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Wissenschaft
Aktuelle Pflegemaßnahmen wirken Verlust der Artenvielfalt entgegen. Julius Kühn-Institut begleitet Projekt zur Erhaltung des ökologisch wertvollen Heckenbiotops seit der Anlage im Jahr 1993 wissenschaftlich
(Kleinmachnow) Am vergangenen Samstag (21.2.15) hatten die Umweltinitiative Teltower Platte und das Julius Kühn-Institut (JKI) des Standortes Kleinmachnow zum gemeinsamen Pflege-Einsatz an die Brandenburger Schichtholzhecke geladen. Das ökologisch wertvolle Heckenbiotop entstand vor über 20 Jahren auf Initiative von Umwelt- und Naturschützern und dem JKI (damals noch Biologische Bundesanstalt). Alles begann mit Totholz, einem Graben und Saatgut für Blühstreifenmischungen. Aus den 600 m langen Gestrüppwällen von einst (siehe Fotos nach Neuanlage und 1995) ist sukzessive eine Hecke mit Bäumen und Sträuchern entstanden, die vielen Tierarten Lebensraum und Schutz in der sonst eintönigen Agrarlandschaft bietet. Da die Hecke jedoch in den vergangenen Jahren zu sehr Waldcharakter angenommen hat, und die JKI-Wissenschaftler einen Artenrückgang verzeichneten, sind nun umfangreiche Pflegemaßnahmen notwendig geworden.
„Wenn die Hecke zu sehr verbuscht, geht das zu Lasten des blühenden Krautstreifens am Rand“, erklärt Prof. Stefan Kühne vom Julius Kühn-Institut. Blühende Kräuter locken nützliche Insekten an, die sowohl im angrenzenden Acker direkt bei der Blattlausregulierung helfen als auch in der Hecke nistenden Vögeln als Nahrung dienen. Damit der Krautstreifen und mit ihm die Insekten- und Vogelvielfalt weiterhin Bestand hat, wurden in der ehrenamtlichen Pflegeaktion Abschnitte der Hecke „auf Stock gesetzt“, das heißt, Sträucher wurden bis auf Handbreit über dem Boden abgeschnitten. Außerdem wurden einige unerwünschte Neophyten wie z. B. der Eschenahorn oder die Traubenkirsche entfernt. Bäume mussten teils frei geschnitten und teils gefällt werden. Das Holz wurde wieder in der Hecke aufgeschichtet.
Dieses Totholz ist laut Prof. Kühne ein sehr lebendiger Lebensraum: „Vergangenes Jahr haben wir darin erstmals den Balkenschröter, Dorcus parallelipipedus, gefunden“, berichtet der JKI-Wissenschaftler. Die Larven dieser geschützten Hirschkäferart leben meist drei Jahre in faulendem, morschem Holz von Laubbäumen. Sie sind auf solche Strukturen angewiesen. Eine weitere kleine Sensation war das Auftreten des Buschrohrsängers, Acrocephalus dumetorum, in der Hecke. Die in Deutschland seltene und ebenfalls geschützte Vogelart breitet sich, von Nord-Osten kommend, in unseren Raum aus. Ebenfalls in der Hecke heimisch geworden ist die Gemeine Sichelschrecke, Phaneroptera falcata. Es handelt sich hier um eine wärmeliebende Heuschreckenart, die in Brandenburg ihre nördlichste Ausbreitung erfährt. „Damit stellt Brandenburg und beispielhaft diese Hecke eine besondere Lebensraumgrenze für Arten sowohl aus Nord- und gleichzeitig aus dem südlichen Europa dar“, weist Prof. Kühne auf die Besonderheit des Biotops hin.
Heckenbiotope bereichern die Biodiversität in der Agrarlandschaft, dennoch darf man diese Strukturen nicht gänzlich sich selbst überlassen. Pflegemaßnahmen, wie der Einsatz am Wochenende sind nötig, um die vielfältigen Funktionen der Hecke wie Windschutz und artenreicher Lebensraum aufrecht zu erhalten (siehe dazu nachstehende Statistik). Das beschriebene Objekt liegt im Süden Berlins in der Nähe von Heinersdorf bei Teltow (zu entdecken von der B101). Weitere Hecken sind in der Folge u. a. bei Großbeeren, Großziethen und Berlin-Lichtenrade entstanden.
Ihr Ansprechpartner:
Prof. Dr. Stefan Kühne
Julius Kühn-Institut (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Institut für Strategien und Folgenabschätzung
Stahnsdorfer Damm 81, 14532 Kleinmachnow
Tel.: 33203-48 307
E-Mail: stefan.kuehne@jki.bund.de
Kleine Schichtholzheckenstatistik - Vergleich der Zahlen der 2004 und 2014
Gehölzarten: 54 (2004) und 48 (2014)
Leitvogelarten: 38 (2004) und 28 (2014)
Typische Agrarvogelarten: 7 (2004) und 4 (2014)
Weiterführende Literatur (PDFs zum Download):
Artikel zum 10-jährigen Bestehen der Hecke aus Forschungsreport 2/2005 (S.4-9)
Artikel zur Bedeutung von Saumbiotopen für Artenvielfalt aus Julius Kühn-Archiv Nr. 436/2012 (S. 24-36)
http://www.jki.bund.de/index.php?id=940&no_cache=1&press_id=260 - weiteres Bildmaterial
Brandenburger Schichtholzhecke 1995, erstes Grün nach Anlage
Quelle: Foto: S.Kühne/Julius Kühn-Institut
Pflegearbeiten 2015, Helfer schichten Totholz auf
Quelle: Foto: S. Kühne/Julius Kühn-Institut
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
Englisch
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