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03.04.2013 12:44

Besserer Umweltschutz durch freien Zugriff auf Daten

Bernd Hegen Referat Öffentlichkeitsarbeit
Universität Koblenz-Landau

    Umweltschutz, Gesundheitsvorsorge, Warnung vor giftigen Stoffen: Das sind grundsätzliche Bedürfnisse aller Menschen. Doch gerade die bisherige Veröffentlichungspraxis von Daten und Forschungsergebnissen behindert den notwendigen Wissensaustausch. Denn oft stehen die Studien nur in kostenpflichtigen Zeitschriften, die aufgrund begrenzter Budgets nur sehr wenige Universitäten vollständig abonniert haben. Wissenschaftler des Instituts für Umweltwissenschaften Landau an der Universität Koblenz-Landau fordern jetzt daher gemeinsam mit Kollegen vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ, der Universität Wageningen und der Swedish University of Agricultural Sciences in einem Fachartikel freien Zugang zu aktuellen Daten. Dies würde nicht nur schneller zu neuen Erkenntnissen führen, sondern auch zu effizienteren Warnungen der Bürger vor Gefahren.

    „Die Wissenschaft lebt von der Verbreitung und Diskussion neuer Ergebnisse, doch die Praxis sieht anders aus: Die Rohdaten sind selten verfügbar und neue Artikel erscheinen meist nur in kostenpflichtigen Fachzeitschriften“, sagt Juniorprofessor Ralf B. Schäfer, einer der Autoren. „Aufgrund von Preissteigerungen der Verlage und Budgetkürzungen bei Universitäten können sich diese immer weniger Hochschulen leisten. In der Folge fehlen Forschungsgruppen oft aktuelle Erkenntnisse ähnlicher Projekte, wodurch sie gleiche Problemstellungen ein zweites Mal lösen müssen. Daraus folgt nicht nur eine Verschwendung öffentlicher Gelder, sondern beispielsweise auch eine Verzögerung der Forschung zum Umwelt- und Gewässerschutz.“

    Beispiele für offenen Wissenstransfer

    Ein freier Zugang auf neueste Daten würde die Forschung deutlich schneller voranbringen. Forschungsgruppen könnten auf ähnliche Ergebnisse zurückgreifen und häufig bereits einen oder gar zwei Schritte überspringen. Zwar zahle die DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) bereits zum Teil für deutsche Bildungseinrichtungen den Zugang zu Zeitschriften. Insgesamt ist das Publizieren in frei zugänglichen Zeitschriften jedoch kaum verbreitet. Zum Teil dürfen zu den Ergebnissen die zugehörigen Daten nicht veröffentlicht werden, etwa Daten von Behörden. Ein positives Beispiel ist hier die Stadt Hamburg, die vor kurzem ein Open Data Portal mit zahlreichen Verwaltungsdaten zum kostenlosen Herunterladen gestartet hat.

    „Wir am Institut für Umweltwissenschaften Landau stellen, wenn möglich, regelmäßig frei zugängliche Artikel auf den Online-Seiten der jeweiligen Zeitschrift sowie offenen Internetangeboten zur Verfügung“, so Professor Andreas Lorke, Leiter des Instituts für Umweltwissenschaften Landau.

    Zugang für Bürger hierzulande nur schwer möglich

    Noch schwieriger ist es für Bürger, aktuelle Daten in den Bereichen Umwelt- und Gewässerschutz oder Gesundheit zu erhalten. In Deutschland sind diese nur selten frei zugänglich, wie einige Klimadaten vom DWD (Deutscher Wetterdienst), Gewässerdaten von einzelnen Bundesländern oder Vorkommensdaten zu Lebewesen über GBIF (Global Biodiversity Information Facility). Die meisten Informationen müssen einzeln angefragt und zum Teil bezahlt werden.

    „In Deutschland wäre ein zentrales Internetportal für alle sicherheitspolitisch oder datenschutzrechtlich unbedenklichen Daten wünschenswert“, ergänzt Ralf Schäfer. „Schließlich wird die Erhebung und Forschung meist aus öffentlichen Geldern bezahlt und der Bürger hat somit ein Anrecht, die Ergebnisse auf einfache Weise einzusehen.“

