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Dass Vögel ihre Flugbewegungen durch ein Gleichgewichtsorgan im Innenohr steuern, ist in der Fachwelt bereits lange bekannt. Prof. Reinhold Necker (RUB) hat nach vierjähriger Forschung das zweite Gleichgewichtsorgan bei Tauben entschlüsselt. Er weist in seinem DFG-Projekt "Untersuchungen zur Funktion der akzessorischen Loben im Rückenmark der Tauben" das zusätzliche Gleichgewichtsorgan nach, das Vögeln das aufrechte Gehen und Stehen ermöglicht.
Bochum, 15.10.2002
Nr. 292
Warum Vögel nicht von der Stange fallen
RUB-Forscher entdecken zweites Gleichgewichtsorgan bei Vögeln
Funktion akzessorischer Loben im Rückenmark von Tauben
Dass Vögel ihre Flugbewegungen durch ein Gleichgewichtsorgan im Innenohr steuern, ist in der Fachwelt bereits lange bekannt. Prof. Reinhold Necker, Lehrstuhl für Tierphysiologie der RUB, hat nach vierjähriger Forschung das zweite Gleichgewichtsorgan bei Tauben entschlüsselt. Er weist anhand seines DFG-Projektes "Untersuchungen zur Funktion der akzessorischen Loben im Rückenmark der Tauben" das zusätzliche Gleichgewichtsorgan nach, das Vögeln das aufrechte Gehen und Stehen ermöglicht.
Die Kunst, aufrecht zu gehen
Da sich ihre Vorderbeine im Laufe der Evolution zu Flügeln umgewandelt haben, stehen oder gehen Vögel ausschließlich auf ihren Hinterbeinen, ähnlich wie der Mensch. Im Unterschied zum Menschen ist der Körper des Vogels jedoch horizontal ausgerichtet. Wissenschaftler konnten sich entsprechend lange nicht erklären, wie diese beim Gehen oder Sitzen auf Ästen oder Stangen das Gleichgewicht halten, zumal ihnen ein längerer Schwanz zum Ausgleichen fehlt. Biologen haben entsprechend schon lange vermutet, dass Vögel zusätzlich zum Innenohr ein weiteres Gleichgewichtsorgan im Körper besitzen. Dieses hat Prof. Necker nun in dem Bereich des Beckens, der für die Beine zuständig ist (Lumbosacralbereich) gefunden und seine Funktion entschlüsselt.
Funktion des Gleichgewichtsorgans
Im Lumbosacralbereich befinden sich Neuronen (Nervenzellen) in den seitlichen Auslappungen des Rückenmarks, in den sogenannten akzessorischen Loben (s. Abbildung), sowie große Flüssigkeitsräume (Liquor), die das Rückenmark umgeben. Über den Loben öffnen sich Bogengänge. Wie im Bogengangsystem des Innenohrs üben die Flüssigkeitsbewegungen einen mechanischen Reiz auf die Loben aus. In elektrophysiologischen und elektronenmikroskopischen Untersuchungen zeigte der Bochumer Biologe auf, dass die Neuronen mechanische Reize wahrnehmen können. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Neurone sowohl auf das motorische System der Beine weiterverschaltet als auch die Reize zur Korrektur der Bewegung an das Kleinhirn weitergeleitet werden. Auch aus Verhaltensexperimenten konnte Prof. Necker schlussfolgern, dass Loben Gleichgewichtsorgane für das Laufen und Sitzen bei Vögeln sind: Nachdem er die Flüssigkeitsräume geöffnet hatte, waren die Tiere mit zugebundenen Augen nicht mehr in der Lage, gerade zu stehen oder zu laufen. Sie fielen von ihrer Stange oder kippten nach allen Seiten. Fliegen konnten sie trotzdem, so dass der Wissenschaftler rückschloss, dass dieses Sinnesorgan primär auf die Beinmotorik wirkt.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Reinhold Necker, Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Biologie, Lehrstuhl für Tierphysiologie, D-44780 Bochum. Tel.: +49-(0)234 32 26640, Fax: +49-(0)234 32 06640, E-Mail: Reinhold.Necker@ruhr-uni-bochum.de, Internet: http://www.ruhr-uni-bochum.de/tierphys/HPNecker.html#Projekte
http://www.ruhr-uni-bochum.de/tierphys/HPNecker.html#Projekte
Schema des lumbosacralen Rückenmarks bei Tauben
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Informationstechnik
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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