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Horrormeldungen über Patienten, die in der Klinik aufgrund von Krankenhausinfektionen noch kränker werden, immer mehr Krankheitserreger, gegen die Antibiotika nicht mehr wirken: Wie ernst ist die Situation? Immerhin wird aktuell für einen der häufigsten Erreger in deutschen Krankenhäusern, den Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA), vom Robert-Koch-Institut ein leichter Rückgang verzeichnet. Sind urologische Patienten besonders gefährdet? Was tun Urologen in Klinik und Praxis gegen Krankenhauskeime und multiresistente Erreger? Auf dem 65. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) vom 25. bis 28. September 2013 in Dresden gibt es Antworten.
„Krankenhausinfektionen und multiresistente Keime sind ernste Probleme. An den Bemühungen sie einzugrenzen, wirken wir Urologen in Studien und mithilfe neuer Leitlinien schon lange mit. Als Fach, in dem offen operiert wird, in dem Interventionen per Katheter an der Tagesordnung sind und in dem Krebs auch klassisch, das heißt mit allen Konsequenzen für das Immunsystem des Patienten, therapiert wird, existieren grundsätzlich Infektionsrisiken. In unseren Kliniken wird inzwischen sehr viel getan, um diese Risiken nicht zusätzlich durch den dortigen Aufenthalt zu erhöhen. Wichtigster Faktor ist dabei die Hygiene. Hygienepläne, Schulung des Personals und die Einhaltung der Hygieneverordnungen sind bei uns Standard. Zur nachhaltigen Problemlösung aber sind interdisziplinäre Maßnahmenbündel notwendig“, so DGU- und Kongresspräsident Prof. Dr. Michael Stöckle.
Die im Krankenhaus erworbenen Infektionen, auch Nosokomialinfektionen genannt, werden überwiegend durch Bakterien, seltener durch Viren ausgelöst und sorgen häufig für Komplikationen. Erschwert wird die Behandlung dadurch, dass zunehmend mehr Bakterien Resistenzen gegen eine oder mehrere Antibiotika-Gruppen entwickelt haben. „Multiresistente Erreger (MRE) machen zwar nicht kränker als in der Variante ohne Multiresistenz, sie reduzieren jedoch die Behandlungsmöglichkeiten erheblich“, sagt Prof. Dr. Mathias Herrmann. Der Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene des Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg sieht in der unkritischen Verabreichung von Antibiotika – auch in der fleischproduzierenden Tierzucht - eine wesentliche Ursache für die Bildung von Resistenzen.
„Bei jährlich etwa 20 Millionen stationären Aufnahmen in Deutschland gehen wir von rund einer halben Million Krankenhausinfektionen aus, die in bis zu 15.000 Fällen mit dem Tod des Patienten enden. Diese Zahlen sind jedoch zu relativieren, da viele Patienten die Erreger bereits mitbringen beziehungsweise sie zum inhärenten Risiko der Grunderkrankung des Patienten gehören“, so Prof. Dr. Herrmann. Wie viele dieser Infektionen sich verhindern ließen, sei zurzeit unklar: manche Experten schätzten bis zu ein Drittel.
Der Großteil der sogenannten Krankenhausinfektionen ist nach Ansicht des Mikrobiologen jedoch nicht vermeidbar. „Jede Harnröhre zum Beispiel ist mit allen möglichen Erregern besiedelt, und wenn ein Katheter in die Harnröhre eingeführt wird, können sie daran entlang in die Blase oder gar bis in die Nieren aufsteigen und für Infektionen sorgen“, erläutert Prof. Dr. Herrmann. Besonders gefährdet für Krankenhausinfektionen seien neben Menschen mit geschwächtem Immunsystem insbesondere Patienten, die frisch operiert worden sind, künstlich beatmet werden müssen oder bei denen Katheter in den Harnwegen oder einem Blutgefäß zum Einsatz kommen. Das Infektionsrisiko sei aber nicht auf Krankenhäuser beschränkt, sondern bestehe generell auch dort, wo ambulant operiert werde, sowie in Pflege- und Dialyseeinrichtungen und auch in Arztpraxen. Allerdings ist die Dichte von Krankenhauserregern dort nach Einschätzung des Experten wahrscheinlich niedriger als in Kliniken. Exakte Daten lägen dazu noch nicht vor.
Wie alle Fächer hat auch die Urologie laut Prof. Dr. Herrmann ihre charakteristischen Problemkeime: „Das ist durch die natürliche Besiedlung der Schleimhaut im Bereich der Harnröhrenmündung und ihre anatomische Nähe zum After begründet.“ So seien etwa Blasenentzündungen fast immer durch Bakterien aus der Darmflora verursacht. Ein außergewöhnliches Risiko für Krankenhausinfektionen gebe es in der Urologie aber nicht.
Während der Anteil nosokomialer Infektionen mit multiresistenten Erregern, insbesondere MRSA, in Deutschland mehr als 20 Prozent beträgt, liegt er in den Niederlanden unter fünf Prozent. Dafür haben in Holland vor allem ein generelles MRSA-Screening vor jeder stationären Aufnahme sowie die strenge Isolierung aller Verdachtsfälle gesorgt. Ein flächendeckendes Screening auf diesen auch außerhalb von Gesundheitseinrichtungen weit verbreiteten Erreger, der für gesunde Menschen keine Gefahr darstellt, bei Immungeschwächten indes zahlreiche Erkrankungen von Hautentzündungen bis zu lebensbedrohlichen Lungenentzündungen und Blutvergiftungen auslösen kann, gibt es in Deutschland nicht. Prof. Dr. Herrmann wird auf dem Dresdener Kongress-Forum „Bakterielle Multiresistenz: Die Herausforderung der Zukunft?“ dazu von den Ergebnissen eines landesweiten Testlaufs im Saarland berichten.
Patienten, die sich über die Hygienequalität einzelner Kliniken informieren wollen, empfiehlt der Infektionsarzt direkt nachzufragen: nach Hygieneplänen, entsprechendem Fachpersonal und der Hygiene-Infrastruktur. Angaben über Infektions- oder MRSA-Raten seien dagegen wenig hilfreich, da schon die Erfassung der Daten nicht einheitlich definiert sei.
Medienvertreter erwartet in der Messe Dresden ein voll ausgestattetes Presszentrum. Die Eröffnungs-Pressekonferenz findet am Donnerstag, dem 26. September 2013, 15:00 bis 16:30 Uhr statt. Ein Pressegespräch mit DGU- und Kongresspräsident Prof. Dr. Michael Stöckle ist für den 27. September, 12:00 bis 13:00 Uhr geplant. Akkreditierungen sind bereits jetzt unter www.dgu-kongress.de/index.php?id=317 möglich.
http://www.dgu-kongress.de/index.php?id=317 (Kongress-Akkreditierung für Medienvertreter)
http://www.urologenportal.de
http://www.dgu-kongress.de
65. DGU ongress in Dresden
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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