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Wissenschaft
Fachleute aus fünf Ländern analysieren, wie Verschiedenheit (Diversity) in Schulbüchern dargestellt und verhandelt wird. Es gibt Zwischentöne, Schattierungen, Abstufungen – doch leider auch viele Klischees und Vorurteile. Sie sollen Orientierung und Objektivität vermitteln. Schulbücher erklären die Welt und den Alltag, wie Menschen auf dem Land leben, wie Konflikte und Kriege entstehen, wie aus Wind Energie gewonnen wird. Doch Schulbücher können auch trennend wirken und zu Diskriminierungserfahrungen beitragen, sagt Viola B. Georgi, Professorin für Diversity Education an der Universität Hildesheim.
Sie sollen Klarheit, Orientierung und Objektivität vermitteln. Schulbücher erklären die Welt und den Alltag: Wie Menschen auf dem Land leben, wie Konflikte und Kriege entstehen und was sie auslösen und was Menschenrechte sind. Sie zeigen die Welt in Karten, erklären, wie aus Wind Energie gewonnen wird, wie die Erde aus dem Weltraum aussieht und warum Menschen Müll wiederverwerten. Doch Schulbücher können auch trennend wirken und zu Diskriminierungserfahrungen beitragen. Etwa wenn permanent zwischen Migranten und „Einheimischen" unterschieden wird. Damit werden diese immer wieder als „die Anderen" bezeichnet und Zugehörigkeit unmöglich gemacht, sagt Viola B. Georgi, Professorin für Diversity Education an der Universität Hildesheim. „Es ist notwendig, die Bildungsmedien an Schulen durch die Diversity-Brille zu betrachten und Stereotype und Klischees bezogen auf unterschiedliche Differenzmerkmale aufzudecken“, richtet sich Georgi an Verlage, Politik und Lehrkräfte. Nicht erst seit der öffentlichen Debatte um die Frage, ob der Kinderbuchautor Ottfried Preußler in seinem Buch „Die kleine Hexe“ rassistische Klischees über Menschen anderer Herkunft bediente, ist die Frage nach nicht-stereotypisierender Darstellung unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen in Bildungsmedien hoch bedeutsam, so die Professorin.
Mit der Darstellung der Kolonialzeit und von Migration in Schulbüchern beschäftigt sich die jüngere Schulbuchforschung. In dieser Woche kommen etwa 20 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Südafrika, Israel, Kanada und Österreich zusammen. Wie werden Gender, Behinderung und ethnische Herkunft in Schulbüchern verschiedener Fachrichtungen sichtbar gemacht und in welcher Absicht? Welche gesellschaftlichen Normen und Grenzen werden formuliert? Welche Themen tauchen nicht auf? Der internationale Workshop wird am 22. und 23. September 2014 (Programm) vom Zentrum für Bildungsintegration der Universität Hildesheim und dem Georg Eckert Leibnitz Institut für Internationale Schulbuchforschung in Braunschweig organisiert.
Einleitend stellt Viola Georgi vor, wie Diversity (Education) für die Schulbuchforschung nutzbar gemacht werden kann. Dabei wird deutlich, wie wichtig ein diversitätssensibler Blick auf Bildungsmaterialien ist. Elina Marmer zeigt, wie in deutschen Schulbüchern Afrika dargestellt wird. So wird der Themenkomplex Afrika in manchen Geographiebüchern unter Querschnittsthemen wie „Kriege, Krisen, Krankheiten, Katastrophen, Kriminalität" behandelt. Abwertende Inhalte, Bilder und Begrifflichkeiten werden Afrika zugeordnet und Menschen afrikanischer Herkunft werden wiederholt als hilflos und passiv und als Feld- oder Plantagenarbeiter gezeigt. Die vorkoloniale Geschichte, Kulturen und Philosophien der afrikanischen Gesellschaften sind kaum erwähnt. Wie in südafrikanischen Schulbüchern die Geschichte Afrikas dargestellt wird, analysiert anschließend Mashall T. Maposa (University of KwaZulu-Natal, Südafrika).
Im Vortrag „Diversity-Kategorien in Lehrbüchern für Integrationskurse in Deutschland“ zeigt Nicholas Stone (Kolleg Bildungsintegration an der Universität Hildesheim), wie Bildungsmaterialien und Lehrbücher, die in Integrationskursen zum Einsatz kommen, gesellschaftliche Vielfalt in Deutschland darstellen.
Die beiden Forscher des Georg-Eckert-Instituts, Marcus Otto und Masoumeh Bayat, sprechen über „Migration und Integration in deutschen Schulbüchern” und stellen die Online-Plattform „Zwischentöne“ vor. Im Internet können Lehrerinnen und Lehrer auf Lehrmaterial „für das globalisierte Klassenzimmer“ etwa für die Fächer Geschichte, Politik und Religion zurückgreifen, die auf die vielfältigen Biographien der Schülerinnen und Schüler eingehen und zum Nachdenken über den Umgang mit gesellschaftlichen Unterschieden anregen. In den Materialien geht es zum Beispiel um Identität (Wer ist „wir“?), um Geschlechterrollen in der Migration (mit Hörfunkbeiträgen über Lebensgeschichten von Frauen, die aus Irak und Polen nach Deutschland kamen) und Diskriminierung im Alltag (mit einem Video, wie junge Erwachsene auf dem Weg ins Berufsleben Benachteiligung erfahren). Daneben können Lehrkräfte an Fortbildungen teilnehmen.
