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14.11.2013 20:00

Europäer sind als Erste auf den Hund gekommen

Dr. Karl Guido Rijkhoek Hochschulkommunikation
Eberhard Karls Universität Tübingen

    Internationales Forscherteam unter Beteiligung der Universität Tübingen untersucht die Domestikationsgeschichte des Hundes

    Bisher war umstritten, wann und wo der Wolf zum Haustier Hund wurde: Die Domestikation schien vor 15.000 Jahren in Ostasien begonnen zu haben, doch die ältesten Überreste von hundeartigen Tieren stammten aus Europa und Sibirien bereits aus der Zeit vor etwa 30.000 Jahren. In einem internationalen Forscherteam koordiniert durch Dr. Olaf Thalmann von der Universität Turku in Finnland, haben unter anderem Professor Johannes Krause und Professor Hans-Peter Uerpmann vom Institut für Naturwissenschaftliche Archäologie der Universität Tübingen genetische Daten zahlreicher prähistorischer Hunde und Wölfe mit denen von modernen Tieren verglichen. Danach stammen alle heute lebenden Hunde von europäischen Vorfahren ab. Die Domestikation nahm ihren Anfang im Zeitraum vor 18.800 bis 32.100 Jahren zum Höhepunkt der letzten großen Eiszeit, als europäische Jäger und Sammler die ersten Wölfe zähmten. Die neuen Forschungsergebnisse werden am 15. November in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.

    Hunde sind eines der bekanntesten Beispiele für Haustiere, deren große Vielfalt an Erscheinungsformen mit eigenen Rassen und deren geografisches Verbreitungsgebiet maßgeblich durch Menschen bestimmt wurden. Genetisch unterscheiden sich Hund und Wolf bis heute nicht prinzipiell. Ihre Schädel weisen in der Form einige Unterschiede auf, vor allem ist die Schnauze beim Hund kürzer als beim Wolf. Erste Ansätze, die Abstammungslinien des Hundes zu klären, legten nahe, dass ihre Vorfahren im Mittleren Osten oder in Ostasien gelebt hatten. In der neuen Studie haben die Forscher erstmals in einer umfassenden genetischen Analyse 18 prähistorische Hundeartige und Wölfe mit 77 modernen Hunden und 49 Wölfen verglichen, darunter so verschiedene Tiere wie den Basenji aus Zentralafrika, den australischen Wildhund Dingo, die in Nordamerika verbreiteten Kojoten als wilde Hundeart sowie mehrere chinesische Hunderassen. Bei den prähistorischen Hunden erwiesen sich vor allem Hundeknochen aus dem 14.700 Jahre alten Doppelgrab eines Mannes und einer Frau in Oberkassel bei Bonn als bedeutsam sowie ein etwa 12.500 Jahre alter Hundefund aus der Karsteinhöhle bei Mechernich in Nordrhein-Westfalen.

    Grundlage der Studie war das Erbgut der Mitochondrien, Zellorganellen, die neben dem Zellkern eigene Gene besitzen. Die Forscher nutzten die genetischen Daten, um zu bestimmen, wo und wann sich Hunde von Wölfen abgespalten haben. Der Tübinger Paläogenetiker Johannes Krause brachte seine Expertise in der Bearbeitung alter DNA in die Studie ein. Da das Molekül mit der Erb-information über die Jahre zersetzt wird, musste das Erbgut mit aufwendigen Techniken aus Bruchstücken rekonstruiert werden.

    Das Ergebnis der Analysen überraschte auch die Forscher. „Ich war verblüfft, wie deutlich herauskam, dass die heute lebenden Hunde alle auf gemeinsame Stammbäume zurückgehen, nämlich vier Abstammungslinien, die alle in Europa ihren Anfang nahmen“, sagte Olaf Thalmann. Ein Großteil der Proben von Hunden aus aller Welt ließ sich einer Abstammungslinie zuordnen, die enge Verwandtschaft zu einem prähistorischen Wolf aus dem Kesslerloch zeigt, einer Höhle im Schweizer Kanton Schaffhausen. Aus den molekularen Daten haben die Forscher errechnet, zu welcher Zeit der Wolf domestiziert wurde: Dies geschah vor 18.800 bis 32.100 Jahren. „Damit gab es den Hund als Haustier, lange bevor zum Beispiel Ziegen, Schafe oder Rinder domestiziert wurden“, sagte Krause. Die Haltung des Haustiers Hund ging sogar dem Aufkommen der Landwirtschaft voraus und trat noch in der Kultur europäischer Jäger und Sammler auf.

    Originalpublikation:
    O. Thalmann, B. Shapiro, P. Cui, V. J. Schuenemann, S. K. Sawyer, D. L. Greenfield, M. B. Ger-monpré, M. V. Sablin, F. López-Giráldez, X. Domingo-Roura, H. Napierala, H-P. Uerpmann, D. M. Loponte, A. A. Acosta, L. Giemsch, R. W. Schmitz, B. Worthington, J. E. Buikstra, A. Druzhkova, A. S. Graphodatsky, N. D. Ovodov, N. Wahlberg, A. H. Freedman, R. M. Schweizer, K.-P. Koepfli, J. A. Leonard, M. Meyer, J. Krause, S. Pääbo, R. Green, R. K. Wayne: Complete Mitochondrial Genomes of Ancient Canids Suggest a European Origin of Domestic Dogs. Science, 15. November 2013.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Johannes Krause
    Universität Tübingen
    Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
    Institut für Naturwissenschaftliche Archäologie
    Telefon +49 7071 29-74089
    johannes.krause[at]uni-tuebingen.de

    Dr. Olaf Thalmann
    Universität Turku
    Abteilung Biologie, Sektion Genetik und Physiologie
    olatha[at]utu.fi


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Biologie, Geschichte / Archäologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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