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23.10.2013 18:00

Gemeinsame Ursache von Fehlgeburten, Krebs und Down Syndrom – 108. Internationale Titisee Konferenz

Kirsten Achenbach Communications
Boehringer Ingelheim Stiftung

    Gewinnt oder verliert eine Zelle große Teile ihrer Erbinformation, nennt man dies Aneuploidie. Auf der 108. Internationalen Titisee Konferenz (ITC) „Gründe und Konsequenzen von Aneuploidie“ diskutieren führende Forscher den rasanten Fortschritt im Verständnis der Prozesse, die zu Aneuploidie führen und wie diese sich auf Zellen auswirkt. In Körperzellen kann Aneuploidie Krebs auslösen; in Spermien und Eizellen kann sie Fehlgeburten oder Krankheiten wie das Down Syndrom verursachen. Die 108. Internationale Titisee Konferenz wird vom Boehringer Ingelheim Fonds organisiert und von Prof. Angelika Amon geleitet. Sie findet vom 24.-27. Oktober 2013 in Titisee-Neustadt statt.

    In den meisten Organismen ist das genetische Material, die DNA, in sogenannten Chromosomen verpackt. Vor der Zellteilung kopiert die Ursprungszelle ihre DNA, um beiden Tochterzellen die richtige Anzahl an Chromosomen mitgeben zu können. Aneuploidie kommt meistens zustande, wenn die DNA nicht gleichmäßig auf die Tochterzellen verteilt wird, so dass Zellen entstehen, die große Teile oder sogar ganze Chromosomen gewonnen oder verloren haben. Geschieht dies in Spermien oder Eizellen, sind alle Zellen des wachsenden Organismus betroffen. Solche Ganzkörper-Aneuploidie ist der häufigste Grund für Fehlgeburten und geistige Behinderung beim Menschen. Aneuploidie ist außerdem eng mit Krebs assoziiert. Etwa 90 Prozent aller festen Tumore und 75 Prozent aller Blutkrebsarten weisen veränderte Chromosomenzahlen auf. Wie dies zur Entstehung von Krebs beiträgt ist noch nicht genau verstanden und Gegenstand der Konferenz.

    Um sich gesund zu entwickeln, muss die Aktivität aller Gene und damit die Menge ihrer Produkte, der Proteine, sorgfältig kontrolliert werden. „Einzelne Zellen und damit der sich entwickelnde Organismus können es oft kompensieren, wenn eine Kopie eines einzelnen Genes verloren geht oder hinzukommt. Aber wenn – wie bei der Aneuploidie – eine große Anzahl von Proteinen betroffen ist, geraten die Zellen in Schwierigkeiten“, erklärt Prof. Angelika Amon vom Massachusetts Institut für Technologie (MIT) in Cambridge, USA, und Leiterin der 108. ITC. „Es ist leicht zu verstehen, dass fehlende oder zu geringe Mengen gleich mehrerer Proteine der Zelle Probleme bereiten – ihr fehlen die Werkzeuge für wichtige Aufgaben. Aber liegen zu viele Proteine im Überschuss vor, ist dies genauso schlecht: Sie verstopfen die Fabrikations- und Recyclingprozesse der Zelle und behindern andere Proteine bei der Arbeit, indem sie deren Bindungspartner besetzen und bringen so das empfindliche Gleichgewicht in der Zelle durcheinander. Aufgrund der tiefgreifenden Auswirkungen der Aneuploidie ist es wichtig, zu verstehen, wie die Chromosomen bei der Zellteilung verteilt werden und wie dort Fehler entstehen können.“

    Die 108. ITC bringt führende Forscher zusammen, die auf diesen Gebieten arbeiten. Aufgrund neuer Erkenntnisse haben sie neue Theorien entwickelt, wie Fehler bei der Chromosomenverteilung entstehen und wie dies zu Krebs führen kann. Die erst kürzlich entwickelten Maus-Modelle zur Untersuchung von Aneuploidie versetzen die Forscher jetzt in die Lage, diese Hypothesen zu testen. Davon erwarten sie sich fundamentale Erkenntnisse, auch darüber wie Krebs entsteht und hoffen, den Weg für Medikamente zu bereiten, die gezielt aneuploide Krebszellen bekämpfen. „In der letzten Zeit haben wir viel darüber herausgefunden, welche Mechanismen die Trennung der Chromosomen bei der Zellteilung bestimmen. Mit den neuen Maus-Modellen haben wir jetzt deutlich bessere Möglichkeiten, um mit Aneuploidie zusammenhängende Krankheiten wie Krebs zu verstehen“ sagt Prof. Don W. Cleveland vom Ludwig Institut für Krebsforschung an der Universität von Kalifornien, San Diego in den USA und Co-Leiter der Konferenz.

