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Wissenschaft
Ganze Kerle, halbe Leiter
Chemnitzer Halbleiterphysik zieht Forscher aus aller Welt an
Sie werden immer kleiner, die Bausteine der modernen Elektronik. Und mit jeder weiteren Verkleinerung von Chips, aber auch etwa in Laserdioden für CD-Spieler, rücken die aktiven Bereiche dieser Bauteile enger zusammen - nur wenige Millionstel Millimeter sind sie noch voneinander entfernt. Doch auch solche winzigen Bauteile müssen zuverlässig funktionieren. Deshalb wird es immer wichtiger, die Übergangsbereiche von benachbarten Schichten, die "Grenzflächen", genau zu verstehen. Von ihnen hängt nämlich letztlich die Qualität der fertigen Bauteile ab.
Mit solchen Untersuchungen beschäftigen sich in Chemnitz die Halbleiterphysiker um Prof. Dietrich Zahn. Längst schon geht es dabei nicht mehr um die herkömmlichen Siliziumchips, sondern um neuartige, noch leistungsfähigere Materialien: Der Halbleiter der Zukunft wird nämlich aus Siliziumkarbid oder gar aus Diamant bestehen, wie es heute bei Sonderanwendungen, zum Beispiel in der Raumfahrt, schon der Fall ist. Solche Halbleiter halten wesentlich mehr aus als bisher üblich - sie leiten die Wärme zehnmal besser als Kupfer, sind sehr hart, überstehen erheblich höhere Temperaturen als bisher und haben eine besonders lange Lebensdauer. Natürlich benutzt man dazu keine Schmucksteine, sondern dünne, künstlich hergestellte Diamantschichten. Auch Halbleiter aus organischem Material werden bald üblich sein, die dann hauptsächlich in der Optoelektronik, etwa als Leuchtdioden, eingesetzt werden.
Die Chemnitzer Halbleiterphysiker sind exzellent ausgestattet und können daher bei ihren Versuchen die allerneuesten Methoden einsetzen. So haben sie kürzlich ein weltweit einmaliges Verfahren entwickelt, mit dem sich ultradünne Halbleiterschichten schon bei der Herstellung analysieren lassen. Da die Wissenschaftler die Ultradünnschicht bereits während ihres Wachstums beobachten können, ist es möglich, auch den genauen Aufbau von inneren, tiefliegenden, gewissermaßen "vergrabenen" Grenzflächen, die normalerweise nicht zugänglich sind, genauer zu erforschen. Dies hilft, den Herstellungsprozeß der Halbleiter zu verbessern. Die Physiker bedienen sich dabei der sogenannten Ramanspektroskopie, die sie entscheidend verbessern konnten. Dazu wird die Probe mit einem Laser beleuchtet. Zurückgeworfen wird jedoch nicht nur das eingestrahlte einfarbige Licht, sondern zusätzlich noch ein schwaches Streulicht, dessen Farbe gegenüber dem eingestrahlten leicht verändert ist. Aus dieser Veränderung schließen die Forscher auf den Aufbau der Probe. Bei speziellen Problemen arbeiten sie zudem am Berliner Elektronenspeicherring (BESSY), wo Proben mit besonders energiereichem Licht bestrahlt werden können.
Die Chemnitzer Halbleiterphysiker zählen mit ihrer Forschung mittlerweile zur Weltspitze. Kein Wunder, daß immer mehr Wissenschaftler aus dem In- und Ausland bei Prof. Zahn anfragen, ob sie nicht für einige Zeit in seinem Labor mitarbeiten dürfen. Im Augenblick forschen Dr. Alexander Milekhin und Dr. Dimitri Tenne aus Novosibirsk sowie Mikiko Mashima aus dem japanischen Nara an seinem Institut; erst im Frühjahr war Prof. Iggy McGovern vom renommierten Trinity College im irischen Dublin für mehrere Monate zu Gast. Aber auch Forscher aus St. Petersburg, Bratislava (Slowakei), und Cardiff (Großbritannien) wollten schon vom Know-how der Chemnitzer Wissenschaftler lernen. Und alle äußerten sich begeistert über Ausstattung und Arbeitsmöglichkeiten an der Uni. Dem Koreaner Sung Gook Park aus Seoul, bereits im letzten Jahr als Austauschstudent hier, gefiel es so gut, daß er sich entschloß, seine Doktorarbeit in Chemnitz zu schreiben - ursprünglich wollte er, wie die meisten Koreaner, an ein Forschungsinstitut in den USA gehen. Das muß sich wohl dort herumgesprochen haben: Für die nächste Zukunft erwarten Prof. Zahn und sein Team einen Wissenschaftler aus den USA, daneben haben sich auch noch Forscher aus Indien, China und Rumänien in seinem Labor angesagt.
Doch nicht nur die Gäste profitieren von der TU Chemnitz: Auch die Chemnitzer Physiker gewinnen viele neue Kontakte ins Ausland, die ihnen helfen, weiterhin in der Halbleiterphysik ganz vorn mitzumischen und ihre Führung gar noch auszubauen. Daneben verleihen die Forscher aus aller Welt dem Physik-Institut ein internationales Flair wie man es sonst nur selten findet - Babylon in Chemnitz. Weltklasseforschung hat eben noch nie vor nationalen Grenzen halt gemacht.
(Autor: Hubert J. Gieß)
Weitere Informationen: Technische Universität Chemnitz, Institut für Physik, Reichenhainer Straße 70, 09107 Chemnitz, Prof. Dietrich R. T. Zahn, Tel. (03 71) 5 31-30 36, Fax (03 71) 5 31-30 60,
E-Mail: zahn@physik.tu-chemnitz.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Elektrotechnik, Energie, Mathematik, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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