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02.12.2002 11:31

Nur der "harte Kern" wird gewalttätig. KU-Studie über Rechtsextremismus bei bayerischen Jugendlichen

Dr. Thomas Pleil Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt

    Die Mehrheit der bayerischen Schülerinnen und Schüler, nämlich 93 Prozent, steht rechtsextremen Haltungen und Gewalt distanziert gegenüber. Allerdings ist die Ablehnung gegenüber Ausländern weiter verbreitet und auch der Nationalsozialismus wird von vielen Jugendlichen verharmlost. Dies sind einige Ergebnisse einer jetzt veröffentlichten Studie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt in welchem Umfang junge Menschen rechtsextreme Einstellungen vertreten und wie sehr sie Gewalt akzeptieren oder sogar selbst gewalttätig sind.

    Das Forscherteam um den Soziologen Professor Dr. Siegfried Lamnek befragte bei einer im Frühjahr 2001 durchgeführten repräsentativen Studie mehr als 5000 Schülerinnen und Schüler der Klassen 8 bis 13 an allgemein bildenden und beruflichen Schulen in Bayern.

    Aber auch wenn die Zahlen einen positiven ersten Eindruck vermitteln, so sind andere Aspekte der Befragung doch eher Besorgnis erregend. So ist eine ablehnende Haltung gegenüber Ausländern, die auf scheinbar "rationalen" Gründen beruhen, wie etwa die Aussage "Die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg", bei den Jugendlichen am stärksten ausgeprägt. Hervor stechen auch eine verharmlosende Haltung zum Nationalsozialismus und eine kritische Sicht zur Aufklärung über Verbrechen des Dritten Reichs. Hier äußern die Forscher die Hoffnung, dass dieses Ergebnis mit einer gewissen Ermüdung und Abneigung gegen schulische Aufklärungskampagnen zu erklären ist.

    Insgesamt wurden sieben Dimensionen von Rechtsextremismus untersucht. Weitere Kategorien waren Ethnozentrismus, Sexismus, Emotionale Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und eine allgemeine Ideologie der Ungleichheit. Bei allen Kategorien ließ sich zeigen, dass die Intensität des Kontakts zu Ausländern in direktem Zusammenhang zum Grad des Rechtsextremismus steht: Je weniger Kontakt Jugendliche zu Ausländern haben, desto stärker zeigen sie rechtsextreme Tendenzen. Geschlecht und Bildungsniveau spielen für rechte Einstellung auch eine Rolle. Männliche Jugendliche mit niedrigem Bildungsstand sind am auffälligsten.

    Auch Gewalt ist ein überwiegend männliches Problem. Dabei ist die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Clique und die Orientierung an einer entsprechenden Jugendszene ein entscheidender Faktor. Die Analyse der Gewaltakzeptanz und der Gewalttätigkeit der befragten Jugendlichen lässt die Vermutung zu, dass Gewalthandlungen oft durch situative Bedingungen, insbesondere durch das Auftreten in Gruppen beeinflusst werden.

    Zum Schluss wird auch die Frage gestellt, wie die Gesellschaft den Problemen begegnen soll; dass Ausgrenzung, Stigmatisierung und Kriminalisierung von rechtsextremen jungen Menschen kontraproduktiv sind, steht für die Forscher fest. Vielmehr müssten die betroffenen Jugendlichen durch ein Netz aus Anerkennung und Respekt auf der Basis wechselseitigen Verständnisses aufgefangen werden, indem ihnen aber zugleich auch die Grenzen aufgezeigt werden.

    Der Abschlussbericht der Studie liegt jetzt als Buch vor:
    Marek Fuchs/Siegfried Lamnek/Ralf Wiederer: Querschläger. Jugendliche zwischen rechter Ideologie und Gewalt. Opladen 2002, Lesek + Budrich, ISBN: 3-8100-3602-1.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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