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Wissenschaft
Die These, dass es in den vergangenen Jahren zu einer Vernachlässigung öffentlicher Infrastrukturinvestitionen insbesondere im Verkehrsbereich gekommen sei, ist inzwischen beinahe schon Allgemeingut geworden. Auch in den laufenden Koalitionsverhandlungen wird daher kaum noch bestritten, dass es einen Bedarf an zusätzlichen Investitionen in diesem Bereich gäbe. Eine jüngst erarbeitete Studie der Niederlassung Dresden des ifo Instituts und der TU Dresden (Professur für Verkehrswirtschaft und internationale Verkehrspolitik) im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) zeigt indes, dass von einem „infrastrukturellen Nachholbedarf“ in Deutschland nicht ohne weiteres gesprochen werden kann. Vielmehr ist in dieser Frage eine weitaus differenziertere Betrachtung erforderlich als gemeinhin angenommen.
Zwar war insbesondere im Zeitraum 1992 - 2005 ein Rückgang der öffentlichen Infrastrukturinvestitionen in Deutschland zu verzeichnen. Hierin kann jedoch nicht ohne weiteres ein Beleg für eine Vernachlässigung öffentlicher Investitionen gesehen werden. Vielmehr spielen hierbei (neben statistischen Gründen) Sondereffekte wie das Ende des Nachholbedarfs in den neuen Ländern sowie Sättigungseffekte, wie sie in Staaten mit bereits hoher Infrastrukturausstattung und hohem Pro-Kopf-Einkommen zu erwarten sind, eine gewichtige Rolle. Die im internationalen Vergleich relativ niedrige Investitionsquote in Deutschland liegt zudem auch daran, dass hierzulande die Preise für Infrastrukturgüter weniger stark angestiegen sind als in anderen Ländern, die teilweise Überinvestitionen auf ihren Immobilienmärkten erlebt haben.
Unstrittig ist zwar, dass es in Teilbereichen der öffentlichen Infrastruktur Defizite gibt, die sich negativ auch auf die regionale wirtschaftliche Entwicklung auswirken können. Eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien zeigt jedoch, dass die gesamtwirtschaftlichen Wachstumseffekte zusätzlicher Infrastrukturinvestitionen zumindest in hoch entwickelten Ländern im Regelfall sehr gering ausfallen. Statt eines breitflächigen Ausbaus von Infrastrukturen sollte der Fokus der künftigen Infrastrukturpolitik in Deutschland daher auf die Instandsetzung sowie auf die Beseitigung von Engpässen gelegt werden. Erhaltungsinvestitionen sollte daher der Vorrang vor dem Neubau von Infrastrukturen gegeben werden. Nicht vernachlässigt werden sollten schließlich die Ausnutzung bestehender Kostensenkungspotenziale in Planung und Ausbau von Infrastrukturen, eine effizientere Nutzung der vorhandenen Infrastrukturkapazitäten sowie einfachere administrative Verfahren.
Die Ergebnisse der Studie leisten einen wichtigen Beitrag zur Bewertung von Infrastrukturlücke und -bedarf in Deutschland. Sie zeigen, dass öffentliche Ausgaben für die Infrastruktur nicht per se vorzugswürdig sind, sondern einer wirtschafts- und finanzpolitischen Gesamtabwägung unterliegen müssen.
Der Endbericht des Gutachtens mit dem Titel „Öffentliche Infrastrukturinvestitionen: Entwicklung, Bestimmungsfaktoren und Wachstumswirkungen“ ist unter
http://www.bmwi.de/DE/Mediathek/publikationen,did=599804.html verfügbar. Weitere Informationen zum Projekt finden Sie auf den Internetseiten des ifo Instituts unter www.ifo-dresden.de.
Informationen für Journalisten
Prof. Dr. Bernhard Wieland, Professur für Verkehrswirtschaft und internationale Verkehrspolitik, Tel. +49 351 463-36790
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Verkehr / Transport
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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