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Wissenschaft
Gutachten rät zu mehr Aufmerksamkeit
beim Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen
Prof. Dr. Alfred Pühler, Professor für Genetik an der Universität Bielefeld, (http://www.genetik.
uni-bielefeld.de) ist vom Umweltrat (Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, http://www.umweltrat.de), angesiedelt beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, um ein wissenschaftliches Gutachten gebeten worden. Dieses Gutachten befaßt sich mit den möglichen Auswirkungen beim großflächigen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen und mit dem Erkennen und Beherrschen von Risiken.
In den letzten 15 Jahren wurden Freilandversuche mit landwirtschaftlichen Nutzpflanzen wie Mais, Raps, Zuckerrübe und Kartoffel durchgeführt, die gentechnisch mit Resistenzer entweder gegen Unkrautbekämpfungsmittel (Herbizide) oder gegen Schädlinge (Käfer, Pilze, Bakterien, Viren) ausgestattet waren. In Deutschland gab es in den Jahren 1986 bis 1995 insgesamt 49 Freilandversuche; in Frankreich waren es im gleichen Zeitraum 253, in den Niederlanden 113, in den USA 1952. In allen diesen Ländern ist die Genehmigung für Freilandversuche streng kontrolliert; ebenso das Vermarkten gentechnisch veränderter Organismen. Allerdings gibt es viele Staaten ohne gesetzliche Regulierung der Gentechnik. Das Gutachten empfiehlt hier, politisch auf diese Länder einzuwirken, damit auch dort Kontrollgremien ins Leben gerufen werden. In Zukunft erwartet man bei Nutzpflanzen neben einer Resistenzverstärkung auch Ertragssteigerungen und Qualitätsverbesserungen. Obwohl die Forschung hier noch am Anfang steht, wären Erfolge für eine bessere Ernährung der ständig wachsenden Weltbevölkerung von großer Bedeutung.
Ein weiterer Abschnitt des Gutachtens befaßt sich mit gesundheitlichen Bedenken gegen gentechnisch hergestellte Nahrungsmittel. In der Öffentlichkeit wird neben einer möglichen Toxizität dieser Nahrungsmittel vor allem die Möglichkeit diskutiert, daß Allergien hervorgerufen werden können. Da es geeignete wissenschaftlich fundierte Prüfverfahren gibt, empfiehlt Pühler, die entsprechenden Prüfungen in jedem Einzelfall durchzuführen und Unbedenklichkeitszertifikate je nach dem Ergebnis auszustellen oder zu verweigern. Die Sicherheitsvorschriften, die für die Vermarktung von Produkten aus transgenem Anbau gefordert werden, sollten aber auch bei landwirtschaftlichen Produkten aus dem konventionellen Anbau Verwendung finden. Durch Einkreuzen von genetischem Material aus Wildformen, die aus weit entfernten Regionen wie z.B. aus dem Kaukasus oder aus den Anden stammen können, ergeben sich schließlich ebenfalls Gefährdungspotentiale. Besondere Aufmerksamkeit ist Antibiotikaresistenzgenen zu widmen, die oft in gentechnisch veränderten Pflanzen vorkommen. Solche Antibiotikaresistenzgene könnten in der Humantherapie die Bekämpfung von Infektionskrankheiten behindern. Es wird deshalb vorgeschlagen, bei der Konstruktion von transgenen Pflanzen soweit wie möglich auf Antibiotikaresistenzgene zu verzichten oder nur solche zu verwenden, die für die Humantherapie unproblematisch sind.
Das Gutachten befaßt sich des weiteren mit den möglichen ökologischen Folgen beim Einsatz transgener Pflanzen. Durch den sogenannten "horizontalen Gentransfer" könnten Fremdgene im Freiland auf andere Organismen übertragen werden. Pühler bezweifelt, ob dies de facto ein Rolle spielt, da bis heute alle Fremdgene, die in gentechnischen Experimenten Verwendung finden, der Natur entnommen sind. Das Ausbrechen eines Fremdgens aus einem transgenen Organismus schafft damit keine neue Risikoqualität, weil das entsprechende Gen auch aus seinem ursprünglichen Wirt ausbrechen könnte. Analysen zur Etablierung transgener Organismen und zur Auskreuzung von Fremdgenen lassen den Schluß zu, daß die bis heute in der Landwirtschaft eingesetzten transgenen Pflanzen nur geringe ökologische Folgen erwarten lassen. Eine neue Situation könnte aber eintreten, sobald ökologisch relevante Gene in Nutzpflanzen etabliert werden, für die Wildformen im Anbaugebiet vorhanden sind.
Das Gutachten enthält eine ausführliche Liste von Kernaussagen und Empfehlungen. Insbesondere rät das Gutachten zu einer intensiven wissenschaftlichen Beleitung von Freilandversuchen und zur ökologischen Dauerbeobachtung von transgenen Pflanzen, die landwirtschaftlich genutzt werden. Was die ökologische Dauerbeobachtung betrifft, so sollten Programme entwickelt werden, die festlegen, welche landwirtschaftlichen Nutzpflanzen mit einbezogen und welche Detailfragen verfolgt werden sollen.
Für Nachfragen steht Prof. Dr. Alfred Pühler unter folgender Adresse zur Verfügung:
Universität Bielefeld
Fakultät für Bilogie
Lehrstuhl für Genetik
Postfach 10 01 31
33501 Bielefeld
Tel. 0521-106-5607
Fax: 0521-106-5626
e-mail: puehler@genetik. uni-bielefeld.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Informationstechnik
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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