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17.11.2014 18:34

"Unserdeutsch"? - Deutsch im melanesischen Pazifik

Klaus P. Prem Presse - Öffentlichkeitsarbeit - Information
Universität Augsburg

    Augsburger Sprachwissenschaftler auf den Spuren der einzigen Kreolsprache, die das Deutsche hervorgebracht hat

    Augsburg/PM/KPP - Im Bismarck-Archipel in Papua-Neuguinea ist unter den Schülern einer Missionsschule in Vunapope (Provinz East New Britain) kurz vor und nach dem ersten Weltkrieg die einzige Kreolsprache, die das Deutsche hervorgebracht hat, entstanden: "Unserdeutsch" oder – wie die Sprache in der Kreolistik genannt wird – "Rabaul Creole German". Wissenschaftler am Augsburger Lehrstuhl für Deutsche Sprachwissenschaft haben sich nun buchstäblich auf den Weg gemacht, diese akut vom Aussterben bedrohte Sprache zu dokumentieren, ihre Struktur systematisch zu beschreiben und ihre Entstehung und Geschichte zu rekonstruieren.

    Ein fließendes, aber etwas schräges Deutsch

    Craig Volker, ein junger Dozent in Brisbane (Australien), wunderte sich sehr, als er Ende der 1970er Jahre in einem Deutschkurs eine schwarze Studentin hatte, die vom Aussehen her mit Sicherheit keine Deutsche war, die aber fließend ein etwas schräges Deutsch sprach, von dem sie auf Nachfrage sagte, das sei "Unserdeutsch" und so sprächen sie alle bei ihr zu Hause. Craig Volker ging der Sache nach und stellte fest, dass er die weltweit einzige Kreolsprache, die das Deutsche hervorgebracht hat, gefunden hatte. Er teilte das noch 1982 der wissenschaftlichen Welt mit, indem er die Grundzüge der Sprachstruktur beschrieb.

    Anstrengende Feldforschung in den Tropen

    "Die Germanistische Fachwelt aber nahm das nicht zur Kenntnis, sie wollte damals lieber Theorie als anstrengende Feldforschung in den Tropen treiben", so Prof. Dr. Péter Maitz, Inhaber des Augsburger Lehrstuhls für Deutsche Sprachwissenschaft. Gemeinsam mit Dr. Craig A. Volker, der heute an der Divine Word University in Madang, Papua-Neuguinea forscht und lehrt, und unterstützt von seinem als Dialektforscher renommierten Augsburger Kollegen Prof. Dr. Werner König, will Maitz diesem Versäumnis jetzt gegensteuern und "Unserdeutsch" retten, bevor es in wenigen Jahrzehnten bereits wahrscheinlich nicht mehr gesprochen werden wird.

    Unter deutsch-indigenen mixed-race Kindern entstanden

    "Unserdeutsch" ist an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert - während und nach der deutschen Kolonialzeit im heutigen Papua-Neuguinea - im Waisenhaus der katholischen Missionsstation Vunapope in der Nähe von Rabaul (heute Provinz East New Britain, ehemals Neupommern im Bismarck-Archipel) unter deutsch-indigenen mixed-race Kindern entstanden. "Rabaul Creole German" nimmt in mehrfacher Hinsicht eine Sonderstellung unter den Kreolsprachen der Welt ein und ist natürlich auch für die germanistische Linguistik von besonderer Bedeutung.

    Eile geboten

    "Dass 'Unserdeutsch' trotzdem auch in Fachkreisen bis heute weitgehend unbekannt und unerforscht ist und dass es zugleich nur noch etwa 100 ältere Sprecher gibt, die heute zerstreut auf verschiedenen Inseln Papua-Neuguineas und in Ost-Australien leben, gebietet Eile", meint Maitz. Gemeinsam mit Craig und König ist er entschlossen, dieses Forschungsdefizit zu beheben. Zur Vorbereitung seines Projekts, das "Unserdeutsch" umfassend dokumentieren und linguistisch beschreiben soll, hat Maitz sich im September 2014 nach Australien und Papua-Neuguinea aufgemacht, um mit den Sprechern Kontakt aufzunehmen, erste Sprachaufnahmen zu machen und über das Projekt auf der Jahreskonferenz der Linguistic Society of Papua New Guinea zu berichten (siehe http://www.philhist.uni-augsburg.de/de/lehrstuehle/germanistik/sprachwissenschaf...)

    Mittlerweile nach Augsburg zurückgekehrt, ist Maitz guter Dinge: "In Kürze bereits werden wir auf einer ausführlichen Projekthomepage über den Verlauf unserer Forschungen und über deren erste Ergebnisse berichten können. Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, 'Rabaul Creole German' auf einem Niveau umfassend zu dokumentieren und linguistisch zu beschreiben, wie wir es von den zahlreichen englischbasierten Kreolsprachen her kennen."
    ___________________________________

    Kontakt:
    Prof. Dr. Péter Maitz
    Telefon 0821/598-2775
    peter.maitz@phil.uni-augsburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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