    Ganzkörper- versus Mosaik-Aneuploidie

    Die Ganzkörper-Aneuploidie, bei der alle Zellen im Körper betroffen sind, ist die schwerwiegendere Form: Sie ist für den Embryo in der Regel tödlich. Nur wenn ein X-Chromosom vorhanden ist, das zweite Geschlechtschromosom aber komplett fehlt, überlebt der Embryo. Ein überzähliges Chromosom in allen Körperzellen bezeichnet man als Ganzkörper-Trisomie. Kinder bei denen dies der Fall ist, erreichen das Erwachsenenalter nur wenn eines der Geschlechtschromosomen X oder Y oder das Chromosom 21 betroffen sind. Letzteres führt zu Down Syndrom, auch bekannt als Trisomie 21. Mosaik-Aneuploidie entsteht, wenn Fehler in der Verteilung der DNA später in der embryonalen Entwicklung oder erst nach der Geburt auftreten. Entsprechend hat nur ein Teil der Körperzellen eine abweichende Chromosomenzahl. Auch dies führt häufig zu ähnlichen Problemen wie eine Ganzkörper-Aneuploidie, je nachdem wie viele Zellen betroffen sind. So tritt das Down Syndrom in seltenen Fällen auch in der Mosaik-Variante auf.

    Auch in der 108. Auflage noch frisch

    Die erste Internationale Titisee Konferenz fand bereits vor 51 Jahren statt. „Doch das ursprüngliche Konzept erweist sich immer noch als zugkräftig: Man nehme einen attraktiven Ort. Man bringe eine übersichtliche Anzahl führender Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen zusammen, die sich normalerweise nicht treffen und arrangiere drei Tage ohne die Hektik des Laboralltags. So können sie frische Blickwinkel finden und neue Kooperationen gründen, die das Feld voranbringen”, sagt Dr. Claudia Walther, Geschäftsführerin des Boehringer Ingelheim Fonds (BIF). Nur etwa 60 Teilnehmer werden pro Konferenz eingeladen, die alle für die gesamte Dauer der Konferenz anwesend sein müssen. Dies gibt ausreichend Zeit für Diskussionen und den Aufbau neuer Kooperationen. Die Themen und Konferenzleiter werden vom wissenschaftlichen Kuratorium des BIF bestimmt. Der BIF übernimmt alle finanziellen und organisatorischen Aspekte. Die Konferenzleiter müssen nur das Thema präzisieren und entscheiden, wen sie einladen wollen. “Ich bin stolz, das ich ausgewählt wurde eine dieser hochangesehenen Konferenzen zu leiten”, erklärt Angelika Amon, “und ich freue mich auf eine entspannte Atmosphäre, in der wir aufregende neue Ideen entwickeln können. Mit jedem Stück Wissen kommen wir dem Ziel näher, wirksame Therapien für die vielen mit Aneuploidie verbundenen Krankheiten zu finden.“


    Hintergrund:
    Die Internationalen Titisee Konferenzen finden seit 1962 statt. Die behandelten Themen der halbjährlichen Treffen decken die gesamte Bandbreite der biomedizinischen Grundlagenforschung ab, von „Das dynamische Gehirn“ bis zu „Protein Design am Kreuzweg zwischen Biotechnologie, Chemie und Evolution“. Seit 1983 finanziert und organisiert sie der Boehringer Ingelheim Fonds (BIF), eine unabhängige und gemeinnützige Stiftung zur Förderung der medizinischen Grundlagenforschung. Der BIF vergibt außerdem internationale Langzeitstipendien für exzellente naturwissenschaftliche Doktoranden und angehende Mediziner sowie Reisebeihilfen für Doktoranden und Postdoktoranden. (www.bifonds.de).

    Kontakt:
    Konferenzleitung:
    Prof. Angelika Amon
    Kathleen and Curtis Marble Professor of Cancer Research
    Koch Institute for Integrative Cancer Research
    Howard Hughes Medical Institute
    Massachusetts Institute of Technology
    Tel: +1 617 258 8964
    Mail: angelika@mit.edu
    https://biology.mit.edu/people/angelika_amon

    Boehringer Ingelheim Fonds
    Kirsten Achenbach
    Kommunikation
    Tel: +49 (0)6131 / 27 50 816
    Mobil: +49 (0) 151 / 46 701 921
    Mail: kirsten.achenbach@bifonds.de
    http://www.bifonds.de


    Weitere Informationen:

    https://biology.mit.edu/people/angelika_amon - Webseite von Prof. Angelika Amon
    http://www.bifonds.de - Webseite des BIF


    Bilder

    Anhang
    attachment icon Programm 108. ITC Gründe und Konsequenzen von Aneuploidie

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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