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Wissenschaft
Berlin, 12. November 2014 – Übergewicht und Bewegungsmangel gehören zu den Hauptursachen für nicht übertragbare Krankheiten. Ob Bluthochdruck, Schlaganfall, Typ-2-Diabetes, Krebs, Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen, sie stehen in direktem Zusammenhang mit diesen Risikofaktoren. Um die Zunahme dieser Leiden zu stoppen, fordert die Deutsche Allianz gegen Nichtübertragbare Krankheiten (NCD Allianz) die politisch Verantwortlichen in Deutschland auf, wirksame Maßnahmen zu ergreifen.
Dazu gehören täglich mindestens eine Stunde Sport in Kita und Schule, eine Zucker-/Fettsteuer auf ungesunde Lebensmittel und die steuerliche Entlastung gesunder Lebensmittel, verbindliche Qualitätsstandards für die Schulverpflegung und ein Verbot von Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder richtet. Prominente wie Eckart von Hirschhausen und Matthias Steiner stellen dieses Vier-Punkte-Programm zusammen mit Experten am 12. November in Berlin vor. Über die Hälfte der Erwachsenen und fünfzehn Prozent der Drei- bis Siebzehnjährigen in Deutschland sind übergewichtig, ein knappes Viertel der Erwachsenen und sechs Prozent der Kinder und Jugendlichen sogar adipös – Tendenz steigend. Sie haben ein hohes Risiko, in der Folge ihres Übergewichts auch an Diabetes, Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall, Bluthochdruck oder Atemwegsleiden zu erkranken. In Europa verursachen diese chronischen Krankheiten bereits 86 Prozent der vorzeitigen Todesfälle und 77 Prozent der Krankheitslast. Dies führt nicht nur zu großem Leid, sondern auch zu Kosten in mehrstelliger Milliardenhöhe.
Um die Zunahme dieser Erkrankungen zu stoppen, fordert die NCD Allianz daher Bund und Länder auf, endlich wirkungsvolle Maßnahmen einzuleiten. „Es gibt hunderte von Präventionsangeboten in Deutschland. Sie haben den Tsunami der chronischen Krankheiten nicht aufhalten können. Appelle an die Vernunft des Einzelnen sind gescheitert“, erklärt Dr. Dietrich Garlichs, Sprecher der Allianz. „Wir müssen wegkommen von der bisherigen ‚Projektitis‘ hin zu Strukturlösungen, die einen gesunden Lebensstil fördern“, so Garlichs. Zu diesem Zweck hat die Allianz ein Vier-Punkte-Programm formuliert, das auch bildungsferne Schichten erreicht, die besonders von den chronischen Krankheiten betroffen sind und die von den bisherigen Angeboten nicht
erreicht werden.
(1) Täglich mindestens eine Stunde Bewegung (Sport) in Kita und Schule
Der Lebensstil wird in jungen Jahren geprägt. Kinder bewegen sich heute viel zu wenig. Dabei ist Bewegung für ein ausgewogenes Verhältnis von Energieaufnahme und Energieverbrauch sehr wichtig: Täglich 60 bis 90 Minuten moderate Aktivität steigern den Energieverbrauch um rund zehn Prozent und verhindern dadurch eine Gewichtszunahme – dies wird schon durch strammes Spazierengehen oder Fahrrad fahren erreicht. Deshalb gehört eine Stunde Sport täglich auf den Stundenplan für Schulen und Kitas, da nur dort alle Kinder und Jugendlichen erreicht werden.
(2) Adipogene Lebensmittel besteuern und gesunde Lebensmittel entlasten (Zucker-/Fettsteuer)
Der Lebensmittelpreis kann das Verbraucherverhalten stark beeinflussen. Wir essen heute doppelt so viel Zucker, Fett und Salz, als uns gut täte. Wenn in Lebensmitteln ein bestimmter Anteil an Fett, Zucker oder Salz überschritten wird, sollten sie durch eine Steuer verteuert werden. Entsprechend sollten gesunde Lebensmittel verbilligt werden. Länder wie Dänemark, Ungarn, Finnland und Frankreich haben bereits differenzierte Lebensmittelsteuern eingeführt. Selbst die nach kurzer Zeit in Dänemark aus koalitionspolitischen Gründen wieder abgeschaffte Fettsteuer senkte den Konsum stark fetthaltiger Produkte um 10 bis 20 Prozent.
Wie erfolgreich Preissignale sein können, haben auch die Erfahrungen mit den Tabaksteuererhöhungen in Deutschland gezeigt. Erst durch sie konnte der Anteil der rauchenden Jugendlichen in den letzten zehn Jahren halbiert werden. Dagegen haben die Informations- und Aufklärungsprogramme an Schulen kaum einen Effekt gehabt.