    Wie in den USA und Australien garantiert in Deutschland das Umweltinformationsgesetz, dass jeder Bürger innerhalb von ein bis zwei Monaten die angeforderten Daten erhält. In der Praxis hängt die Einhaltung dieser Fristen jedoch häufig von der Personalausstattung und dem Engagement der Behördenmitarbeiter ab, so dass Wartefristen bis zu einem Jahr möglich sind und die Identifikation des zuständigen Sacharbeiters schwierig sein kann. Demgegenüber können in den USA die meisten Monitoring-Daten zur Umwelt online frei heruntergeladen werden. In Deutschland hängt das vom jeweiligen Bundesland ab. Der freie Zugang ist aber nicht nur aus allgemeinem Interesse heraus wünschenswert, sondern auch aus konkreten gesundheitlichen Gründen: So sind etwa Informationen über giftige Substanzen in der Umwelt oder Gewässern sowie belastete Nahrungsmittel einfacher zu erfahren. Und im Falle eines Falles können entsprechende Warnungen auch über soziale Medien oder durch zentrale Stellen verbreitet werden. Vor allem in Entwicklungsländern sind entsprechende Smartphone-Apps oder SMS-Services für den Katastrophenschutz bereits im Einsatz.

    Projekt in El Salvador mit freier Software

    Die Universität Koblenz-Landau arbeitet zum Beispiel mit dem Büro der Vereinten Nationen für Weltraumfragen UN-OOSA (United Nations Office for Outer Space Affairs) bei einem Projekt in El Salvador zusammen. Der Einsatz freier Software (Open Source) hilft dabei, Ursachen für die hohe Rate von chronischer Niereninsuffizienz unter Arbeitern in Zuckerrohr- und Bananenplantagen, die hier die Todesursache Nummer eins ist, zu identifizieren und Gegenmaßnahmen zu implementieren. Nachdem Übergewicht und Diabetes ausgeschlossen werden konnten, sehen einige Wissenschaftler den starken Einsatz von Pestiziden, denen die Arbeiter ohne entsprechenden Schutz ausgesetzt sind, als möglichen Auslöser. Aber auch Hitzestress oder Wassermangel werden diskutiert. Im Rahmen des Projekts soll Satellitentechnik beispielsweise zeigen, wie der Zustand des Zuckerrohrs, die Beschaffenheit des Geländes oder die Fließrichtung des Wassers ist – wichtige Faktoren für die gezielte Dosierung von Pestiziden. In Zukunft können Smartphone-Apps Risikogebiete wie Sümpfe mit Krankheitserregern oder den Einsatz von Pestiziden anzeigen.

    Artikel „Progress in Ecotoxicology through Data Sharing”

    Der Artikel „Progress in Ecotoxicology through Data Sharing“, Ralf B. Schäfer, Mirco Bundschuh, Andreas Focks, Peter Carsten von der Ohe, ist in der Ausgabe April 2013 der Fachzeitschrift “Environmental Toxicology & Chemistry” erschienen (http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/etc.v32.4/issuetoc).

    Textlänge: 5.856 Zeichen inkl. Leerzeichen

    Kurzprofil Institut für Umweltwissenschaften Landau
    Das Institut für Umweltwissenschaften Landau betreibt grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung, in deren Fokus die vielfältigen Interaktionen zwischen Mensch und Umwelt stehen. Das Institut vereint die Expertisen von neun interdisziplinären Arbeitsgruppen und damit aktuelle Forschung vom Molekül über Ökosysteme bis zur menschlichen Gesellschaft. Das Institut für Umweltwissenschaften Landau wurde 2004 an der Universität Koblenz-Landau, Campus Landau gegründet. Weitere Informationen: http://www.umwelt.uni-landau.de

    Kontakt:

    Universität Koblenz-Landau
    Jun.-Prof. Dr. Ralf B. Schäfer
    Fortstraße 7
    76829 Landau
    Tel.: (06341) 280-536
    E-Mail: schaefer-ralf@uni-landau.de

    Pressekontakt:

    Universität Koblenz-Landau
    Präsidialamt Mainz
    Bernd Hegen
    Referatsleiter Öffentlichkeitsarbeit
    Rhabanusstraße 3
    55118 Mainz
    Tel.: (06131) 37460-34
    E-Mail: hegen@uni-koblenz-landau.de

    Fink & Fuchs Public Relations AG
    Ralf Klingsöhr
    Paul-Heyse-Str. 29
    80336 München
    Tel.: (089) 589787-12
    E-Mail: ralf.klingsoehr@ffpr.de


    Weitere Informationen:

    http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/etc.v32.4/issuetoc Artikel in Fachzeitschrift
    http://www.umwelt.uni-landau.de Institut für Umweltwissenschaften Landau


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Informationstechnik, Politik, Recht, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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