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Trotz aller Behandlungserfolge sind Ablagerungen an den Herzgefäßen weiterhin die führende Krankheits- und Todesursache, sogar mit weltweit steigender Tendenz. Diese Ablagerungen können plötzlich und ohne vorangehende Warnzeichen aufbrechen und einen Herzinfarkt verursachen. Bislang gibt es kaum Möglichkeiten vorherzusagen, welche Ablagerungen sich ruhig verhalten und welche aufzubrechen drohen. Nach einem ersten Test in Neuseeland wird ein neuartiger Herzkatheter nun erstmals in Europa am Universitätsklinikum Essen durch Professor Raimund Erbel, Dr. Axel Schmermund und Privatdozent Dr. Dietrich Baumgart in der Abteilung für Kardiologie beim Patienten eingesetzt.
Entdeckung verändert Welt der Kardiologie
Die Entdeckung der letzten Jahre, dass Entzündungsprozesse bei der Entstehung eines Herzinfarkts eine wesentliche Rolle spielen, hat die Welt der Kardiologie verändert. Es konnte nachgewiesen werden, dass Entzündungsprozesse zu einer Veränderung der Ablagerungen führen. Die Ablagerung ("Plaque") wächst verstärkt, und im Inneren bildet sich eine teigige Masse aus Fettstoffen und Zellbestandteilen ("Atherom"). Die schützende Bedeckung aus Bindegewebe wird aufgeweicht und ausgedünnt. Wenn die Bedeckung aufbricht, bildet sich ein Gerinnsel im Gefäß aus, das bis zur kompletten Verlegung des Gefäßinneren und damit zur Unterbindung der Blutversorgung führen kann. Besteht das Gerinnsel über längere Zeit - mehr als 20 Minuten -, so kommt es zum Herzinfarkt.
Temperaturerhöhungen direkt messen
Eine Entzündung im Körper äußert sich durch typische Zeichen, die fast allen Menschen von der Haut bekannt sind. Die entzündete Stelle ist geschwollen, gerötet und überwärmt. Eine Arbeitsgruppe aus Texas um die Professoren Jim Willerson and Ward Cascells konnte zeigen, dass es sich mit der Entzündung der Plaques in den Gefäßen nicht anders verhält. Es lässt sich eine Überwärmung derjenigen Plaques feststellen, die besonders gefährlich sind. Allerdings gelang dieser Nachweis bislang lediglich nach der Entnahme der betroffenen Gefäße bei einer Operation. Die Firma Volcano Therapeutics wurde im Jahr 2001 unter anderem durch Professor Ward Cascells gegründet, um eine Möglichkeit zu schaffen, die Temperaturerhöhung der Plaques vor Ort zu messen.
Übersicht der Herzgefäße
Bereits nach einem Jahr war der Prototyp eines Herzkatheters fertiggestellt, der eine Temperaturmessung in den Gefäßen erlaubt. Der Katheter wird in ein Herzgefäß vorgeschoben und mit Hilfe eines automatischen Systems langsam und gleichmäßig wieder zurückgezogen. Es entsteht eine sogenannte Thermografie, also die Temperaturmessung in den Herzgefäßen. Die Temperatur wird kontinuierlich durch fünf Sensoren erfasst, die der Gefäßwand anliegen. Ein weiterer, zentral gelegener Sensor misst die Temperatur des fließenden Blutes. Das Thermografie System gibt auf einem Monitor den Temperaturunterschied zwischen dem fließenden Blut und der Gefäßwand wieder und erstellt eine Übersicht des Herzgefäßes, die jede Temperaturerhöhung ("Hot Spots") wiedergibt. Die Hot Spots zeigen eine entzündliche Reaktion in der Herzgefäßwand an.
Kardiologen erwarten große Fortschritte
Die Kardiologen erwarten große Fortschritte in der Diagnostik. Sie hoffen, die Gebiete in den Herzgefäßen erkennen zu können, die besonders gefährdet sind. "Oftmals", so Professor Erbel, "sind gar nicht die Verengungen selbst gefährlich, sondern Ablagerungen an anderer Stelle mit ausgeprägter Entzündung, die aufbrechen und den Infarkt verursachen." Weil die übliche Herzkatheteruntersuchung lediglich Aussagen über das Vorliegen von Verengungen erlaubt, erwarten die Kardiologen wichtige Zusatzinformationen durch die Temperaturmessung. So ist es auch vorstellbar, dass Eingriffe besser geplant werden können.
"Wenn wir eine Gefäßstütze einsetzen müssen und dies in einem Gebiet mit heftiger Entzündung tun, dann ist die Gefahr groß, dass es zu einer erneuten Verengung kommt. Vielleicht bietet die Temperaturmessung die Möglichkeit, dies besser abzuschätzen und vorbeugend zu behandeln", erklärt Professor Erbel. Ein wichtiges Augenmerk gilt auch der Vorbeugung des Herzinfarkts. Patienten mit Hot Spots in den Herzgefäßen müssen, so sind sich die Kardiologen einig, besonders intensiv behandelt werden, damit die Entzündung zurückgedrängt wird.
Erste Erfahrungen positiv
Die ersten Erfahrungen mit dem Temperaturkatheter sind positiv. "Der Katheter lässt sich problemlos in das Herzgefäß legen. Der Patient merkt gar nichts davon. Es scheint ein sehr sicheres System zu sein", so Erbel. Das aber muss erst noch genau geprüft werden. Professor Erbel und seine Mitarbeiter wollen die Durchführbarkeit und Sicherheit der Temperaturmessung untersuchen. Ihre Erkenntnisse werden dann den Zulassungsbehörden vorgelegt, damit der Katheter letztlich für alle Kardiologen zugänglich wird. "Ich glaube, dass unsere über zehnjährige Erfahrung in der Ultraschalluntersuchung der Herzgefäße den Ausschlag gegeben hat, die Untersuchung erstmals hier durchzuführen", erklärt Erbel. "Das Klinikum ist weltweit führend im Bereich der Ultraschalluntersuchungen, und von der Handhabung her ähneln sich die Systeme."
Redaktion: Daniela Endrulat, Telefon (02 01) 1 83 - 45 18
Weitere Informationen: Dr. Axel Schmermund, Telefon (02 01) 7 23 - 44 01
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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