kinder-krebskranker-eltern.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Pädagogik / Bildung, Psychologie
überregional
Forschungsprojekte, Studium und Lehre
Deutsch
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