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Wissenschaft
Wer sich als „Macher“ bewähren will, muss nicht nur zupackend sein und proaktives Handeln unter Beweis stellen, sondern auch sozialen Scharfsinn und Gespür für günstige Gelegenheiten. Wer allein auf Eigeninitiative setzt, steht dagegen schnell als isolierter Störenfried da. Das haben Psychologen der Universität Bonn mit ihren Kollegen von der Florida State University (USA) durch Befragung verschiedenster Berufsgruppen herausgefunden. Die Ergebnisse sind online vorab im renommierten „Journal of Management“ veröffentlicht. Die Druckfassung erscheint demnächst, außerdem ist ein Beitrag in „Wirtschaftspsychologie aktuell“ vorgesehen.
Noch schnell das Exposé für das neue Projekt verfassen, bei den Kooperationspartnern um Zustimmung werben und dann dem Chef einen Lösungsvorschlag für die verzwickte Finanzierung des Vorhabens vorlegen – wer ein „Macher“ sein will, muss vor allem Eigeninitiative zeigen. „Das wird auch in Stellenanzeigen deutlich, denn 87 Prozent der Arbeitgeber fordern diese proaktive Kompetenz von ihren Bewerbern“, sagen Dr. Andreas Wihler und Prof. Gerhard Blickle vom Institut für Psychologie der Universität Bonn. Doch Eigeninitiative alleine nützt nichts – sie muss sich mit sozialem Geschick paaren, um zum Erfolg zu führen. Zu diesem Schluss kommen die beiden Bonner Forscher mit ihren Kollegen von der Florida State University (USA), die eine Befragung unter Arbeitnehmern, Kollegen und deren Vorgesetzten durchführten.
Während für Selbstständige und Unternehmer Eigeninitiative eine unbedingte Voraussetzung für die berufliche Karriere ist, stoßen Arbeitnehmer nicht immer auf Zustimmung des Chefs, wenn sie von sich aus das Heft des Handelns ergreifen. „Wer eigeninitiativ wird, sollte sich vorher versichern, dass die eigenen Aktivitäten auch wirklich erwünscht sind“, sagt Prof. Blickle. „Wer dies nicht tut, gilt häufig als Störenfried.“ Woher aber wissen Arbeitnehmer, ob ihr proaktives Verhalten willkommen ist? Und wie beeinflusst man, dass das eigene Handeln vom Vorgesetzten positiv aufgenommen wird?
Drei Studien zur Eigeninitiative
Das internationale Forscherteam hat sich in insgesamt drei Studien mit diesen Fragen beschäftigt. An der ersten Studie nahmen 146 Berufstätige mit ihren Vorgesetzten aus ganz unterschiedlichen Branchen teil. Mit standardisierten Tests wurde abgefragt, inwieweit die Arbeitnehmer selbst die Handlungsinitiative ergriffen und über sozialen Scharfsinn verfügten: Wie gut werden die Emotionen und Pläne der Kollegen wahrgenommen und eingeordnet? Wird effizient kommuniziert? Die Fragen zielten auch auf die Fähigkeit ab, auf die jeweilige Situation angemessen zu reagieren. Wie aufgeschlossen das jeweilige Unternehmen für proaktives Verhalten ist, schätzten Angestellte und Vorgesetzte gemeinsam ein. Ergebnis: „Nur wenn die Person über einen ausgeprägten sozialen Scharfsinn verfügte, führte ein förderliches Klima für Eigeninitiative zu zusätzlichen positiven wirtschaftlichen Ergebnissen“, berichtet Dr. Wihler.
In der zweiten Studie wurden 143 berufstätige Teilnehmer anhand eines Fragebogens zu ihrer Kompetenz befragt, günstige Gelegenheiten durch sorgfältig ausgewählte Verhaltensweisen für Veränderungen zu nutzen. Darüber hinaus wurde wiederum die Eigeninitiative eingeschätzt und die Leistung des Mitarbeiters durch den Vorgesetzten bewertet. Ergebnis: Die gezeigte Eigeninitiative führte dann zu besseren Leistungsbeurteilungen, wenn das Geschick für die richtigen Verhaltensweisen ausgeprägt war.
Im dritten Durchlauf wurde das Zusammenwirken des sozialen Scharfsinns und des Gespürs für den passenden Moment von 219 Beschäftigten zusammen erfasst. Wie zuvor fragten die Forscher wiederum die Aufgeschlossenheit des Betriebs für proaktives Handeln ab und bewerteten die im Test gezeigte Eigeninitiative. Neben Angestellten und Vorgesetzten wurden diesmal auch Kollegen in die Befragung einbezogen. Das Ergebnis untermauert die vorangegangenen Befunde: Ein positives Klima für proaktives Handeln führt nur dann zu guten Leistungsbeurteilungen, wenn die Teilnehmer sowohl ein hohes Maß an Eigeninitiative als auch sozialen Scharfsinn und Sensibilität für die richtige Gelegenheit zeigten.
„In der Konsequenz bedeutet dies, dass angemessenes Erkennen von günstigen Gelegenheiten und Anpassungsvermögen an die jeweilige Situation wichtige Voraussetzungen dafür sind, in geschickter Weise das eigeninitiative Handeln zu platzieren“, sagt Prof. Blickle. Viele Unternehmen wünschten sich aus gutem Grund Mitarbeiter mit Eigeninitiative. Aber allein laufe diese Kompetenz ins Leere. Organisationen könnten ihre Position stärken, indem sie das soziale Geschick ihrer Mitarbeiter durch Trainingsmaßnahmen verbessern und ein Klima der Eigeninitiative fördern.
Publikationen: Wihler, A. et al. Personal initiative and job performance evaluations: Role of political skill in opportunity recognition and capitalization (in Druck), Journal of Management, DOI: 10.1177/0149206314552451.
Ohne soziales Geschick führt Eigeninitiative ins Nichts (in Druck), „Wirtschaftspsychologie aktuell“
Kontakt für die Medien:
Prof. Dr. Gerhard Blickle
Institut für Psychologie
Tel.: 0228/734375
E-Mail: gerhard.blickle@uni-bonn.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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