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30.08.2002 10:31

Eine Jahrhundert-Flut in Bremen: Was wären die ökonomischen Schäden?

Angelika Rockel Hochschulkommunikation und -marketing
Universität Bremen

    Wissenschaftler befürchten "empfindliche Störung des zivilisatorischen Systems" in Bremen und im Unterweser-Raum.

    Die beiden Projekt-Verbünde "Klimawandel und Unterweserregion" (KLIMU) und "Klimawandel und präventives Risiko- und Küstenschutzmanagement an der deutschen Nordseeküste (KRIM)" der Universitäten Bremen, Braunschweig und Hannover - seit 1998 vom Bundesforschungsministerium und vom deutschen Klimaforschungsprogramm (DEKLIM) gefördert - haben zum ersten Mal die Wahrscheinlichkeit eines Deichversagens und die Höhe der dadurch entstehenden Schäden (in Geldeinheiten) für die Bremer Region berechnet. Insbesondere im ökonomischen Teil-Projekt "Regionalökonomische Folgen des Klimawandels im Unterweserraum" befassen sich Prof. Dr. Wolfram Elsner und Dr. Thomas Knogge aus dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Universität Bremen mit der Berechnung ökonomischer Folgeschäden von Überflutungen aufgrund bestimmter klimatisch bedingter Extremereignisse. Das Ergebnis: Es ist eine "empfindliche Störung des zivilisatorischen Systems" zu erwarten.

    Solche "Extremereignisse" würden in Bremen und im Unterweser-Raum allerdings nicht in erster Linien aus Flutwellen aus dem Hinterland resultieren sondern aus einer Kombination von hohem Binnenwasser, anhaltenden Niederschlägen und Bodensättigung, steigender Wassertemperatur, hohen Flutständen an der Nordsee und bestimmten extremen Windereignissen (bestimmte Windstärken und Windrichtungen) in der Wesermündung. Die Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten solcher Wetterkonstellationen lassen sich berechnen; mit dem Fortschreiten des Klimawandels werden sich diese Wahrscheinlichkeiten spürbar erhöhen.

    Da die Deichversagens-Wahrscheinlichkeit in Höhe der Gemeinde Brake die höchste in der Unterweserregion ist (ein Ereignis alle 40 Jahre!), wurde diese Teilregion für eine Analyse einer regionalen Überflutungssimulation ausgesucht. Die berechenbaren ökonomischen Folgen (Vermögensschäden in Höhe von 380 Mio. Euro und eine Sozialproduktsminderung in Höhe von 20 Millionen Euro im Jahr des Ereignisses, ohne Berücksichtigung von Personenschäden und von Schäden für das Ökosystem!) lägen dabei in der Summe in der Größenordnung von 130% des Sozialprodukts der Gemeinde Brake im Jahre 1998.

    Eine Simulation für die Stadt Bremen unter der Annahme ähnlicher Bedingungen (allerdings unter Abzug von 1/3 der Flächen, die ja in Bremen auf der Geest liegen) zeigt, dass in Bremen im Schadensjahr mit einem Verlust von knapp 6% des gesamten Kapitalstocks zu rechnen wäre!

    Die längerfristigen regionalökonomischen Effekte aufgrund eines solchen einmaligen ökonomischen Schocks ergeben - in einem Entwicklungsszenario ohne besondere positive Gegentendenzen - kumuliert für die Jahre 2000-2040 einen Verlust an Sozialprodukt im Land Bremen in Höhe von ca. 18,5 Milliarden Euro. Diese Größe entspricht 85% des bremischen Sozialprodukts des Jahres 2000.

    Ein entsprechender wirtschaftlicher Entwicklungsverlauf mit solchen klimabedingten Beeinträchtigungen würde bedeuten, dass im Jahr 2040 das bremische Sozialprodukt um ca. 5% niedriger ausfallen würde als unter "normalen" Bedingungen. Dies würde umgerechnet einen Arbeitsplatzverlust in Höhe von 6000 Arbeitsplätzen im Land Bremen bedeuten. Der "Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung für globale Umweltveränderungen" schätzt eine Größenordnung von 5% Sozialproduktsverlust bereits als eine "empfindliche Störung des zivilisatorischen Systems" ein.

    Für einzelne einzelne Industriezweige zeichnet sich folgendes Bild: Eine Befragung regionaler Unternehmen ergab konkrete Wirkungszusammenhänge zwischen den Klimaparametern und den Produktionsabläufen. Insgesamt überwiegen dabei die negativen Folgen für die Produktion. Der Schiffbau, die Binnen-, Küsten-, und Seeschiffahrt sind in unterschiedlichster Weise insbesondere vom Anstieg des Tidehubs, der vermehrten Anzahl von Sturmfluten, aber auch vom Niederschlag und von der Strömungsgeschwindigkeit der Weser abhängig. Die an der Weser gelegene Industrie, welche das Wasser für Kühlungszwecke entnimmt, beispielsweise sieht sich bei einem Anstieg der Wesertemperatur in ihrer Produktionsfähigkeit eingeschränkt.

    Solche Zwischenergebnisse der Bremer Klimafolgenforschung liefern Gründe genug, dass auch im Unterweser-Raum verstärkt - und in größeren Dimensionen als nur auf der Ebene des Deichausbaus - über Klimafolgen nachgedacht wird und Klimafolgen-orientierte Handlungsstrategien entwickelt werden.

    Auf Wunsch kann Karten- und Simulationsmaterial zu Verfügung gestellt werden.

    Alle weiteren Informationen bei:

    Universität Bremen
    Fachbereich Wirtschaftswissenschaft
    Hochschulring 4
    28359 Bremen
    Prof. Dr. Wolfram Elsner
    welsner@uni-bremen.de
    und
    Dr. Thomas Knogge
    tknogge@uni-bremen.de
    Fon: 0421-218-7535, -7536, -7853


    Weitere Informationen:

    http://www.klimu.uni-bremen.de/
    http://www.krim.uni-bremen.de/


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Geowissenschaften, Gesellschaft, Informationstechnik, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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