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Wissenschaft
Ringvorlesung des Präsidenten beschäftigt sich im Wintersemester exemplarisch mit der Ukraine und der Türkei
Nach der Wende des Jahres 1989 und dem Zerfall des sogenannten Ostblocks ist das tradierte Verständnis von West und Ost in Europa verändert worden. Intensive Kooperationen, aber auch Konfliktherde wie in der Ukraine offenbaren neue geostrategische Grenzziehungen. Wofür steht heute der „Osten“ in Abgrenzung zum westlichen Europa? Wie sind politische, gesellschaftliche, kulturelle und andere Grenzen heute zu ziehen? Diesen Fragen geht in diesem Wintersemester die Ringvorlesung des Präsidenten der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) nach. „Die Reihe ist seit Jahren bekannt für aktuelle Themen und hochkarätige Rednerinnen und Redner“, betont Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee. „Wir setzen diese Tradition fort, indem wir uns unter der Überschrift ‚Konfliktregionen im östlichen Europa‘ mit Krisen beschäftigen, die seit Monaten die Welt in Atem halten.“
Für die aktuelle Ringvorlesung hat das Gießener Zentrum Östliches Europa (GiZo) mit seiner Geschäftsführenden Direktorin Prof. Dr. Monika Wingender die wissenschaftliche Koordination übernommen. Dabei geht es vor allem um die Ukraine, aber auch um Konfliktzonen und Bruchlinien an den weichen EU-Außengrenzen in der Türkei. Die Türkei steht sowohl kulturell als auch politisch zwischen dem östlichen Europa und der islamischen Welt und repräsentiert mit ihren komplex geschichteten sozialen Gruppen diese unterschiedliche Orientierung. „Ausgewiesene Expertinnen und Experten werden beide Regionen – die Ukraine in Interaktion mit weiteren Staaten und die Türkei – in der Ringvorlesung exemplarisch beleuchten, ihre Sichtweise präsentieren und sich anschließend der Diskussion stellen“, kündigt Prof. Wingender an.
Die Vorlesungsreihe beginnt am Montag, 24. November 2014, mit dem Vortrag „Die Ukraine im Spannungsfeld zwischen Wünschen und Realität“ des Journalisten, Publizisten und Übersetzers Juri Durkot, der die ganz aktuelle Situation im Land beleuchtet und einordnet. Die dramatische Situation in der Ukraine spitzt sich immer weiter zu. Der Krieg im Donbas scheint weiter zu eskalieren. Der Westen sieht eher ratlos zu. Gleichzeitig muss Kiew von Grund auf alle Institutionen reformieren, wenn das Land aus der schweren Krise herauskommen will. Ein vernünftiger Dialog mit Russland scheint im Moment kaum möglich zu sein. Wird die Ukraine immer kleiner? Kann ein großer Konflikt noch vermieden werden? Vortrag und anschließende Diskussion werden von Prof. Wingender moderiert.
Der Historiker und Direktor des Imre Kertész Kollegs Jena, Prof. Dr. Włodzimierz Borodziej, lenkt am Montag, 1. Dezember 2014, in seinem Vortrag „Polen und die Ukraine 2014: Neuanfang, Wendepunkt oder Rückkehr der Geschichte?“ den Blick auf den westlichen Nachbarn der Ukraine. 2014 erlebte Polen eine "Rückkehr der Geschichte": Auf dem Majdan konstituierte sich eine ukrainische Nation, die endlich einen lebensfähigen Staat hervorbringen könnte. Russland versucht, dies zu verhindern. Macht gegen Recht, Einflusssphären und imperiale Aggression gegenüber kleineren Nachbarn - all diese Schlagworte sind in der polnischen Geschichte wohl bekannt. Sie schienen 1989/91 ins Archiv abgewandert zu sein. Jetzt stehen sie als akutes Problem im Raum, ohne dass sich die Mitglieder von EU und NATO einig wären in der Einschätzung der Gefahr.
Am Montag, 12. Januar 2015, wird die Ringvorlesung mit dem Vortrag „Zur kulturellen Differenz: Ukraine und Russland“ des Regensburger Slawisten Prof. Dr. Walter Koschmal fortgesetzt. Auf einer Gratwanderung zwischen Identität und Differenz von ukrainischer und russischer Kultur werden an drei Beispielen ukrainisch-russische kulturelle Ähnlichkeiten und Unterschiede jeweils vergleichend aufgezeigt: an zwei theologischen Philosophen des 18. Jahrhunderts, an den zwei großen nationalen Romantikern Aleksandr S. Puškin und Taras Ševčenko im 19. Jahrhundert und an den Zeichnungen von Ernst Barlachs so genannter Russlandreise (1906).