Einblicke in schulische Bildungsmedien in anderen Ländern geben Forscher aus Österreich, Südafrika, Israel und Canada: Heidemarie Weinhäupl (Universität Wien) gibt einen Überblick, wie Migration und Mehrsprachigkeit in australischen Schulbüchern und im Klassenzimmer thematisiert werden. Suriamurthee M. Maistry, Jugathambal Ramdhani und Johan Wassermann (University of KwaZulu-Natal) analysieren, wie Armut in südafrikanischen Schulbüchern dargestellt und in welchen Rollen Frauen in aktuellen südafrikanischen und malawischen Geschichtsbüchern gezeigt werden. Wie Muslime in israelischen Schulbüchern dargestellt werden, analysiert Ayman Agbaria (University of Haifa). Sivane Hirsch (University of Quebec) befasst sich mit kanadischen Schulbüchern und wie in der Provinz Quebec das „einander kennen lernen“ von Geschichte, Kultur und Religion auch an Grenzen stößt. Abschließend stellt Eckhardt Fuchs (Georg-Eckert-Institut) ein Trainingswerkzeug vor, wie Fachleute bei der Produktion von Lehrmaterialien Kultur, Religion und Geschlecht ohne Vorurteile thematisieren können. Die Veranstaltung ist nicht öffentlich.
Weitere Information: Forschung am Zentrum für Bildungsintegration
Das Forscherteam vom Zentrum für Bildungsintegration untersucht, wie Migration und Integration in Schulbüchern und Bildungsmedien verhandelt werden. Dabei bindet Professorin Viola Georgi Studierende der Universität Hildesheim ein, so fand im Sommer eine mehrtägige Exkursion zum Georg-Eckert-Institut statt. Die dortige Forschungsbibliothek umfasst mit 175.000 Schulbüchern aus 160 Ländern eine weltweit einzigartige Sammlung der Fächer Geschichte, Sozialkunde, Geographie und Religion. Im Seminar gingen die Studierenden empirisch der Frage nach, welche Bilder von Verschiedenheit in einzelnen Büchern erzeugt werden. Die Studierenden sind dabei mit kleinen Teilprojekten in ein größeres Forschungsprojekt zum Themenkomplex „Diversity in Bildungsmedien und Schulbüchern“ eingebunden.
Im Projekt „Diversity in Israel und Deutschland", das von der Stiftung Deutsch-Israelisches Zukunftsforum gefördert wird, begleiten sich junge Wissenschaftler aus beiden Ländern gegenseitig in ihr Forschungsfeld und tauschen sich über Forschungsmethoden aus. Dabei untersucht einer der Wissenschaftler das Islambild in israelischen Schulbüchern.
Die Untersuchung von Schulbüchern ist ein Arbeitsschwerpunkt des „Zentrums für Bildungsintegration – Diversity und Demokratie in Migrationsgesellschaften". Migration nicht länger nur aus einer Problem- und Defizitperspektive betrachten, sondern die Ressourcen in den Blick nehmen – das ist ein Ziel der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Hildesheimer Universität. Dabei setzen sie auch in der Lehrerausbildung an, Studierende begleiten etwa Jugendliche mit unterschiedlichen Herkunftssprachen über ein Jahr in einer Kleingruppe und besuchen die Familien. 2600 Lehramtsstudierende und 1000 angehende Sozialpädagogen und Erziehungswissenschaftler – also jene, die künftig in Stadtteilen, in Jugendzentren, Kitas und Musikschulen mit Jugendlichen arbeiten – profitieren von den Lehrangeboten. Professuren wie Interkulturelle Kommunikation, Deutsch als Zweitsprache, Frühpädagogik, Zweitspracherwerb und Diversity Education – die erste in der Bundesrepublik – wurden eingerichtet und Fächer wie Sport und Musik in die Planung einbezogen. Derzeit wird eine Professur mit dem Schwerpunkt „Politik und Migration“ besetzt. Mit 2,85 Millionen Euro unterstützt das Niedersächsische Wissenschaftsministerium das Forschungsgebiet.
Medienkontakt:
Pressestelle der Universität Hildesheim
Isa Lange
E-Mail: presse@uni-hildesheim.de
Telefon: 05121.883-90100
http://www.uni-hildesheim.de/media/presse/Schulbuch_Diversity_GEI_ZBI_Uni_Hildes... - Programm (PDF), Workshop „ Diversität und Schulbücher"
http://www.uni-hildesheim.de/zbi/ - Zentrum für Bildungsintegration der Universität Hildesheim
http://www.gei.de/das-institut.html - Georg Eckert Institut
http://www.uni-hildesheim.de/archiv/artikel/diversitaet-in-israel-und-deutschlan... - Projekt „Diversity in Israel und Deutschland"
Prof. Dr. Viola B. Georgi ist Erziehungswissenschaftlerin an der Universität Hildesheim, Professorin ...
Foto: privat
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Jan Simon Fischer studiert an der Universität Hildesheim Lehramt mit den Fächern Deutsch und Geschic ...
Foto: Isa Lange/Uni Hildesheim
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Pädagogik / Bildung, Politik, Sprache / Literatur
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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