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27.09.2002 08:48

Mittellatein - ein kleines Fach mit großem Pensum

Monika Paschwitz Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Arbeitsgemeinschaft "Lateinisches Mittelalter" tagt am 4. Oktober an der Uni Jena

    Jena (27.09.02) Wegen der Brisanz eines einzigen Buches erhielt Bruder William von Baskerville alias Sean Connery in Umberto Ecos "Der Name der Rose" einen Vorgeschmack auf die Apokalypse. Spätestens seitdem haben die Menschen des 20./21. Jahrhunderts wieder eine konkretere Vorstellung von der Arbeit in einem mittelalterlichen Scriptorium und von der Bedeutung der dort produzierten Texte. In der heutigen Zeit sind es nur noch selten Mönche, die sich mit diesen Dingen befassen, sondern vielmehr Wissenschaftler der verschiedenen mediävistischen Disziplinen. Zu diesen zählt auch die Mittellateinische Philologie. Ihrer interdisziplinären Ausrichtung widmet sich eine Tagung der Arbeitsgemeinschaft "Lateinisches Mittelalter" (AGLMA), die am 4. Oktober unter Leitung von Prof. Dr. Gerlinde Huber-Rebenich an der Friedrich-Schiller-Universität Jena stattfindet.

    Gegenstand des Fachs Mittellateinische Philologie sind all jene Schriftzeugnisse, die weltweit in der Zeit zwischen 500 und 1500 in lateinischer Sprache entstanden sind. Den Kern bildet die Literatur und Dichtung im engeren Sinne, wie man sie etwa aus den "Carmina Burana" kennt. In die Zuständigkeit fallen aber ebenso Urkunden, kirchliche Anweisungen und wissenschaftliche Traktate - kurz: Texte aus allen Bereichen der Lebenswirklichkeit, die in jenen 1000 Jahren vorwiegend auf Latein, dem "Englisch" des Mittelalters, abgefasst wurden. Vieles davon ist bis heute nur in alten Handschriften überliefert, deren Entzifferung oft einer Pionierarbeit gleichkommt.

    Im krassem Gegensatz zu dem Reichtum der Themengebiete steht die relativ schwache institutionelle Verankerung des Faches an deutschen Universitäten. Es gibt insgesamt 16 Standorte, an denen Mittellatein vertreten ist, z. T. allerdings nur als Ergänzung zu einem größeren Studiengang wie der Klassischen Philologie oder der Germanistik. Immerhin wurden in der Nachwendezeit in den neuen Ländern zwei neue Professuren eingerichtet - 1995 in Jena und 2002 in Halle. In den alten Bundesländern hingegen sind frei werdende Stellen immer wieder vom Rotstift bedroht. Der Legitimationsdruck des Fachs hängt nicht zuletzt mit der notorisch geringen Zahl der regulär eingeschriebenen Studierenden zusammen. Das vergleichsweise rege Interesse von Kommilitonen aus Nachbardisziplinen, das in den Statistiken nicht zu Buche schlägt, zeugt jedoch von seiner Relevanz. Theologen, Philosophen, Historiker, Kunsthistoriker und Neuphilologen mit einem Schwerpunkt in der älteren Abteilung brauchen das Mittellatein ebenso wie Medizin- und Musikgeschichtler, um ihre fachspezifischen Quellen, die zum Großteil nicht in Übersetzung vorliegen, verstehen und auswerten zu können.

    Dem interdisziplinären Charakter des Fachs, der zugleich eine Herausforderung und eine Chance darstellt, will die AGLMA-Tagung in Jena Rechnung tragen. Der Interessenverband der Mittellateinischen Philologen tritt seit 1980 alle zwei Jahre zusammen, um Probleme und Perspektiven des Fachs zu besprechen, über neuere Entwicklungen an den einzelnen Instituten zu informieren und den wissenschaftlichen Austausch zu pflegen. Auf der Jenaer Tagung sollen erstmals Vertreter von Nachbardisziplinen und wissenschaftsnahen Einrichtungen in einer Podiumsdiskussion zu Wort kommen, um Möglichkeiten der künftigen Zusammenarbeit zu erkunden und Kritik an aus ihrer Sicht bestehenden Defiziten zu üben. Die öffentliche Diskussion "Mittellatein im Spektrum der Disziplinen" beginnt am 4. Oktober um 10.00 Uhr im Hörsaal 8 des Jenaer Uni-Campus (Carl-Zeiß-Str. 3). Geladen sind Gäste aus dem Inland, aus Österreich, der Schweiz und aus Tschechien. Unter den Universitätsfächern kommen zu Wort: die Allgemeine Literaturwissenschaft, die Romanistik, die Mittelalterliche Philosophie und die Klassische Philologie. An außeruniversitären Einrichtungen sind vertreten: der Deutsche Altphilologenverband, die Stiftsbibliothek St. Gallen, die Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt und der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (Austrian Science Foundation, Wien). Im Anschluss an die Statements der Podiumsteilnehmer wird eine Diskussion mit dem Plenum stattfinden. Die AGLMA erhofft sich von diesem Dialog zukunftweisende Impulse für ihr Fach im Bereich der wissenschaftlichen Kooperation und nicht zuletzt auch Anregungen für junge Absolventen, die sich auf dem Arbeitsmarkt - etwa in Schulen, Bibliotheken, Archiven oder Museen - ihren Platz noch sichern müssen.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Philosophie / Ethik, Religion, Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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