„Die Ukrainekrise und das Völkerrecht“ lautet am Montag, 19. Januar 2015, der Titel eines weiteren Vortrags zur Ukraine. Juristin Prof. Dr. Anne Peters vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht beleuchtet darin die völkerrechtliche Seite des Konflikts. Der Anschluss der Krim an Russland und die russische Unterstützung der Aufständischen in der Ostukraine verletzen das geltende Völkerrecht. Die hierauf reagierenden Wirtschaftssanktionen der USA und der EU gegen russische Politiker und Oligarchen werfen ihrerseits völkerrechtliche Probleme auf. Droht ein neuer "eingefrorener Konflikt" auf dem Gebiet der Ex-UdSSR und ein neuer kalter Krieg in Europa? Können völkerrechtliche Mechanismen, Prinzipien und Organisationen auch nur ansatzweise zur Bewältigung von Krise und Konflikt beitragen?
Um „Die Türkei zwischen Ost und West – Einblicke aus der türkischen Literatur“ geht es am Montag, 26. Januar 2015 im Vortrag des Turkologen Prof. Dr. Jens Peter Laut von der Georg-August-Universität Göttingen. Die Türken sind von Beginn ihrer uns bekannten Geschichte in Zentralasien (6. Jh. n.Chr.) fremden Einflüssen ausgesetzt gewesen, und diese wirken im Laufe der Jahrhunderte natürlich auch im Bereich der Literatur. Sind es zunächst vor allem indische, iranische und chinesische Faktoren gewesen, werden es im Verlauf der türkischen Westwanderung hauptsächlich arabisch-persische und seit gut 100 Jahre auch mehr und mehr europäische Einflüsse, die das türkische literarische Leben in vieler Hinsicht prägen. Kann man also überhaupt von einer „türkischen“ Literatur sprechen, und wenn ja, wo könnte diese festgemacht werden: Im Osten oder im Westen?
Den Abschluss der Ringvorlesung bildet am Montag, 2. Februar 2015, der Vortrag „Drei Städte: Petersburg - Moskau – Kiew. Die russische Intelligenzia und die Ukraine“ des Historikers Prof. Dr. Karl Schlögel von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Ihm zufolge ist etwas Undenkbares eingetreten: die Regierung Putin führt einen unerklärten Krieg gegen die Ukraine, ein Land und ein Volk, das von Russen zurecht seit jeher als "Brudervolk" verstanden worden ist. Welche Rolle spielen die russischen Intellektuellen und ihre Sicht auf die Ukraine in diesem Konflikt?
Die Vorlesungsreihe wendet sich gleichermaßen an ein universitäres Publikum und an die Öffentlichkeit in Stadt und Region. Alle Veranstaltungen finden in der Aula im Universitätshauptgebäude (Ludwigstraße 23, 35390 Gießen) statt. Beginn ist jeweils um 19.15 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Termine
Sechs Vorträge vom 24. November 2014 bis 2. Februar 2015
Kontakt
Prof. Dr. Monika Wingender, Geschäftsführende Direktorin
Gießener Zentrum östliches Europa (GiZo)
Otto-Behaghel-Straße 10 E, 35394 Gießen
Telefon: 0641 99-31180/2
E-Mail: monika.wingender@slavistik.uni-giessen.de
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Die 1607 gegründete Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) ist eine traditionsreiche Forschungsuniversität, die rund 28.000 Studierende anzieht. Neben einem breiten Lehrangebot – von den klassischen Naturwissenschaften über Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Gesellschafts- und Erziehungswissenschaften bis hin zu Sprach- und Kulturwissen¬schaften – bietet sie ein lebenswissenschaftliches Fächerspektrum, das nicht nur in Hessen einmalig ist: Human- und Veterinärmedizin, Agrar-, Umwelt- und Ernährungswissenschaften sowie Lebensmittelchemie. Unter den großen Persönlichkeiten, die an der JLU geforscht und gelehrt haben, befindet sich eine Reihe von Nobelpreisträgern, unter anderem Wilhelm Conrad Röntgen (Nobelpreis für Physik 1901) und Wangari Maathai (Friedensnobelpreis 2004). Seit 2006 wird die JLU sowohl in der ersten als auch in der zweiten Förderlinie der Exzellenzinitiative gefördert (Excellence Cluster Cardio-Pulmonary System – ECCPS; International Graduate Centre for the Study of Culture – GCSC).
http://www.uni-giessen.de/ringvorlesung
(v.l.n.r.) JLU-Präsident Prof. Joybrato Mukherjee, Prof. Monika Wingender, Geschäftsführende Direkto ...
JLU-Pressestelle / Charlotte Brückner-Ihl
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
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