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27.10.2014 09:00

Neue Erkenntnisse zur Entstehung von Ziliopathien

Susanne Eichacker Kommunikation
Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt

    Neuherberg, 27. Oktober 2014. Erkrankungen der Flimmerhärchen (Zilien) auf Zellen spielen bei Lungenerkrankungen oder Diabetes eine zentrale Rolle. Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum München entdeckten jetzt das Protein Flattop. Es steuert die asymmetrischen Positionierung von Organellen. Fehlfunktionen in diesem Prozess führen zu unterschiedlichen Krankheitsbildern.

    Bis heute ist nicht genau bekannt, wie Proteine die planare Zellpolarität steuern beziehungsweise die Positionierung des Basalkörpers regulieren. Wissenschaftlern des Helmholtz Zentrums München ist jetzt ein entscheidender Schritt zur Aufklärung dieses Mechanismus gelungen. Moritz Gegg und Professor Dr. Heiko Lickert vom Institut für Diabetes und Regenerationsforschung (IDR) haben neue Erkenntnisse im Fachjournal „eLIFE“ veröffentlicht.

    „Epitheliale Zellschichten bedecken alle inneren und äußeren Körper- und Organoberflächen im menschlichen Körper, zum Beispiel in der Lunge, im Darm, im Pankreas und im Innenohr“, erklärt Moritz Gegg. Zilien, also kleine, haarähnliche, auf Mikrotubuli basierende Strukturen, befinden sich präzise angeordnet auf vielen dieser epithelialen Zellen. „Nur durch diese exakte Positionierung können Zilienschläge so präzise koordiniert werden, dass etwa Schleim aus der Lunge transportiert werden kann“, ergänzt Heiko Lickert.

    Zilien werden von Basalkörpern an der Plasmamembran verankert und müssen wie viele andere Organellen an einer bestimmten Position in einer Zelle lokalisiert werden. Um dies zu gewährleisten, kommt die planare Zellpolaritätsmaschinerie zum Einsatz. Sie orientiert Strukturen in einer einzelnen Zelle, bestimmt aber auch die Position dieser Zellen in einem komplexen, epithelialen Gewebe. Ein kompletter Verlust dieser Zellpolaritätsmaschinerie kann zu sehr schweren Entwicklungsstörungen führen, wie zum Beispiel chronischer Bronchitis oder Taubheit.

    Einige Proteine assistieren bei der Ausbildung dieser Zellpolarität, indem sie die Orientierung des intrazellulären Zytoskeletts beeinflussen. Dadurch kann ein Komplex aus planaren Zellpolaritätsproteinen die Lokalisation einzelner Organellen und Zellen im epithelialen Zellverband koordinieren. Obwohl schon viele Proteine, die diese Prozesse regulieren, bekannt sind, fragen sich Wissenschaftler schon lange, wie beide Systeme miteinander interagieren, um planare Zellpolarität auszubilden.

    „Wir konnten im präklinischen Modell zeigen, dass ein Protein, welches wir Flattop genannt haben, zusammen mit einem weiteren Protein namens Dlg3 den Basalkörper und somit auch die Zilien positioniert“, so Gegg. Modelle ohne funktionelles Flattop zeigen einen Defekt der Zilienbildung an der Oberfläche des Lungenepithels. Auch waren die Zilien im Innenohr nicht richtig lokalisiert. „Flattop und Dlg3 interagieren im Innenohr physikalisch miteinander“, sagt Lickert. Beide wechselwirken zusätzlich mit einem der planaren Zellpolaritätsgene. Dieser Komplex umgibt den Basalkörper und verbindet ihn mit dem zellulären Zytoskelett.

    Lickert: „Diese Entdeckung führt zu einem besseren Verständnis der Basalkörper- und Zilienpositionierung. Eine Fehlregulation der Ziliogenese führt zu Krankheiten beim Menschen, sprich Ziliopathien, wie Diabetes, chronischen Lungenkrankheiten, Taubheit und eventuell auch Krebs.“ Flattop könnte auch bei Patienten mit Lungenkrankheiten mutiert sein. Verluste dieses Proteins ziehen Defekte der Sinneszellen im Innenohr nach sich. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass Flattop Zellteilungen im Darm reguliert. Gegg: „Zukünftige Studien sind nötig, um zu klären, wie genau der Proteinkomplex aus Flattop, Dlg3, dem Kernpolaritätsprotein und den Basalkörperproteinen mit dem Zytoskeltett interagiert. Zusätzlich muss die wichtige Frage geklärt werden, inwiefern dieser Komplex auch in anderen epithelialen Geweben eine ähnliche Funktion erfüllt.“

    Weitere Informationen

    Gegg, M.et al. (2014), Flattop regulates basal body docking and positioning in mono- and multiciliated cells
    DOI: dx.doi.org/10.7554/eLife.03842

    Link zur Fachpublikation http://elifesciences.org/content/early/2014/10/08/eLife.03842

    Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.200 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 34.000 Beschäftigten angehören. Das Helmholtz Zentrum München ist Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung e.V.http://www.helmholtz-muenchen.de/

    Die Arbeiten des Instituts für Diabetes- und Regenerationsforschung (IDR) konzentrieren sich auf die biologische und physiologische Erforschung der Bauchspeicheldrüse bzw. der Insulin-produzierenden Betazellen. So trägt das IDR zur Aufklärung der Entstehung von Diabetes und der Entdeckung neuer Risikogene der Erkrankung bei. Experten aus den Bereichen Stammzellforschung und Stoffwechselerkrankungen arbeiten gemeinsam an Lösungen für regenerative Therapieansätze des Diabetes. Das IDR ist Teil des Helmholtz Diabetes Center (HDC).http://www.helmholtz-muenchen.de/idr/index.html

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    Fachlicher Ansprechpartner

    Dr. Moritz Gegg, Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Institut für Diabetes und Regenerationsforschung, Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg – Tel.: 089-3187-3759, E-Mail: moritz.gegg@helmholtz-muenchen.de


    Weitere Informationen:

    http://www.helmholtz-muenchen.de/aktuelles/uebersicht/pressemitteilungnews/artic...


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Biologie, Chemie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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