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29.08.2002 16:43

Neue Betriebszeitstudie: Arbeitszeitkonten schon weit verbreitet, aber oft noch ungesichert

Dr. Michael Schwarz Geschäftsleitung
ISO Institut zur Erforschung sozialer Chancen Köln

    Schon 29% aller Betriebe und sogar 82% aller Großbetriebe führen Arbeitszeitkonten für ihre Beschäftigten und reagieren so flexibel auf schwankende Auftragslagen. Doch vor allem in Kleinbetrieben sind häufig weder Ausgleichszeitraum noch Obergrenze von Zeitguthaben vereinbart, ergab die Studie "Arbeits- und Betriebszeiten 2001" des ISO Köln.

    "Das Arbeits- und Betriebszeitmanagement ist ein immer wichtigerer Wirtschaftsfaktor für die Unternehmen; das zeigt sich zum Beispiel daran, dass allein in den letzten drei Jahren der Anteil der Betriebe mit Arbeitzeitkonten um zehn Prozentpunkte gestiegen ist", so Eva Munz vom ISO. Für die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe sei nicht nur die Länge der Betriebszeit entscheidend, sondern angesichts von "schlanker Produktion" und zunehmender Dienstleistungsorientierung auch die Fähigkeit der Betriebe, flexibel auf Schwankungen der Auftragslage zu reagieren.

    Schwankungen des Arbeitsanfalls werden in den Unternehmen heute überwiegend durch Arbeitszeitmaßnahmen bewältigt. Die meisten Betriebe sind mittlerweile in der Lage, ihre Betriebszeiten relativ schnell und flexibel zu variieren. Arbeitszeitkonten sind dabei zum bedeutendsten Instrument geworden. Mit ihrer Hilfe werden Betriebszeiten kostengünstig an die konjunkturellen, saisonalen oder alltäglichen Schwankungen des Arbeitsanfalls angepasst. "Arbeitszeitkonten ersparen den Betrieben in Zeiten der Überauslastung teure Überstundenzuschläge." betont Eva Munz. In Zeiten der Unterauslastung könnten die Betriebe durch die Entkoppelung der Beschäftigungsentwicklung von der Auftragslage die Stammbelegschaft erhalten, die zum Teil über hohe betriebsspezifische Qualifikationen verfügt. Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bringen Arbeitszeitkonten eine Zunahme ihrer Beschäftigungssicherheit, die Vermeidung ungeliebter (insbesondere unbezahlter) Überstunden und eine Steigerung ihrer Zeitsouveränität.

    Dies setzt jedoch Verfahrensregeln voraus, die beispielsweise sicherstellen, dass ein Abbau von angesparten Zeitguthaben auch tatsächlich erfolgen kann. Doch genau solche Verfahrensregeln fehlen in der Hälfte der Betriebe mit Arbeitszeitkonten, was die Entfaltung der Potentiale von Arbeitszeitkonten erheblich einschränkt. Sind z.B. weder Grenzen für Zeitguthaben und -schulden noch ein Ausgleichszeitraum betrieblich festgelegt, so werden Zeitguthaben häufig unter der Hand in bezahlte oder unbezahlte Überstunden umgewandelt. Aber auch wenn eine Obergrenze vereinbart ist, ist es dennoch häufig betriebliche Praxis, die Zeitguthaben verfallen zu lassen oder auszuzahlen.

    Arbeitszeitkontenmodelle, die sowohl den betrieblichen Flexibilisierungsinteressen als auch den Interessen der Beschäftigten gerecht werden, setzen klare Regelungen voraus, die eine nachträgliche Umwandlung von Zeitguthaben in unbezahlte oder bezahlte Überstunden verhindern. Eine wichtige Voraussetzung dafür sind engagierte und in Arbeitszeitfragen qualifizierte Betriebsräte, die in der Lage sind, mit der Betriebsleitung tragfähige Verfahrensregeln auszuhandeln und auf deren Einhaltung zu achten.

    Seit 1987 führt das ISO mit finanzieller Förderung des nordrhein-westfälischen Arbeitsministeriums eine kontinuierliche Berichterstattung über die Entwicklung der Arbeits- und Betriebszeiten in der Bundesrepublik Deutschland durch und stellt damit eine zuverlässige Informationsbasis zum Arbeits- und Betriebszeitgeschehen bereit. Ziel der Arbeitszeitberichterstattung ist es, einen Beitrag zur Versachlichung kontroverser und politisch-praktischer Debatten zur Arbeitszeitthematik zu leisten. Bislang wurden fünf repräsentative Beschäftigten und drei repräsentative Betriebsbefragungen durchgeführt. Bei beiden Untersuchungstypen wird ein kontinuitätssichernder Kernbestand an Fragen mit solchen über aktuelle Arbeits- und Betriebszeitentwicklungen kombiniert.

    Die aktuelle Betriebsbefragung hat alle Wirtschaftszweige und alle Betriebsgrößenklassen einbezogen; befragt wurden also auch die sonst häufig vernachlässigten Kleinstbetriebe mit weniger als 20 Beschäftigten und der Dienstleistungsbereich. Ihr zentrales Untersuchungsziel war die Analyse der Dauer und Flexibilität von Betriebszeiten und der betrieblichen Praxis von Arbeitszeitkonten; die weiteren Fragen betrafen, wie bislang auch, Ausmaß und Struktur der anderen Arbeitszeitformen: Schicht-, Samstags-, Sonntags- und Überstundenarbeit ebenso wie Teilzeit- und Gleitzeitarbeit sowie versetzte Arbeitszeiten. Daneben wurde noch die Inanspruchnahme von und der Bedarf an externer Arbeitszeitberatung abgefragt sowie die Nutzung von beschäftigungssichernden Arbeitszeitverkürzungen für Zwecke der betrieblichen Weiterbildung.

    Frank Bauer, Hermann Groß, Eva Munz und Suna Sayin: Arbeits- und Betriebszeiten 2001. Neue Formen des betrieblichen Arbeits- und Betriebszeitmanagements. Ergebnisse einer repräsentativen Betriebsbefragung, Berichte des ISO 67, Köln: Verein zur Erforschung sozialer Chancen, 2002, ISBN 3-934404-22-7

    Der Bericht kann aus dem Internet heruntergeladen werden:

    Langfassung (ca. 220 Seiten) http://www.arbeitszeiten.nrw.de/pdf/AZBZ2001.PDF

    Kurzfassung http://www.arbeitszeiten.nrw.de/pdf/BZ2001.PDF

    oder in gebundener Form (Schutzgebühr 9.00 Euro zzgl. Versandkosten) bezogen werden beim Versand des ISO (publikationen@iso-koeln.de)


    Weitere Informationen:

    http://www.arbeitszeiten.nrw.de/pdf/AZBZ2001.PDF
    http://www.arbeitszeiten.nrw.de/pdf/BZ2001.PDF
    publikationen@iso-koeln.de
    http://www.iso.koeln.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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