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Wissenschaft
Neues Forschungsprojekt in der Raum- und Umweltgeschichte Osteuropas startet im Juli
Die Leibniz-Gemeinschaft fördert aus Mitteln des Wettbewerbsverfahrens des Senatsausschusses Wissenschaft das Forschungsprojekt „Polesien als Interventionslandschaft. Raum Herrschaft, Technologie und Ökologie an der europäischen Peripherie 1915-2015“ für drei Jahre mit einer Gesamtsumme von knapp 800.000,00 Euro.
Im Projekt "Polesien als Interventionslandschaft" kooperieren ein Leibniz-Institut, das Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung in Marburg (Dr. Anna Veronika Wendland als Hauptantragstellerin), die Professur für Geschichte Osteuropas an der Justus-Liebig-Universität Gießen (Prof. Dr. Thomas Bohn) sowie die Professur für europäische Zeitgeschichte an der Universität Siegen (Prof. Dr. Claudia Kraft).
Im Mittelpunkt der Betrachtung steht die Region Polesien im polnisch-weißrussisch-ukrainischen Grenzgebiet, eine der letzten großen Sumpflandschaften in Europa. Im 20. Jahrhundert fanden hier gewaltige Transformationen von Landschaft und Lebenswelten statt – menschliche Interventionen in Form von Raumnutzung, Herrschaftsausübung und Installierung neuer Technologien. Zu nennen sind hier kriegerische und zum Teil genozidale Intervention während der beiden Weltkriege, umfassende Zentralisierungs- und Modernisierungskampagnen in den jeweiligen Nachkriegsregimen, der Breschnews Meliorationsprogramm und der Bau großer Kernkraftwerkskomplexe – einer davon, Tschernobyl, ist zu einem globalen Katastrophen-Symbolort geworden.
Die drei Teilprojekte beschäftigen sich entsprechend mit Herrschaftspraktiken und Verwaltungshandeln im Zeitalter der Weltkriege 1915-1945 (Universität Siegen), mit der Trockenlegung der Sümpfe und dem Aussterben der Dörfer im weißrussischen Polesien 1965-2015 (Justus-Liebig-Universität Gießen) sowie mit dem ukrainischen Polesien als Nuklearlandschaft 1965-2015 (Herder-Institut, Marburg). Das Ziel ist eine raumsensible Geschichte Osteuropas in der Moderne, welche sich nicht in der Beschreibung der Region als Gewalt- bzw. Katastrophenraum zwischen „Bloodlands“ und Tschernobyl-Zone erschöpft. Vielmehr soll die Intervention als Prozess begriffen werden, in dem die historischen Akteure nicht nur Leidenserfahrungen machten, sondern auch Strategien der Aneignung, des Unterlaufens und Profitierens entwickelten. Neben den drei Teilstudien, in denen unter anderem auch mit Zeitzeugeninterviews gearbeitet werden soll, steht die konzeptuelle Arbeit am innovativen Konzept der „Interventionslandschaft“. In einer transdisziplinären Diskussion und im Lichte der empirischen Befunde soll geprüft werden, inwieweit dieser Begriff der Komplexität der Mensch-Raum-Natur-Technik-Beziehungen im östlichen Europa gerechter wird als bisherige begriffliche Angebote. Projektbeginn ist der 1. Juli 2015.
Auskünfte erteilen Anna Veronika Wendland, Herder-Institut für historische
Ostmitteleuropaforschung - Institut der Leibniz-Gemeinschaft, Gisonenweg 5-7, 35037 Marburg, Tel: +49 6421 184-101, -121 und Antje Coburger Tel: +49 6421 184-135, für die Universitäten in Gießen und Siegen: Thomas.Bohn@geschichte.uni-giessen.de, Tel. 0641/99-28250; claudia.kraft@uni-siegen.de, Tel. 0271/7403263.
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Foto: Roman Kondrak
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Politik
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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