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Wissenschaft
Erhöhte Konzentration von Antikörpern gegen Glutamat-Rezeptoren im Blut von Schizophrenie-Patienten nachgewiesen
Ein fehlgeleitetes Immunsystem ist vermutlich bei einem Teil der Patienten mit einer Schizophrenie der Auslöser von Halluzinationen. Darauf weisen Forschungsergebnisse hin, die eine Arbeitsgruppe unter Leitung von PD Dr. Johann Steiner und Prof. Dr. Bernhard Bogerts von der Magdeburger Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern am Institut für Experimentelle Immunologie (Euroimmun, Lübeck) in der aktuellen Online-Ausgabe der Fachzeitschrift „JAMA Psychiatry“ vom 23. Januar veröffentlicht hat (doi:10.1001/2013.jamapsychiatry.86).
Ursachen der Schizophrenie
Bereits vor über hundert Jahren prägte der Schweizer Psychiater Eugen Bleuler den Begriff Schizophrenie. Charakteristisch für das akute Krankheitsbild sind Halluzinationen wie Stimmen hören, Wahnvorstellungen und Denkstörungen. Trotz vieler medizinischer Fortschritte blieben die biologischen Ursachen teilweise rätselhaft. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass genetische Veranlagungen eine wichtige Rolle spielen. „Bei einigen Patienten konnten wir mit bildgebenden Verfahren auch geringgradige Auffälligkeiten der Hirnstruktur nachweisen“, so Prof. Dr. Bernhard Bogerts, Direktor der Magdeburger Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Bereits Bleuler vermutete, dass es sich bei der Schizophrenie um eine Gruppe psychischer Erkrankungen mit ähnlicher Erscheinungsform aber unterschiedlichen Auslösern handelt.
Diagnostiziert wird eine Schizophrenie wie vor hundert Jahren überwiegend auf Grundlage von Patienteninterviews und durch die Beobachtung klinischer Symptome. Körperliche Untersuchungen, CT- und MRT-Aufnahmen des Gehirns, die Untersuchung des Urins auf Drogen oder Blutkontrolle dienen nur dem Ausschluss anderer Erkrankungen wie einem Hirntumor oder einer Drogenabhängigkeit. „Es wäre sehr hilfreich, wenn mittels molekularbiologischer Labortests Schizophrenie-Ursachen identifiziert werden könnten, die neben einer Unterdrückung der Symptome eine Bekämpfung der Krankheitsursache ermöglichen“, so PD Dr. Steiner, leitender Oberarzt der Magdeburger Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Genau auf diesem Weg sind die Forscher jetzt einen wichtigen Schritt vorangekommen.
Die aktuellen Forschungen
Die Wissenschaftler analysierten Blutproben von 459 Menschen, die an einer akuten Schizophrenie, einer Depression bzw. einer Borderline-Persönlichkeitsstörung litten oder keine psychischen Auffälligkeiten aufwiesen. Bei der Auswertung galt das besondere Interesse dem Neurotransmitter Glutamat, der im Gehirn an der Signalübertragung zwischen Nervenzellen beteiligt ist. Die Vermutung war, dass psychische Krankheiten mit Störungen der Glutamat-Signalübertragung einhergehen. Die Arbeitsgruppe der Psychiatrischen Universitätsklinik konnte das für einen Teil der Schizophrenie-Patienten bestätigen. Sie fand bei fast zehn Prozent der von einer akuten Schizophrenie betroffenen Menschen Antikörper gegen den Nervenzellrezeptor des Botenstoffs Glutamat (NMDA-R). Bei Patienten mit Depression, einer Borderline-Persönlichkeitsstörung oder in der Vergleichsgruppe wurden die NMDA-R-Antikörper deutlich seltener bzw. gar nicht gefunden.
Forschungsresümee und Ausblick:
„Die Entdeckung entzündlicher NMDA-Glutamat-Rezeptor-Antikörper bei einer Untergruppe von Patienten mit der klinischen Diagnose Schizophrenie könnte neue Behandlungsoptionen eröffnen“, argumentiert Forschungsleiter PD Dr. Steiner. Zu überprüfen wäre der Nutzen entzündungshemmender Therapien, z.B. mit Kortison oder Immunglobulinen.
J. Steiner et al.: Increased prevalence of diverse N-methyl-D-aspartate glutamate receptor antibodies in patients with an initial diagnosis of schizophrenia: specific relevance of IgG NR1a antibodies for distinction from N-methyl-D-aspartate glutamate receptor encephalitis. JAMA Psychiatry. Published online January 23, 2013. doi:10.1001/2013.jamapsychiatry.86
Kontakt für die Medien:
PD Dr. med. Johann Steiner
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Leipziger Str. 44, D-39120 Magdeburg
Telefon 0391/67-15019
E-Mail: johann.steiner@med.ovgu.de
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