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Die Tarifpolitik für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist in Teilen überarbeitungsbedürftig, vor allem aber bestehen erhebliche qualitative Regelungslücken und -defizite. Ein systematisches tarifpolitisches Konzept für eine altersgerechte Gestaltung der Arbeits- und Einkommensbedingungen ist erst noch zu entwickeln. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung, die das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) jetzt veröffentlicht hat.
"Die Analyse von altersbezogenen Regelungen in den Tarifverträgen", so der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Dr. Reinhard Bispinck, "fördert manches Altbekannte zu Tage, korrigiert aber auch Klischees über die Tarifvertragsstrukturen und deckt nicht zuletzt wichtige Defizite der tariflichen Gestaltung altersgerechter Arbeits- und Einkommensbedingungen auf." Folgende Punkte sind festzuhalten:
Am stärksten ausgeprägt ist der Altersbezug bei den tariflichen Regelungen, die sich auf den Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses beziehen. Die an der Betriebszugehörigkeit und dem Lebensalter festgemachten Bestimmungen zu Kündigungsfristen und Kündigungsschutz sind einerseits Ausdruck der besonderen Risiken älterer ArbeitnehmerInnen, andererseits schließen sie aufgrund ihrer Stammbelegschaftsorientierung Beschäftigte mit einem weniger unternehmensstabilen und häufig unterbrochenen Erwerbsverlauf von der angestrebten Schutzwirkung aus.
Die tariflichen Vergütungsstrukturen weisen - von Einzelfällen abgesehen - nur in geringem Maße ein "Senioritätsprinzip" im Sinne einer automatischen altersgebundenen Entgeltanhebung auf. Die "Sitzprämie" ist - entgegen weit verbreiteter Auffassung - also kein durchgängiges Charakteristikum der tariflichen Entgeltbestimmungen.
Die Verdienstsicherung ist weit, aber keineswegs flächendeckend verbreitet und wird - ähnlich wie die Bestandsschutzbestimmungen - bei einer Kombination von Lebensalter und Betriebszugehörigkeit wirksam. Risiken und Nebenwirkungen sind daher auch vergleichbar. Das Gleiche gilt für die Regelungen zur Abfindung.
Die tariflichen Arbeitszeitregelungen bieten ein gemischtes Bild: Nur in wenigen Bereichen gibt es kürzere Arbeitszeiten für ältere (und besonders belastete) Beschäftigtengruppen entweder in Form kürzerer Wochenarbeitszeit oder zusätzlicher freier Tage und Urlaub. Nahezu flächendeckend wurden dagegen Tarifverträge zur Altersteilzeit vereinbart, z. T. flankiert von Langzeitkonten. Das zugrunde liegende Prinzip lautet also eher kürzere Lebensarbeitszeit als kürzere Arbeitszeit während des Erwerbslebens.
Im Bereich von Arbeitsorganisation, Leistungspolitik und Qualifizierung sind die bei weitem größten Defizite im tariflichen Regelungsbestand zu konstatieren. Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind kaum Tarifverträge zu finden, die hier mit Blick auf die Probleme älterer ArbeitnehmerInnen gezielt Rahmenregelungen bereitstellen.
Studie:
Reinhard Bispinck und WSI-Tarifarchiv
Tarifpolitik für ältere ArbeitnehmerInnen
Eine Analyse von tariflichen Regelungen in ausgewählten Tarifbereichen
Elemente qualitativer Tarifpolitik Nr. 49, Düsseldorf, September 2002, 47 Seiten, 10 Euro
Zu beziehen über: tarifarchiv@wsi.de oder Fax: 0211/77 78-250 (WSI-Tarifarchiv)
http://www.boeckler.de/wsi/tarchiv/aktuell.cgi?pmid=252
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Politik, Recht, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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