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Wissenschaft
Wenn Ratten an ihren Tasthaaren berührt werden, sind Nervenzellen im Gehirn bereits vor der Berührung aktiv. Dieser Effekt ist insbesondere bei Körperkontakt mit Artgenossen ausgeprägt, berichten Berliner Forscher.
Artgenosse oder Rattenfalle? Um diese Frage zu beantworten, nutzen Ratten ihre Tasthaare. Mit ihrer Hilfe können sie auch im Dunkeln verschiedene Objekte und Texturen wahrnehmen. Jedes Tasthaar sendet dabei Informationen an Nervenzellen in der primären sensorischen Hirnrinde, die im Englischen barrel cortex genannt wird. Wissenschaftler vom Bernstein Zentrum Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin zeigen nun, dass Nervenzellen im barrel cortex eine Berührung schon im Voraus erkennen.
„In unserer Studie haben wir die elektrische Spannung, die über der Zellmembran der Gehirnzellen herrscht, gemessen. Sie ist Grundlage für die Weiterleitung von Signalen und somit quasi die „Sprache“ der Nervenzellen“, erklärt Erstautorin Constanze Lenschow. „Als wir die Membranspannung während der Berührungen der Tasthaare untersuchten, stellten wir fest: Sie ändert sich schon vor der tatsächlichen Berührung. Übersetzt heißt das: Die Nervenzellen fangen zu reden an, bevor sie das Thema des Gesprächs kennen.“ Dieser Befund wiederspricht der bisherigen Auffassung, dass der barrel cortex lediglich Tastinformationen repräsentiert. Die Neurobiologen schlagen vor, dass der Hirnbereich noch weitere Sinnesreize verarbeitet.
„Die vorausgehende Nervenzellaktivität könnte auf einem Schnüffeln der Ratten beruhen, dass durch sozialen Kontakt hervorgerufen wird“, sagt Hauptautor Michael Brecht. Ebenso denkbar sind Gerüche in Form von Pheromonen oder akustische Laute, die die Nagetiere im Ultraschallbereich aussenden. Für diese Hypothesen spricht, dass der Kontakt durch Artgenossen und Nichtartgenossen unterschiedliche Wirkungen auslöst.
„Werden die Tasthaare durch eine andere Ratte berührt, so hat dies größere Spannungsschwankungen zur Folge, als wenn sie etwa durch eine ausgestopfte Ratte oder die Hand des Versuchsleiters berührt werden“, berichtet Lenschow. Bislang wusste man wenig darüber, wie das Tasthaar-Sinnessystem biologisch bedeutungsvolle Informationen, wie Sozialkontakt, verarbeitet. Das Ergebnis der Wissenschaftler deutet auf einen Unterschied zwischen einfachen und sozial komplexen Reizen hin. Ein wichtiger Befund für das Forschungsfeld: Bisher haben viele Studien die Rolle des barrel cortex untersucht, indem sie mit künstlichen Reizen die Tasthaare stimuliert haben. Das Ergebnis der aktuellen Studie ist in der Fachzeitschrift Neuron erschienen.
Das Bernstein Zentrum Berlin ist Teil des Nationalen Bernstein Netzwerks Computational Neuroscience. Seit 2004 fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit dieser Initiative die neue Forschungsdisziplin Computational Neuroscience mit über 180 Mio. €. Das Netzwerk ist benannt nach dem deutschen Physiologen Julius Bernstein (1835-1917).
Weitere Informationen erteilen Ihnen gerne:
Constanze Lenschow
Bernstein Zentrum Berlin
Humboldt-Universität zu Berlin
Philippstr. 13, Haus 6
Tel: +49 (0)30 2093 6727
E-Mail: constanze.lenschow@bccn-berlin.de
Prof. Dr. Michael Brecht
Bernstein Zentrum Berlin
Humboldt-Universität zu Berlin
Philippstr. 13, Haus 6
Tel: +49 (0)30 2093 6718
E-Mail: michael.brecht@bccn-berlin.de
Originalpublikation:
C. Lenschow & M. Brecht (2015): Barrel cortex membrane potential dynamics in social touch. Neuron, 85(4), 718 – 725.
doi: 10.1016/j.neuron.2014.12.059
https://www.activetouch.de Webseite AG Brecht
https://www.hu-berlin.de Humboldt-Universität zu Berlin
https://www.bccn-berlin.de Bernstein Zentrum Berlin
http://www.nncn.de Nationales Bernstein Netzwerk Computational Neuroscience
Wenn Ratten an ihren Tasthaaren berührt werden, sind Nervenzellen im Gehirn bereits vor der Berührun ...
Bildrechte: Evgeny Bobrov, 2015
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Informationstechnik, Mathematik, Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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