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Wissenschaft
Besucher des hessischen Vogelbergs hätten dort am vorvergangenen Wochenende seltsame Gruppen von Männern und Frauen beobachten können, die auf Knien durch die Stoppelfelder rutschten und dort offenbar etwas suchten. Ihre Fahndung hatte Erfolg: Sie fanden elf Exemplare eines winzigen Lebermooses - europaweit die einzigen ihrer Art. Der Moosspezialist Professor Dr. Jan-Peter Frahm von der Universität Bonn hatte die Suche initiiert; insgesamt 20 Botaniker - darunter auch ein Naturschützer aus Schweden - waren seiner Einladung gefolgt.
Der seltene Fund ist nicht nur von akademischem Interesse: In vielen Moosen warten ungehobene Schätze auf ihre Entdeckung. Die unscheinbaren Pflanzen produzieren Substanzen, die gegen Käfer- und Schneckenfraß, Pilz- oder Bakterienbefall wirken oder gar die Bildung von Tumorzellen hemmen. Nicht zuletzt dank Ergebnissen aus der Arbeitsgruppe um Professor Frahm ist seit kürzlich ein umweltverträgliches Pflanzenschutzmittel aus Moosextrakt auf dem Markt, das Schnecken wirksam abschreckt. Inzwischen haben auch Biotechnologie-Firmen die Moose entdeckt: Die Forscher bringen ihnen beispielsweise bei, menschliche Eiweiße zu produzieren. Vorteil: Die Kulturen aus Mooszellen sind gefeit gegen Pilz- und Bakterienbefall - aus Sicht der Biotechnologen eine sehr nützliche Eigenschaft.
Das Lebermoos mit dem kryptischen Namen "Notothylas orbicularis" kommt hauptsächlich in Nordamerika vor. In Europa waren in den letzten hundert Jahren nur acht Funde gemeldet worden, bis ein Liebhaberbotaniker auf Stoppelfeldern südlich des Vogelbergs 1981 mehrere Pflanzen entdeckte. Seit 1991 steht es mit 25 weiteren Moosarten auf der "Roten Liste" der Berner Konvention, die EU-Länder zum umfassenden Schutz stark gefährdeter Arten verpflichtet.
Die Moosforscher durchkämmten auf einem Gebiet von rund 100 Quadratkilometern sämtliche noch vorhandenen Stoppelfelder. In der Nähe des hessischen Dorfes Wettges wurden sie schließlich fündig: Insgesamt elf der seltenen Lebermoos-Pflanzen zählten sie dort auf einem Acker. "Da das Überleben in der Natur nicht gesichert ist, nehmen wir das Moos nun an der Universität Bonn in Kultur", erklärt Professor Frahm. "So könnten wir es gegebenenfalls nachzüchten und später wieder aussetzen." Außerdem plant der Wissenschaftler molekulare Studien, um beispielsweise die Frage zu klären, wie nahe die Pflanze mit ihren nordamerikanischen Geschwistern verwandt ist.
"Stoppelfelder sind schützenswerte Lebensräume", betont der Biologe, "leider werden sie aber immer seltener." Häufig pflügen die Landwirte die Getreidefelder inzwischen direkt nach der Ernte um. Oder sie düngen die Stoppeläcker mit Gülle oder behandeln sie mit Totalherbiziden. "Danach ist dieser Lebensraum biologisch tot."
Ansprechpartner:
Professor Dr. Jan-Peter Frahm
Botanisches Institut der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-2121
E-Mail: frahm@uni-bonn.de
WWW: http://www.uni-bonn.de/Bryologie
http://www.uni-bonn.de/Aktuelles/Pressemitteilungen/318_02.html
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Informationstechnik, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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