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Wissenschaft
Forscher des Leibniz-Instituts für Altersforschung (FLI) in Jena widmen sich der Neurofibromatose (NF), einer Gruppe von Erbkrankheiten, die zu einem unkontrollierten Wachstum von Nerven- und Bindegewebe führt. Ihnen gelang der Nachweis, das für NF2 defekte Nervenzellfortsätze verantwortlich sind; ein neuer Ansatz für die Wirkstoffsuche. Ein interdisziplinäres Team von Spitzenforschern hat sich nun in den USA zusammengeschlossen und das Synodos-Konsortium gebildet. Ziel ist die enge Zusammenarbeit und der rasche Austausch von Ergebnissen, um die Forschung und Medikamentenentwicklung voranzutreiben. Zum Spitzenteam gehört als international ausgewiesene Expertin auch Dr. Helen Morrison (FLI).
Neurofibromatose (NF) bezeichnet eine Gruppe von Erbkrankheiten, die zu einem unkontrollierten Wachstum von Nerven- und Bindegewebe führen. Schätzungsweise 40.000 Menschen sind davon allein in Deutschland betroffen. Klinische Bedeutung besitzt der am häufigsten vorkommende Neurofibromatose Typ 1 (NF1, Morbus Recklinghausen), der vor allem Hautveränderungen hervorruft (Pigmentflecken und gutartige Knötchen), aber auch der seltener auftretende Neurofibromatose Typ 2 (NF2), der zu gutartigen Tumoren führt, die meist vom Hirngewebe und von den Hirnnerven ausgehen. Bis heute sind alle Formen der Neurofibromatose kausal nicht heilbar.
Die Children’s Tumor Foundation, eine gemeinnützige Medizin-Stiftung zum Wohl Neurofibromatose-Erkrankter und ihrer Familien (http://www.ctf.org/), startet jetzt eine wichtige Forschungskollaboration, das Synodos-Konsortium. Dieses Konsortium besteht aus einem Team von Spitzenforschern auf diesem Gebiet, die zukünftig bei der Forschung eng zusammenarbeiten und Informationen, Datensätze und Ergebnisse austauschen, um den Prozess der Arzneimittelforschung und -entwicklung zu beschleunigen. “Der einzigartige, besondere Wert dieses Konsortiums liegt in seiner kooperativen und multidisziplinären Aktivität“, unterstreicht Dr. Annette Bakker, Präsidentin und Chief Scientific Officer der Children’s Tumor Foundation. „Es bringt die Forscher auf eine Art und Weise zusammen, die es ermöglicht, NF2 mit all seinen Charakteristika und Erscheinungen zu verstehen.“
„Synodos“ ist eine Kombination der altgriechischen Worte „Syn“ und „Odos“ und bedeutet „zusammen auf dem selben Weg arbeiten”. Diese gleichgerichtete Zielstrebigkeit vereint die Neurofibromatose-Forscher bei ihrer Zusammenarbeit, um „frei von bürokratischen Hindernissen, Strategien zu entwickeln und Forschung zu betreiben”, so Bakker weiter. Die Forscher haben dabei verschiedene wissenschaftliche Hintergründe - von der Grundlagenforschung über die translationale Forschung bis zu Kliniken. An der Initiative ist auch Sage Bionetworks beteiligt. Es stellt sicher, dass die Daten und neu gewonnenes Wissen schnellstmöglich zwischen allen Konsortiumsmitgliedern ausgetauscht und darüber hinaus auch öffentlich zugänglich gemacht wird, um Dritten zu ermöglichen, gewonnene Daten für ihre Zwecke zu nutzen.
Im Synodos-Konsortium sind Experten unterschiedlichster Exzellenzzentren der USA vereint, z.B. von der Johns Hopkins University, Ohio State University, Massachusetts General Hospital and Harvard Medical School. Zu dem ausgewähltem Expertenteam gehört als einzige internationale Vertreterin die Neurobiologin Dr. Helen Morrison, Nachwuchsgruppenleiterin am Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena. „Wir sind sehr froh und stolz, mit unserer Forschungsarbeit in Deutschland und unserer Expertise, diese Initiative unterstützen zu können und freuen uns auf die enge Zusammenarbeit im Synodos-Konsortium“, unterstreicht Dr. Helen Morrison.
