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24.06.1998 00:00

Ameisen und Bienen enthüllen den Zustand tropischer Regenwälder

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Nachdem tropische Regenwälder in vielen Gebieten der Erde zu einem großen Teil bis in die jüngste Zeit durch Raubbau zerstört worden sind, setzt sich jetzt zunehmend die Einsicht durch, daß auch Regenwälder ein Kapital darstellen, das man nur bei nachhaltiger Bewirtschaftung langfristig nutzen kann. Vor diesem Hintergrund sind Ökologen der Universität Würzburg in einem malaysisch-deutschen Gemeinschaftsprojekt auf der Insel Borneo tätig.

    Doch tropische Regenwälder sind nicht nur als reine Einkommens- und Rohstoffquelle zu sehen. Sie tragen wesentlich zur Stabilisierung des Klimas bei, sind für den globalen und lokalen Wasserhaushalt wichtig und vermindern die Bodenerosion - um nur einige Punkte zu nennen. Die Notwendigkeit, den Regenwald nachhaltig zu bewirtschaften, wurde in den vergangenen Jahren immer stärker erkannt. Doch noch steht nicht fest, wie wirksam die bislang entwickelten Konzepte sind.

    Gegenwärtig wird die Nachhaltigkeit der Waldnutzung vor allem anhand des Aufwuchses wertvoller Nutzhölzer bewertet. Nach dem heutigen Wissensstand aber liefert die Tierwelt ein wesentlich klareres Bild vom Zustand eines Ökosystems. Dabei reagieren vor allem wirbellose Tiere wesentlich schneller und differenzierter auf Störungen als Pflanzen.

    In diesem Zusammenhang untersuchen die Würzburger Forscher, ob sich zwei ökologisch höchst bedeutsame Insektengemeinschaften - Ameisen der Laubstreu und stachellose Bienen - dazu eignen, den Zustand tropischer Regenwälder anzuzeigen. Das Projekt von Prof. Dr. Karl-Eduard Linsenmair, Inhaber des Lehrstuhls für Tierökologie und Tropenbiologie, wird unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) gefördert. Zwei Doktoranden leisten die Hauptarbeit. Außerdem sind Diplomanden und mehrere malaysische Examenskandidaten in die Arbeiten vor Ort eingebunden.

    Die Ökologen verfolgen drei Hauptziele. Zum einen sollen die durch verschiedene Holzeinschlagtechniken verursachten Schäden anhand ihrer Auswirkungen auf die genannten Tiergruppen bestimmt werden. Dann gilt es, sowohl bei Ameisen als auch bei stachellosen Bienen die Arten zu identifizieren, die für eine Abschätzung des Schadens am geeignetsten sind. Zudem soll durch die Standardisierung von Erfassungsverfahren eine effektive, schnell durchführbare und kostengünstige Methode entwickelt werden, mit der sich Eingriffe des Menschen in tropische Waldökosysteme bewerten lassen.

    Die Feldarbeit wird größtenteils im 55.000 Hektar großen "Deramakot Waldreservat" im malaysischen Teil der Insel Borneo durchgeführt, wo unterschiedlich stark gestörte Waldflächen mit weitgehend bekannter Nutzungsgeschichte existieren. Zudem werden geschlagene Stämme dort auch über Seilbahnrouten abtransportiert - ein für Boden und Vegetation möglicherweise schonenderes Verfahren. Ein spezielles Anliegen der Studie ist es, die ökologische Verträglichkeit dieser Methode im Vergleich zum herkömmlichen Abtransport der Stämme mit Traktoren zu testen.

    In der Laubstreu tropischer Regenwälder stellen Ameisen bis zu 50 Prozent der größeren Gliederfüßer. Die Würzburger Forscher interessieren sich vor allem für die Nistgewohnheiten, weil diese besonders abhängig von Mikroklima und Bodenstruktur sind. Beide Faktoren werden vom Holzeinschlag und -abtransport beeinflußt: Zum einen verdichtet der Einsatz schweren mechanischen Geräts den Boden. Außerdem zieht die Entfernung oder Beschädigung der Vegetation eine stark erhöhte Erosion und Veränderungen des Boden-Wasserhaushalts nach sich. Deshalb reagieren die Ameisen der Laubstreu vermutlich sehr empfindlich auf Holzeinschlagsmethoden.

    Auch die sozialen stachellosen Bienen sind ein charakteristischer Bestandteil tropischer Waldökosysteme. Weil sie über die Bestäubung zur Vermehrung wertvoller Nutzholzbäume beitragen, haben sie große ökonomische Bedeutung. Wie die Ameisen besitzen diese Bienen alle Eigenschaften, um als Indikatorgruppe zu dienen. Die verschiedenen Arten bauen ihre Nester vor allem in Baumhöhlen, zwischen und unterhalb von Baumwurzeln, innerhalb von Termiten- und Ameisennestern oder auch frei exponiert in der Vegetation. Das Angebot an derartigen Nistgelegenheiten dürfte bei verschieden stark beeinträchtigten Wäldern stark variieren.

    Die Würzburger Forscher werden unter anderem das Spektrum an Pflanzenpollen analysieren, das die stachellosen Bienen nutzen. Damit kann die Rolle eingeschätzt werden, welche die Insekten bei der Bestäubung ökonomisch bedeutender Nutzholzpflanzen spielen. Wenn entsprechende Kenntnisse vorliegen, erscheint es prinzipiell denkbar, in gestörten Wäldern die Nutzholzbestäuber gezielt zu fördern - zum Beispiel durch Nisthilfen oder durch die gezielte Schonung potentieller Nistbäume.

    Kontakt: Prof. Dr. Karl Eduard Linsenmair, Telefon (0931) 888- 4351, Fax (0931) 888-4352, E-Mail:
    ke_lins@biozentrum.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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