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Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum und vom Epidemiologischen Krebsregister des Saarlandes untersuchten in einer großen Studie den Zusammenhang zwischen einem Mangel an Vitamin D und der Sterblichkeitsrate. Studienteilnehmer mit niedrigem Vitamin-D-Spiegel starben häufiger an Atemwegserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und an Krebs, auch ihre Gesamtsterblichkeit war erhöht. Das Ergebnis unterstreicht, dass die Wirksamkeit einer vorbeugenden Einnahme von Vitamin-D-Präparaten sorgfältig geprüft werden sollte.
Vitamin-D-Mangel ist seit langem als Risikofaktor für Osteoporose bekannt. Neuere Studien lassen vermuten, dass Vitamin D aufgrund seiner Hormonwirkung auch andere chronische Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs und Infektionen beeinflussen könnte. Träfe dies zu, müsste eine unzureichende Vitamin-D-Versorgung auch einen Effekt auf die Sterblichkeit der Bevölkerung zeigen.
Dieser Frage gehen Wissenschaftler in der ESTHER*-Studie nach. Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) führt die Untersuchung in Kooperation mit dem Epidemiologischen Krebsregister Saarland, Saarländisches Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, durch. Die Studie schließt knapp 10.000 Teilnehmer aus dem ganzen Saarland ein. Studienleiter ist Prof. Hermann Brenner vom DKFZ.
Vor allem im Winter war die Konzentration von Vitamin D im Blut vieler Studienteilnehmer besonders niedrig. Im Januar wiesen beispielsweise 24 Prozent der Probanden einen sehr niedrigen und 71 Prozent einen niedrigen Vitamin-D-Spiegel** auf. Im Vergleich hierzu lag der Anteil der ESTHER-Teilnehmer mit sehr niedrigen Vitamin-D-Werten im Juli nur bei 6 Prozent, mit einem niedrigen Vitamin-D-Wert bei 41 Prozent.
Die besonders niedrigen Vitamin-D-Spiegel im Winter lassen sich dadurch erklären, dass der Körper den größten Teil seines Vitamin-D-Bedarfs unter Einfluss der UV-B-Strahlung des Sonnenlichts selbst produziert. Die geringe Menge an UV-B-Licht in Deutschland in der dunklen Jahreszeit reicht häufig nicht aus, die Vitamin-D-Produktion ausreichend anzukurbeln.
Die Sterblichkeit war bei Teilnehmern der ESTHER-Studie mit sehr niedrigen und niedrigen Vitamin-D-Spiegeln statistisch signifikant höher als bei Probanden, die höhere Vitamin-D-Konzentrationen im Blut aufwiesen. Nach Berücksichtigung aller Störfaktoren war die Sterblichkeitsrate innerhalb der achtjährigen Beobachtungszeit bei Probanden mit sehr niedrigen Vitamin-D-Werten 1,7-fach, und bei Teilnehmern mit niedrigen Vitamin-D-Werten 1,2-fach erhöht.
Studienteilnehmer mit sehr niedrigen Vitamin-D-Werten hatten insbesondere ein erhöhtes Risiko, an einer Erkrankung der Atemwege zu versterben (2,5-faches Sterberisiko). Auch erlagen sie häufiger Herz-Kreislauferkrankungen (1,4-fach) oder Krebs (1,4-fach).
Sollte daher jeder prophylaktisch Vitamin-D-Präparate einnehmen? Wissenschaftler diskutieren diese Frage kontrovers: Randomisierte kontrollierte Studien, die den Einfluss der Vitamin-D-Einnahme auf die Sterblichkeit untersuchten, zeigten insgesamt eher geringe Effekte. Zurzeit laufen große Untersuchungen, die noch einige Jahre Nachbeobachtungszeit benötigen, um die Frage der Wirksamkeit von Vitamin-D-Präparaten zu klären. „Die Ergebnisse der ESTHER-Studie zeigen jedoch, dass sich dieser Forschungsaufwand durchaus lohnen könnte, da niedrige Vitamin-D-Spiegel in Deutschland sehr verbreitet sind“, sagt Dr. Ben Schöttker, der Erstautor der Arbeit.
Bis gesicherte Erkenntnisse zur Vitamin-D-Supplementation vorliegen, empfiehlt der Wissenschaftler, in der warmen Jahreszeit wohldosiert Sonne zu tanken, um eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung sicherzustellen und ein Depot für den Winter anzulegen. Über Nahrungsmittel allein lässt sich der Bedarf meist nicht decken. Die Dauer der Sonnenexposition sollte – in Abhängigkeit vom Hauttyp – jedoch so begrenzt werden, dass sich das Hautkrebsrisiko nicht erhöht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, dass für die meisten Menschen in Deutschland von März bis Oktober je nach Hauttyp 5 bis 25 Minuten Sonnenbestrahlung pro Tag auf Gesicht, Hände und Unterarme genügen, um ausreichend Vitamin D zu produzieren.
*ESTER = Epidemiologischen Studie zu Chancen der Verhütung, Früherkennung und optimierten Therapie chronischer Erkrankungen in der älteren Bevölkerung
**Definition des Vitamin-D-Spiegels:
• sehr niedrig: <30 nmol/L Serum-25-hydroxyvitamin-D
• niedrig: <50 nmol/L Serum-25-hydroxyvitamin-D
Schöttker B, Haug U, Schomburg L, Köhrle L, Perna L, Müller H, Holleczek B, Brenner H.
Strong associations of 25-hydroxyvitamin D levels with all-cause, cardiovascular, cancer and respiratory disease mortality in a large cohort study.
American Journal of Clinical Nutrition 2013; DOI: 10.3945/ajcn.112.047712
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
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Medizin
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Deutsch
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