In Kooperation mit Kollegen in Deutschland, Frankreich, England und den USA hatte sie mit ihrem Team erst kürzlich einen bis dato unbekannten Mechanismus entdeckt, der die Zerstörung peripherer Nerven erklärt und auch bei NF2-Patienten nachweisbar ist. Darüberhinaus konnten sie zeigen, dass ihre Ergebnisse Bedeutung für die Entstehung von Tumoren haben, dem größten Problem von NF2-Patienten. Damit erweiterte sich die Sicht auf Axone als mögliche Targets für die Behandlung von Neurofibromatose und anderen Erkrankungen des peripheren Nervensystems; wichtige Erkenntnisse, die zur Entwicklung von Medikamenten führen könnten.
Die Children’s Tumor Foundation unterstützt seit September 2012 ein aktuelles Forschungsprojekt am FLI zum Thema “Axonal merlin regulates Schwann cell behavior via neuregulin signalling“ mit $64,000.
Publikationen:
Schulz A, Kyselyova A, Baader SL, Jung MJ, Zoch A, Mautner VF, Hagel C, Morrison H. Neuronal merlin influences ERBB2 receptor expression on Schwann cells through neuregulin 1 type III signalling. Brain. 2014, 137, 420-432.
Schulz A, Baader SL, Niwa-Kawakita M, Jung MJ, Bauer R, Garcia C, Zoch A, Schacke S, Hagel C, Mautner VF, Hanemann CO, Dun XP, Parkinson DB, Weis J, Schröder JM, Gutmann DH, Marco Giovannini M, Morrison H. Merlin isoform 2 in neurofibromatosis type 2-associated polyneuropathy. Nat Neurosci. 2013, 16, 426-433.
Kontakt:
Dr. Kerstin Wagner
Leibniz-Institut für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI)
Beutenbergstr. 11, 07745 Jena
Tel.: 03641-656378, Fax: 03641-656351, E-Mail: presse@fli-leibniz.de
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Hintergrundinfo
Unter Neurofibromatose wird eine Gruppe von Erbkrankheiten zusammengefasst, die zu unkontrolliertem Wachstum von Nerven- und Bindegewebe führen, so dass zahlreiche überwiegend gutartige Tumoren der Haut und des ganzen Körpers entstehen. Nach Expertenschätzungen sind in Deutschland bis zu 40.000 Menschen davon betroffen. Die zwei bedeutsamsten Arten der Neurofibromatose sind die Neurofibromatose Typ 1 (NF1) und Neurofibromatose Typ 2 (NF2). Alle Erkrankungsformen werden autosomal dominant vererbt, d.h. 50% der Nachkommen erben die genetische Fehlinformation. In etwa der Hälfte der Fälle von Neurofibromatose ist die Mutation aber nicht von einem Elternteil geerbt worden, sondern neu entstanden (Neumutation).
Die Neurofibromatose Typ 1 (Morbus Recklinghausen) ist die häufigste Form von Neurofibromatose. Die Erkrankungswahrscheinlichkeit liegt bei etwa 1:3.000. Hauptsymptome sind Cafe au lait Flecken (Pigmentierungsveränderungen) und zahlreiche Neurofibrome (gutartige Hauttumore). NF1-Patienten weisen Veränderungen auf dem Chromosom 17 auf. Die Neurofibromatose Typ 2 kommt sehr viel seltener als NF1 vor (1:40.000) und äußert sich vorwiegend in Hör- und Gleichgewichtsstörungen, die durch Tumorwachstum am Hörnerv ausgelöst werden. Bei NF2 liegen genetische Veränderungen auf dem Chromosom 22 vor.
Die Children's Tumor Foundation ist eine gemeinnützige Medizin-Stiftung, die sich für das Wohl Neurofibromatose-Erkrankter und ihren Familien engagiert (http://www.ctf.org/). Eine ihrer Ziele ist die Förderung und Unterstützung bei der Forschung und Entwicklung von Behandlungen und Heilmitteln für Neurofibromatose Typ 1 und 2, Schwannomen und ähnlichen Störungen.
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Das Leibniz-Institut für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena ist das erste deutsche Forschungsinstitut, das sich seit 2004 der biomedizinischen Altersforschung widmet. Über 330 Mitarbeiter aus 30 Nationen forschen zu molekularen Mechanismen von Alternsprozessen und alternsbedingten Krankheiten. Näheres unter http://www.fli-leibniz.de.
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen intensive Kooperationen mit den Hochschulen ‑ u.a. in Form der WissenschaftsCampi ‑, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 17.200 Personen, darunter 8.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,5 Milliarden Euro. Näheres unter http://www.leibniz-gemeinschaft.de.
http://www.fli-leibniz.de - Homepage Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut (FLI) Jena
Dr. Helen Morrison, Nachwuchsgruppenleiterin am Leibniz-Institut für Altersforschung in Jena, gehört ...
Foto: Anna Schroll / FLI
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsprojekte, Kooperationen
Deutsch
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