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Wissenschaft
14.07.1998
Überblick im medizinischen Daten-Dschungel:
Das deutsche "Cochrane Zentrum"
an der Freiburger Universität
Das Deutsche Cochrane Zentrum, welches kürzlich am Institut für Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg eingerichtet wurde, schließt eine Lücke in der wissenschaftlichen Absicherung von Therapieverfahren. Als jüngstes von weltweit 15 Cochrane-Zentren sam-melt und bewertet es klinische Studien zur Therapie- und Wirksamkeitsfor-schung. Die Freiburger Gruppe um Professor Dr. Rüdiger Klar und Dr. Gerd Antes vom Institut für Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik be-treuen dabei den gesamten deutschen Sprachraum.
In den letzten Jahren wurde immer häufiger gefordert, Diagnose- und Thera-pieverfahren so weit wie möglich wissenschaftlich abzusichern. Dies ist nach gegenwärtigen Schätzungen nur für 20-40 % der medizinischen Einrichtungen gegeben. Diese sogenannte Evidenz-basierte Medizin (Evidence Based Medici-ne, EBM) benötigt jedoch verlässliche Wirksamkeits-Studien, die aus der Flut von jährlich 2 Mio. Artikeln in 10.000 medizinischen Fachjournalen immer schwerer herauszufiltern sind.
Mit dem Ziel, die Umsetzung klinischer Studien in eine bessere Patientenver-sorgung zu erleichtern, haben deshalb Wissenschaftler und Mitarbeiter ver-schiedener Gesundheitssysteme vor fünf Jahren die internationale Cochrane Collaboration gegründet. Die weltweit über 3.000 Personen sammeln Studien aus allen medizinischen Bereichen und verfassen dazu Übersichtsarbeiten (Reviews). Darin diskutieren sie Forschungsergebnisse, trennen bei den erfaß-ten Studien die Spreu vom Weizen und geben Empfehlungen für die Praxis. So wird die für den Einzelnen unüberschaubare Informationsfülle auf nachvollzieh-bare Art verdichtet, bewertet und für den Praktiker handhabbar gemacht. Weil diese Arbeiten nach festgelegten Regeln und hohen Qualitätsmaßstäben ver-faßt werden, können sie Fehler und Verzerrungen, die sich auf dem langen Weg von der Forschung bis zur praktischen Anwendung einschleichen, mini-mieren. In diesem methodisch anspruchsvollen und arbeitsaufwendigen Projekt arbeiten Mediziner, Bibliothekare, Informationswissenschaftler und Medizinsta-tistiker eng zusammen.
Ergänzt wird dieses Spektrum durch Angehörige der Gesundheitssysteme und Patienten, die insbesondere Beiträge bezüglich der Prioritätensetzung und zur Relevanz der Fragestellungen bringen.
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Die Reviews werden laufend aktualisiert und auf CD-ROM und über das Inter-net (http://www.cochrane.de) verbreitet. Schwerpunkte sind bislang die The-rapieforschung, also der Wirksamkeitsnachweis bestimmter Medikamente und Behandlungsmethoden. Dabei versuchen die Cochrane-Mitarbeiter neben ver-öffentlichtem Material auch in der "grauen Literatur" oder gar nicht veröffent-lichte Studien miteinzubeziehen. Auf diese Weise soll die Verzerrung ausgegli-chen werden, die entsteht, wenn nur Versuche mit positivem Ausgang publik gemacht werden.
Zielgruppe der Cochrane-Reviews sind zunächst die behandelnden Ärzte, dar-über hinaus auch Gesundheitspolitiker und Patienten.
Die Cochrane Collaboration nennt sich nach dem englischen Epidemiologen A. Cochrane, der vor über 20 Jahren die Zusammenfassung klinischer Studien im Interesse sicherer Therapieentscheidungen forderte. Erste systematische Re-views entstanden daraufhin in Oxford; sie beschäftigten sich mit der Wirksam-keit von Hormongaben bei drohender Frühgeburt. Erst die Zusammenfassung vieler Einzelstudien brachte in den 80er Jahren den Nachweis, daß die Kinder-sterblichkeit mit dieser Therapie um ein Drittel gesenkt werden kann.
Kontakt:_____________________________________________________
Dr. Gerd Antes
Prof. Dr. Rüdiger Klar
Institut für Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik
Abt. f. Medizinische Informatik
Stefan-Meier-Str. 26
79104 Freiburg
Tel. 07 61 / 2 03 - 6715
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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