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Wissenschaft
Bei mittlerer bis schwerer Demenz wirkt eine an die Betroffenen angepasste Ergotherapie. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler, die dazu im Auftrag des DIMDI die Wirksamkeit der Ergotherapie untersucht haben. Demnach kann sie auch kostengünstiger sein als eine medikamentöse Behandlung.
Die Wissenschaftler bewerteten das verfügbare Wissen auf Basis einer systematischen Literaturrecherche. Im jetzt vom DIMDI publizierten HTA-Bericht (Health Technology Assessment, wissenschaftliche Bewertung gesundheitsrelevanter Verfahren und Technologien) fassen sie ihre Ergebnisse zusammen. Er ist kostenfrei auf den Webseiten des DIMDI erhältlich.
Positive Effekte durch Ergotherapie
Der Bericht weist nach, dass sich ergotherapeutische Verfahren positiv auf unterschiedliche Lebensbereiche von Patienten auswirken. Die medizinischen Effekte unterscheiden sich je nach untersuchtem Behandlungsverfahren:
- Kognitive Stimulation (Training geistiger Funktionen wie Konzentrationsfähigkeit oder Gedächtnis): verzögert bei leichter bis mittlerer Demenz den geistigen Abbau und vermindert Verhaltensauffälligkeiten wie Aggression. Bei schwerer Demenz kaum wirksam.
- Sensorische Stimulation (Sinnesanregung und verstärkte Reizwahrnehmung, z.B. durch Licht, Musik oder Duft): zeigt positive Effekte in allen drei Stadien der Demenz, z.B. beim Sozialverhalten und täglichen Aktivitäten.
- Funktions- und Fertigkeitstraining (geistig wie körperlich): kann in Kombination mit anderen Verfahren Lebensqualität, Stimmung und Gesundheitszustand verbessern.
Auch Angehörigenberatung wirkt positiv. Sie entlastet Betreuende und steigert ihre Lebensqualität, sodass sie besser zum Therapieerfolg beitragen können. Zwei Studien belegen, dass Ergotherapie zudem kosteneffektiv ist. Die ergotherapeutische Behandlung verringert demnach Kosten für ärztliche, pflegerische und familiäre Betreuung. Eine weitere Studie gibt Hinweise darauf, dass durch Ergotherapie Demenzerkrankte um bis zu eineinhalb Jahre später in ein Heim kommen.
Bei anderen Behandlungsmethoden sind die Ergebnisse nicht eindeutig: Höchstens geringe Effekte finden die Autoren zur sogenannten Validation. Dabei wird im Umgang mit den Patienten ihre Vorstellungswelt angenommen. Auch zu Aktivierungskonzepten fehlen eindeutige Ergebnisse (anleiten dementer Patienten zu einer Aktivität). Multikomponentenprogramme, die kognitive Stimulation, Erinnerungsarbeiten und Entspannungsmaßnahmen kombinieren, zeigen zwar Erfolge. Unklar ist jedoch, ob dies auf die jeweiligen Therapien oder lediglich die regelmäßige Aktivierung zurückzuführen ist.
Aussagekraft der Studien eingeschränkt
Die Autoren betonen, dass methodische Einschränkungen die Aussagekraft der ausgewerteten Studien begrenzen. So berücksichtigen nur wenige Studien die verschiedenen Stadien der Erkrankung oder befassen sich ausdrücklich mit mittlerer bis schwerer Demenz. Auch die kurzen Beobachtungszeiträume nach einer Behandlung beurteilt der Bericht kritisch. Die meist wenigen Wochen bis maximal sechs Monate seien zu kurz, um Aussagen zur Entwicklung der Krankheit treffen zu können.
Fazit der Autoren
Trotz dieser Mängel empfehlen sie Ergotherapie bei moderater bis schwerer Demenz. Therapiemaßnahmen seien dabei an den Bedürfnissen der jeweiligen Patienten zu orientieren, so die Autoren. Positive Effekte sehen sie vor allem bei der Lebensqualität und dem Gemütszustand sowie im alltäglichen Leben von Patienten und Angehörigen. Zudem könne Ergotherapie ggf. Kosten gegenüber medikamentösen Therapien einsparen, da sie den medizinisch-pflegerischen Aufwand reduziert. Zu verbessern sei vor allem die begrenzte Datenlange. Dafür fordern die Autoren weitere Studien, die vor allem die unterschiedlichen Stadien der Demenz abbilden sollten.
Hintergrund
Ergotherapie setzt gezielt Aktivitäten als Behandlungsmaßnahme ein. Ziel ist eine möglichst hohe Lebensqualität im Alltag – auch ohne Medikamente. Geistige Leistungsfähigkeit und Selbstständigkeit im Alltag sollen dazu möglichst lange aufrechterhalten werden.
(Wirksamkeit von Ergotherapie bei mittlerer bis schwerer Demenz; Dieter Korczak, Carola Habermann, Sigrid Braz)
HTA-Berichte bei DAHTA
Die HTA-Berichte sind in der DAHTA-Datenbank beim DIMDI bzw. im HTA-Journal bei German Medical Science (GMS) kostenfrei als Volltext abrufbar. Für die Inhalte der HTA-Berichte sind die genannten Autoren verantwortlich. Alle durch die DAHTA beauftragten Berichte werden in einem standardisierten, anonymisierten Verfahren erstellt, um die Unabhängigkeit der Autoren zu gewährleisten.
Das DIMDI stellt über das Internet hochwertige Informationen für alle Bereiche des Gesundheitswesens zur Verfügung. Es entwickelt und betreibt datenbankgestützte Informationssysteme für Arzneimittel und Medizinprodukte und verantwortet ein Programm zur Bewertung gesundheitsrelevanter Verfahren und Technologien (Health Technology Assessment, HTA). Das DIMDI ist Herausgeber amtlicher medizinischer Klassifikationen wie ICD-10-GM und OPS und pflegt medizinische Terminologien, Thesauri, Nomenklaturen und Kataloge (z. B. MeSH, UMDNS, Alpha-ID, LOINC, OID), die für die Gesundheitstelematik von Bedeutung sind. Das DIMDI ermöglicht den Online-Zugriff auf seine Informationssysteme und rund 50 Datenbanken aus der gesamten Medizin. Dafür entwickelt und pflegt es moderne Software-Anwendungen und betreibt ein eigenes Rechenzentrum.
http://www.dimdi.de/de/linkgalerie/hta-bericht-343.elnk - HTA-Bericht: Volltext (PDF 672 kB)
http://www.dimdi.de/de/linkgalerie/hta-bericht-343-zusammenfassung.elnk - HTA-Bericht: Kurzfassung (PDF 31 kB)
http://www.dimdi.de/de/hta/db/index.htm - HTA-Berichte beim DIMDI suchen
http://www.dimdi.de/de/hta/index.htm - HTA beim DIMDI
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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