(3) Verbindliche Qualitätsstandards für Kita- und Schulverpflegung
Kita und Schule können beim gesunden Aufwachsen von Kindern eine wichtige Rolle übernehmen, da sie sich mit zunehmendem Nachmittagsunterricht und dem steigenden Anteil an Ganztagesschulen immer mehr zum zentralen Lebensraum von Kindern und Jugendlichen entwickeln. Infolgedessen essen Kinder auch immer häufiger in der Schule. Die Zusammensetzung und Qualität des täglichen Essens beeinflusst nicht nur die körperliche und geistige Entwicklung der Kinder und Jugendlichen, sondern bestimmt auch maßgeblich, wie sich ihr Ernährungsverhalten bis ins Erwachsenenalter ausbildet und verfestigt. Die Schulverpflegung spielt daher nicht nur eine zentrale Rolle in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, sondern kann auch einen nachhaltigen Beitrag zum Gesundheitsverhalten in der Bevölkerung insgesamt leisten.
(4) Verbot von an Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung
Die Lebensmittelindustrie bewirbt fast ausschließlich ungesunde Nahrungsmittel, die viel Zucker, Fett oder Salz enthalten und welche die Entstehung von Übergewicht fördern; dazu gehören Süßwaren, stark zuckerhaltige Frühstückscerealien, Milchprodukte und Softdrinks sowie fett- und salzreiche Knabberwaren. Da die Ernährungsgewohnheiten in Kindheit und Jugend geprägt und dann zu einem hohen Grad im Erwachsenenalter beibehalten werden, versucht die Lebensmittelindustrie, Kinder als Kunden von morgen mit Hilfe spezieller Kinderprodukte und entsprechender Werbung frühzeitig an Marken und Produkte zu binden.
Kinder können häufig Werbebotschaften als solche nicht erkennen. Daten belegen, dass Kindermarketing das Risiko erhöht, überschüssiges Gewicht zuzulegen. Freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie haben sich als wirkungslos erwiesen.
Dr. med. Eckart von Hirschhausen, ehemaliger Arzt an der Kinderklinik der Freien Universität Berlin, unterstützt das Anliegen der Allianz. „In Kindergärten und Schulen entscheidet sich für das Leben, ob man seinen Körper verstehen und lieben lernt. Und weil ein gesundes Selbstvertrauen, Neugier und Freude die besten Garanten für ein glückliches und gesundes Leben sind, ist es höchste Zeit, dass die Mediziner, Pädagogen und Erzieher moderne und praxiserprobte Konzepte an die Hand bekommen“, meint der Komiker und Moderator. Auch Matthias Steiner, Olympiasieger im Gewichtheben und Buchautor, findet den Ansatz richtig: „Sport oder – für weniger Ambitionierte: tägliche Bewegung – ist der richtige Hebel, um das Verhältnis von Energiezufuhr und –verbrauch in eine stabile Balance zu bringen.“
Die vier Maßnahmen werden auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Globalen Aktionsplan gegen nichtübertragbare Krankheiten 2013-2020 empfohlen. Mit der politischen Deklaration des ersten UN-Gipfels zur Prävention und Kontrolle nichtübertragbarer Krankheiten 2011 und der Annahme des Globalen NCD-Aktionsplans bei der Weltgesundheitsversammlung 2013 ist Deutschland die Selbstverpflichtung eingegangen, die empfohlenen Politikstrategien umzusetzen. „Nun müssen die Verantwortlichen endlich handeln!“, fordert Garlichs.
Quelle:
Strategiepapier der Arbeitsgruppe Adipositasprävention in der Deutschen Allianz gegen Nichtübertragbare Krankheiten (NCD Allianz). Berlin. November 2014.
http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/presse/pressematerial.html
Die Deutsche Allianz gegen Nichtübertragbare Krankheiten (NCD Allianz)
Die Deutsche Allianz gegen Nichtübertragbare Krankheiten hat sich 2011 zusammengeschlossen, um gemeinsam den UN-Gipfel gegen die nicht übertragbaren Krankheiten zu begleiten und sich für nachhaltige Gesundheitsförderung in Deutschland, Europa und der Welt einzusetzen.
Der NCD Allianz in Deutschland gehören die folgenden Organisationen an:
Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung (bvpg)
Deutsche Adipositas Gesellschaft (DAG)
Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
Deutsche Diabetes-Stiftung (DDS)
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)
Deutsche Herzstiftung
Deutsche Hochdruckliga e.V. (DHL)
Deutsche Krebsgesellschaft (DKG)
Deutsche Krebshilfe
Deutscher Hausärzteverband
Deutsches Krebsforschungszentrum (dkfz)
diabetesDE – Deutsche Diabetes Hilfe
Kompetenznetz Adipositas
Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland
(VDBD)
westdeutsches tumorzentrum (wtz)
Kontakt für Journalisten:
Pressestelle DDG
Anne-Katrin Döbler und Dagmar Arnold
Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-380, Fax: 0711 8931-167
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Deutsche Diabetes Gesellschaft
Geschäftsstelle
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http://www.ddg.info
http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/presse/pressematerial.html
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
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Deutsch
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