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Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems. Dabei kommt es zu einer fortschreitenden und irreversiblen Schädigung oder Degeneration der Nervenzellen, welche die Bewegung von Muskeln steuern. Als Folge dieses Zellverlustes entsteht eine zunehmende Muskelschwäche, welche bisher kaum durch Therapien beeinflussbar ist. Die Ursachen dieser schweren degenerativen Erkrankung sind bislang weitestgehend unbekannt. Bei der ALS handelt es sich um eine weltweit auftretende und insgesamt seltene Erkrankung. Von 100.000 Menschen erkranken pro Jahr etwa ein bis drei neu an ALS. Die durch die Erkrankung bedingte Muskelschwäche führt üblicherweise innerhalb weniger Jahre nach ihrem Ausbruch zum Tod durch Atemversagen. Die mittlere Überlebensdauer nach Diagnosestellung beträgt dabei nur etwa 3 Jahre. Allerdings sind auch Fälle beschrieben, welche eine Überlebensdauer von bis zu 15 Jahren zeigen.
Einem Team von Ärzten und Wissenschaftlern der Universitätsklinik für Neurologie Magdeburg, dem Leibniz-Institut für Neurobiologie und dem DZNE in Magdeburg sowie der Neurologischen Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover ist nun ein wichtiger Durchbruch für das Verständnis der Erkrankung gelungen. Über ihre Untersuchungen berichten die Neurowissenschaftler in der Fachzeitschrift "NeuroImage: Clinical".
Unter der Leitung von Prof. Dr. Mircea Ariel Schoenfeld untersuchte das Team zwei Gruppen von ALS-Patienten mit verschiedenen kernspintomographischen Verfahren. Bei der ersten Gruppe von 14 Patienten handelte es sich dabei um Erkrankte, bei welchen die Diagnose erst kürzlich gestellt worden war, und die sich klinisch in einem frühen Stadium der Erkrankung befanden. Diese Patienten wurden mittels funktioneller Kernspintomographie zwei Mal untersucht, wobei die erste Messung kurz nach Diagnosestellung und eine weitere im Abstand von 3 Monaten durchgeführt wurden. Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass innerhalb von nur 3 Monaten im Verlauf der Erkrankung die Hirnaktivität im motorischen System der Patienten deutlich abnahm. Demgegenüber beobachteten die Forscher, dass im Hippokampus - einer für die Gedächtnisbildung zentralen Hirnstruktur - zeitgleich eine Aktivitätserhöhung auftrat. Diese Zunahme der Hirnaktivität ist dabei typisch für Hirnschädigungen, die erst kurz zuvor entstanden sind.
Zum allerersten Mal gelang es den Wissenschaftlern somit Einblicke in die zeitliche Dynamik von Veränderungen des Gehirns zu erhalten, welche während des Voranschreitens der Erkrankung innerhalb von nur 3 Monaten entstehen. Darüber hinaus konnten diese Befunde mit anderen ALS-typischen Veränderungen, welche sich jedoch über einen deutlich längeren Zeitraum entwickelt hatten, verglichen werden. Dazu untersuchte das Wissenschaftlerteam eine zweite Gruppe von 26 ALS-Patienten mittels eines strukturellen kernspintomografischen Verfahrens, welches besonders dazu geeignet ist, neurodegenerative Veränderungen zu erfassen. Patienten zeigten hierbei im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden deutliche Veränderungen der Hirnstruktur in verschiedenen Funktionssystemen der Großhirnrinde und des Mittelhirns. Dabei bestand zwischen den dynamischen funktionellen (Längsschnittsstudie der ersten Patientengruppe) und den strukturellen Veränderungen (Querschnittstudie der zweiten Patientengruppe) eine große räumliche Überlappung der betroffenen Hirnregionen. Die Ergebnisse zeigen daher, dass die Amyotrophe Lateralsklerose eine Multisystemerkrankung mit komplexem zeitlichem Ablauf ist, bei welcher die für die Gedächtnisbildung zentrale Hirnstruktur - der Hippokampus - ebenfalls betroffen ist. Die genaue Kenntnis des zeitlichen Ablaufes degenerativer Prozesse innerhalb unterschiedlicher Funktionssysteme des Gehirns ist dabei essentiell für das Verständnis der Erkrankung und für die Entwicklung zukünftiger Behandlungsstrategien.
Publikation:
Stoppel CM, Vielhaber S, Eckart C, Machts J, Kaufmann J, Heinze H-J, Kollewe K, Petri S, Dengler R, Hopf J-M, Schoenfeld MA. Structural and functional hallmarks of amyotrophic lateral sclerosis progression in motor- and memory-related brain regions. NeuroImage: Clinical. Vol. 5 (2014), pp. 277-290. DOI: 10.1016/j.nicl.2014.07.007
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2213158214000990
Kontakt: Prof. Dr. Mircea Ariel Schoenfeld
Universitätsklinik für Neurologie
Leiter Abteilung Experimentelle Neurologie
Leibniz-Institut für Neurobiologie
Abteilung für Verhaltensneurologie
Tel: : 0391 6263 92301
ariel.schoenfeld@med.ovgu.de
Motorische Aktivität bei Patienten mit ALS
Quelle: Studie
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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