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Wissenschaft
Ist die Funktion der Nebenniere gestört, produziert sie nicht ausreichend stressregulierende Stoffe. Die Folge sind schwere und oft lebensbedrohliche Erkrankungen. Weil die Medizin bisher nur beschränkt Hilfe bietet, entwickelten Forscher unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan R. Bornstein vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus gemeinsam mit dem Medizinnobelpreisträger Prof. Dr. Andrew Schally im Tiermodell ein künstliches Nebennierensystem. Dieses soll zukünftig beim Menschen die Transplantation von Nebennierenzellen möglich machen. Davon profitieren sollen Patienten mit Nebennierenversagen, aber auch angeborenen Nebennierenkrankheiten wie dem Adrenogenitalen Syndrom.
Steht ein Mensch unter Stress, schüttet sein Körper Stressregulierer aus. Das sind Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin - Hormone und Botenstoffe -, die regulierend in den Stoffwechsel eingreifen und so dem Organismus helfen, die außergewöhnliche Belastung zu bewältigen. Cortisol hat hier eine entscheidende Bedeutung für den Kohlenhydrathaushalt, den Fettstoffwechsel sowie den Proteinumsatz. Produziert werden diese Hormon- und Botenstoffe in den Nebennieren, die darum als zentrale Stressorgane gelten. Durch eine Unterfunktion der Nebenniere, die sogenannte Nebenniereninsuffizienz, vermindert sich die Produktion der Stressregulierer und das normale Gleichgewicht im Stoffwechsel ist gestört. Ein Zustand, der gravierende Folgen für die Gesundheit hat und sogar lebensbedrohlich sein kann. Genauso verschlechtern angeborene Störungen bei der Hormonbildung die Lebensqualität der Betroffenen deutlich. Ein Beispiel ist der 21-Hydroxylasemangel, die häufigste Form des Adrenogenitalen Syndroms, bei dem die Betroffenen eine starke Vermännlichung aufweisen.
Bislang bietet die Medizin bei solchen Störungen nur eingeschränkt Hilfe: „Die Therapie besteht derzeit im Ersatz der fehlenden Hormone“, sagt der Nebennierenexperte Prof. Dr. Stefan R. Bornstein, Direktor der Medizinischen Klinik III am Dresdner Universitätsklinikum. „Dies entspricht aber nicht der komplexen und natürlichen Ausschüttung der Hormone im Tagesverlauf.“ Die Dresdner Forscher setzen gemeinsam mit dem amerikanischen Nobelpreisträger Prof. Andrew Schally - von der Miller School of Medicine der University of Miami - auf einen anderen Therapieansatz: Die Transplantation von hormonproduzierenden Nebennierenzellen aus einem Spenderorgan. Nur sie könnte eine permanente und damit natürliche Ausschüttung der Hormone möglich machen. Die Forscher entnahmen Nebennierenzellen von Rindern, bereiteten sie in einem aufwendigen Verfahren auf, um Lebensdauer und Funktion der Zellen zu erhöhen, und transplantierten diese schließlich in Ratten. Das Experiment gelang, die Zellen nahmen im Empfängerkörper die regelmäßige Hormonproduktion auf.
Und auch der entscheidende nächste Schritt glückte: Die Forscher gaben die Zellen vor der Transplantation in eine kleine Kapsel, ein künstliches Nebennierensystem, das sie schließlich dem Empfänger einpflanzten. Der Vorteil: Das künstliche System ― entwickelt von einem israelischen Unternehmen ― macht eine Immunsuppression beim Empfänger überflüssig. Die Kapsel schützt die Spenderzellen vor den Angriffen des Immunsystems, lässt aber die Hormone durch die halbdurchlässigen Wände in den Körper des Empfängers passieren.
Für Professor Bornstein ist damit ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum künstlichen Nebennierensystem für den Menschen gelungen: „Unsere Vision ist, dass Menschen zukünftig sogar Nebennierenzellen einer anderen Art transplantiert bekommen, wie beispielsweise vom Schwein. Die Kapsel schafft die biotechnische Voraussetzung dafür, denn sie trennt die Spenderzellen vom Körper des Empfängers und überträgt ausschließlich die für den Stoffwechsel wichtigen Hormone.“ Im Blick für eine zukünftige Transplantation haben die Dresdner Patienten mit Nebenniereninsuffizienz, aber auch mit angeborenen Krankheiten wie dem 21-Hydroxylasemangel.
Die Forschungsergebnisse aus Dresden wurden jetzt unter dem Titel „Transplantation of bovine adrenocortical cells encapsulated in alginate“ in der renommierten Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences, PNAS, veröffentlicht (doi:10.1073/pnas.1500242112).
Kontakt
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Technische Universität Dresden
Medizinische Klinik und Poliklinik III
Prof. Dr. med. Stefan R. Bornstein
Tel.: +49 0351 458 5955
Fax: +49 0351 458 6398
E-Mail: stefan.bornstein@uniklinkum-dresden.de
http://www.uniklinikum-dresden.de/mk3
Prof. Dr. med. Stefan R. Bornstein, Direktor der Medizinische Klinik und Poliklinik III des Universi ...
Foto: Uniklinikum Dresden
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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