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Theologiestudent der Universität Jena mit Franz-Delitzsch-Förderpreis ausgezeichnet
Der Theologiestudent Markus Voss-Göschel von der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat den Franz-Delitzsch-Förderpreis für christlich-jüdische Verständigung bekommen. Der Preis ist mit 500 Euro dotiert und wird jedes Jahr von der Freien Theologischen Hochschule Gießen verliehen. Markus Voss-Göschel ist für seine Arbeit „Zum Stellenwert vom theoretischen Antisemitismus in Immanuel Kants Religionsphilosophie“ ausgezeichnet worden. Darin beschreibt er, dass Kants antisemitische Haltung aus seiner religionsphilosophischen Theorie heraus zu erklären ist. „Der Preis bedeutet mir sehr viel“, freut sich Markus Voss-Göschel. „Denn ich habe mich schon lange – auch außerhalb meines Studiums – mit Kant beschäftigt.“
Vorausgegangen waren monatelange Recherchen für eine Hauptseminararbeit im Bereich Systematische Theologie bei Prof. Dr. Miriam Rose. Dafür hat Markus Voss-Göschel Kants Religionsverständnis untersucht. „Über Kant gibt es so viele Abhandlungen, doch bisher gab es keine klaren Antworten darauf, wie genau er Religion definiert“, sagt Voss-Göschel. Für seine Forschungen hat sich der Student insbesondere mit Kants Religionsschrift „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ beschäftigt. Dabei kam er zu dem Schluss, dass der Philosoph Religion als Moral mit Gottesbezug definiert: „Für Kant ist Religion ein moralischer Begriff, und Moral ist wiederum ein religiöser Begriff. Beides gehört zusammen“, erläutert Voss-Göschel.
Bei seinen Recherchen ist er schließlich auf etwas gestoßen, womit er so nicht gerechnet habe: „Kant bezeichnet die Juden als ‚Vampyre der Gesellschaft‘ und fordert ‚die Euthanasie des Judentums‘!“, nennt Markus Voss-Göschel zwei Beispiele für die zum Teil extremen antisemitischen Äußerungen in Kants Schriften. „Zwar ist das Judentum kein zentrales Thema für ihn, aber die Schärfe seiner Aussagen kam für mich wirklich unerwartet“, gesteht der 25-jährige Student.
Kants Verachtung des Judentums erscheint deswegen so überraschend, da er als großer Denker der Aufklärung bekannt ist und sogar mit Juden befreundet war. Markus Voss-Göschels Arbeit macht deutlich, dass Kants Sichtweise eng mit seinem Religionsverständnis verbunden ist: „Diese Haltung kommt aus seinem Denken heraus, nicht aus seinen Erfahrungen im wirklichen Leben“, ist der Jenaer Student überzeugt. „Kant lebte in einer eigenen, abstrakten Welt, die er sich selbst gebaut hat. Und er hat es versäumt, seine Schlüsse mit der Realität abzugleichen.“ In dieser eigenen Welt hat Kant zwischen verschiedenen Arten von Religion unterschieden. Das Judentum nimmt in seiner Kategorisierung jedoch keinen guten Platz ein: „Für Kant ist das Judentum ein absurdes und sinnloses Gesetzeswerk ohne moralischen Bezug und daher eigentlich keine Religion“, erläutert Voss-Göschel. Denn während im Christentum die Regeln um einen moralischen Kern kreisen, sei der jüdische Gott jemand, der von den Menschen die bloße Verfolgung von Geboten, nicht aber Moral fordere.
Die Gedanken des berühmten Philosophen folgen einer eigenen Logik und Markus Voss-Göschels Abhandlung macht diese zumindest ein wenig verständlicher. „Seine Religionsphilosophie ist hier der Dreh- und Angelpunkt und deswegen würde ich Kant als theoretischen Antisemiten bezeichnen“, sagt Voss-Göschel. Dennoch ist auch für den Theologiestudenten Kants Sichtweise nicht nachvollziehbar. „Seine Äußerungen sind ganz klar judenfeindlich und Kant verfehlt seinen eigenen Anspruch nach Menschenfreundlichkeit und Reflexion“, stellt er klar.
Derzeit arbeitet Markus Voss-Göschel an seiner Diplomarbeit. Große Persönlichkeiten scheinen den angehenden Theologen dabei magisch anzuziehen: Für seinen Studienabschluss erforscht er das Gottesbild in den Reden Barack Obamas.
Kontakt:
Markus Voss-Göschel
Theologische Fakultät der Universität Jena
Fürstengraben 6, 07743 Jena
E-Mail: Markus.Voss-Goeschel[at]uni-jena.de
Der Theologiestudent Markus Voss-Göschel von der Universität Jena ist mit dem Franz-Delitzsch-Förder ...
Foto: Jan-Peter Kasper/FSU
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Philosophie / Ethik, Religion
regional
Personalia
Deutsch
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