idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
03.02.2015 11:57

DGE: Männliches Hormon könnte weibliche Libido nach Eintritt des Wechsels fördern

Medizin - Kommunikation Medizinkommunikation
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

    Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie: Männliches Hormon könnte weibliche Libido nach Eintritt des Wechsels fördern

    Bochum – Frauen, die nach dem Wechsel unter einer sexuellen Lustlosigkeit leiden, können ihr Verlangen möglicherweise durch eine Behandlung mit dem männlichen Geschlechtshormon Testosteron steigern. Darauf deuten neuere Studienergebnisse hin, die die bisherige grundsätzliche Ablehnung von Hormonexperten gegen den Einsatz von Testosteron bei Frauen lockern.

    Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) hält in Übereinstimmung mit der amerikanischen Endocrine Society einen Behandlungsversuch für gerechtfertigt, allerdings nur nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiken, einer engmaschigen Überwachung der Laborwerte und des Befindens vor und unter der Therapie. Vor der Einnahme von „Lustpillen“ aus dem Internet warnen die Experten ausdrücklich. Das Sexualhormon Testosteron wird sowohl vom männlichen wie vom weiblichen Organismus gebildet. Bei Frauen wird das Hormon von den Eierstöcken und den Nebennieren freigesetzt. „Eine steigernde Wirkung auf die Libido ist seit Längerem bekannt“, sagt Professor Dr. med. Thomas Strowitzki, der an der Frauenklinik des Universitätsklinikums Heidelberg die Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen leitet. „Früher war in Deutschland sogar ein Testosteronpflaster für Frauen zugelassen, denen etwa wegen einer Krebserkrankung die Eierstöcke entfernt werden mussten.“ Die Hormontherapie milderte die Folgen der vorzeitigen Wechseljahresbeschwerden, zu denen häufig auch ein Libidoverlust gehört.

    Den Einsatz von Testosteron bei Frauen, die nach dem natürlichen Eintritt des Wechsels über das Schwinden ihres sexuellen Verlangens klagten, lehnten die Endokrinologen jedoch bislang ab. Mit ein Grund waren fehlende Tests, mit denen die Testosteronkonzentrationen im Blut zuverlässig bestimmt werden konnten. Mit der Tandem-Massenspektrometrie gibt es inzwischen ein solches Messinstrument. Eine exakte Hormonbestimmung ist wichtig, um eine Überdosierung zu vermeiden. Zu viel Testosteron führt bei Frauen zu Akne und einer männlichen Behaarung. Langfristig drohten auch Risiken für das Herz-Kreislaufsystem. Niedrige Testosteronspiegel bedingen jedoch keinesfalls zwangsläufig zu sexuellen Problemen.

    Ein weiterer Grund für die Neuorientierung der Wissenschaftler ist die steigende Bereitschaft unter Medizinern, den Libidoverlust als eine gesundheitliche Störung anzuerkennen. Sexuelle Probleme, insbesondere eine sexuelle Lustlosigkeit, können Frauen sehr belasten und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Oft geht das mangelnde Interesse an sexueller Aktivität auch mit einem verminderten Ansprechen auf erotische Stimuli sowie einer verminderten körperlichen und psychischen Erregung einher. Diesem versucht der nicht unumstrittene Leitfaden der US Psychiater DSM 5 auch durch den Begriff „sexual interest arousal disorder“ Rechnung zu tragen.
    „Sexuelle Probleme sind häufig multifaktoriell bedingt. Vor Beginn einer Testosteronbehandlung muss daher natürlich geklärt werden, ob nicht andere Gründe für die Entstehung des Problems verantwortlich sind“, sagt Gynäkologin Dr. med. Anneliese Schwenkhagen aus der Praxis für Gynäkologische Endokrinologie am Gynaekologicum in Hamburg.

    Wie eine Behandlung aussehen könnte, hat die amerikanische Endocrine Society im Oktober in einer Praxisleitlinie im Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism beschrieben. Die US-Endokrinologen halten einen Behandlungsversuch über drei bis sechs Monate für gerechtfertigt, wenn eine Frau in den Wechseljahren einen Rückgang des sexuellen Interesses bemerkt und darunter leidet. „Entscheidet man sich für eine solche Behandlung, ist eine engmaschige Überwachung von Therapieerfolg und Nebenwirkungen erforderlich. Dies schließt auch Kontrollen der Testosteronspiegel vor und unter der Therapie ein“, erläutert Dr. Schwenkhagen. Da zurzeit in Deutschland leider kein entsprechendes speziell für Frauen entwickeltes Präparat zur Verfügung steht, muss man individuell mit der Patientin entscheiden, wie eine solche Therapie aussehen könnte.

    DGE-Mediensprecher Professor Dr. med. Dr. h. c. Helmut Schatz warnt davor, im Internet nach „Heilmitteln“ zu suchen. Dort sind neben Hormonpflastern auch „Lustpillen“ oder „Viagra für Frauen“ im Angebot. Produkte wie „Lybrido“, „Lovegra“ oder „Ladygra“ seien keine der Gesetzeslage entsprechend geprüften und zugelassenen Medikamente. Ob sie die versprochene Wirkung entfalteten, sei ungewiss. Zudem gebe es wie bei allen Produkten aus dem Internet keine Garantie, dass die Mittel überhaupt die versprochenen Wirkstoffe enthalten.

    Literatur:
    Wierman ME1, Arlt W, Basson R, Davis SR, Miller KK, Murad MH, Rosner W, Santoro N. Androgen therapy in women: a reappraisal: an Endocrine Society clinical practice guideline. J Clin Endocrinol Metab. 2014 Oct;99(10):3489-510. doi: 10.1210/jc.2014-2260. Abstract
    Blog-Beitrag von Prof. Dr. med. Dr. h. c. Schatz vom 27. Januar 2015

    Endokrinologie ist die Lehre von den Hormonen, Stoffwechsel und den Erkrankungen auf diesem Gebiet. Hormone werden von endokrinen Drüsen, zum Beispiel Schilddrüse oder Hirnanhangdrüse, aber auch bestimmten Zellen in Hoden und Eierstöcken, „endokrin“ ausgeschüttet, das heißt nach „innen“ in das Blut abgegeben. Im Unterschied dazu geben „exokrine“ Drüsen, wie Speichel- oder Schweißdrüsen, ihre Sekrete nach „außen“ ab.

    **************************************************************************************
    Kontakt für Journalisten:
    Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)
    Dagmar Arnold
    Postfach 30 11 20
    70451 Stuttgart
    Telefon: 0711 8931-380
    Fax: 0711 8931-167
    arnold@medizinkommunikation.org
    http://www.endokrinologie.net


    Weitere Informationen:

    http://www.endokrinologie.net


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).