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Interdisziplinäre Forschergruppe der Universität Jena möchte die Romantik neu bewerten
„Die Romantik war keineswegs bloß eine deutsche Affäre“, sagt Prof. Dr. Michael Dreyer von der Universität Jena. Der Politikwissenschaftler widerspricht damit Rüdiger Safranski, der dieses Verdikt erhoben hatte. Vielmehr, so Dreyer, sei die Romantik europaweit als Idee aufgegriffen worden. Eine Idee zumal, der politische Sprengkraft innewohnte, die sich nicht auf die Innerlichkeit ihrer Akteure beschränkte.
Gemeinsam mit dem Jenaer Historiker Prof. Dr. Klaus Ries unternimmt Michael Dreyer den Versuch, das festgefügte Bild der Romantik zu revidieren. In einem transdisziplinären Projekt wollen die beiden Wissenschaftler die progressiven Elemente der Romantik erforschen. Gemeinsam mit Rechtswissenschaftlern, Philologen und Theologen soll in einem Forschungsverbund die Romantik neu bewertet werden.
„Natürlich war die Romantik auch rückwärtsgewandt“, sagt Ries. Doch die Betonung liege auf dem „auch“, denn in ihrem Ursprung sei die romantische Bewegung eine progressive gewesen. Zudem, so Ries, eine passende Ergänzung zur „reinen Vernunft“ der Aufklärung. Weil in der Romantik Gefühle und Emotionen betont wurden, werde sie nahezu ausschließlich als ästhetisches Projekt wahrgenommen.
In der Politikwissenschaft sei die Romantik überhaupt kein Thema, konstatiert Prof. Dreyer. Verantwortlich dafür sei Carl Schmitt, der in seiner Schrift „Politische Romantik“ vom „Quell allen Übels“ geschrieben habe. Schmitt habe das so überzeugend dargelegt, dass sich fortan niemand mehr an das Thema gewagt hat. Dabei, so Dreyer, sei der Liberalismus des frühen 19. Jahrhunderts durchaus eine zunächst romantische Bewegung gewesen. Die Begeisterung etwa für die Französische Revolution sei erst erloschen, als der König hingerichtet wurde. Dreyer verweist darauf, dass es „romantische Netzwerke“ gegeben habe, deren Akteure europaweit in Verbindung standen. Es dürfe zudem nicht vergessen werden, dass in jener Zeit der moderne Staat in Europa entstanden ist.
In jener Umbruchzeit hätten die Romantiker sich keineswegs nur im „stillen Kämmerlein“ aufgehalten. Eher sei das Gegenteil der Fall. Dreyer nennt die „Augsburger Allgemeine“ als ein Medium, das weit über die Ländergrenzen hinweg gelesen wurde. Autoren wie Heinrich Heine und Richard Wagner veröffentlichten in dem Blatt und erzielten damit politische Wirkung.
Klaus Ries und Michael Dreyer untermauern ihre Thesen in dem Buch „Romantik und Freiheit“, das gerade erschienen ist. Es trägt den Untertitel „Wechselspiele zwischen Ästhetik und Politik“ und ist in der Reihe „Ereignis Weimar-Jena, Kultur um 1800“ erschienen. Das Buch versammelt 14 Aufsätze von Autorinnen und Autoren, die sich dem Phänomen Romantik aus dem Blickwinkel verschiedener Wissenschaftsdisziplinen nähern. Es ist bereits die zweite Veröffentlichung zur Romantik in der Reihe. Im ersten Band war es um „Romantik und Revolution“ gegangen. Weitere Arbeiten sollen folgen.
Bibliographische Angaben:
Michael Dreyer, Klaus Ries (Hg.): „Romantik und Freiheit. Wechselspiele zwischen Ästhetik und Politik“, Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2014, 304 Seiten, 48 Euro, ISBN: 978-3-8253-6190-7
Kontakt:
Prof. Dr. Klaus Ries
Historisches Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Fürstengraben 13, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 944983
E-Mail: Klaus.Ries[at]uni-jena.de
Prof. Dr. Michael Dreyer
Institut für Politikwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Carl-Zeiß-Straße 3, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945430
E-Mail: michael.dreyer[at]uni-jena.de
Das Cover der neuen Publikation.
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Deutsch
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