idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Zwei Spieler einer Mannschaft befinden sich kurz vor dem gegnerischen Tor - der Angreifer muss eine wichtige Entscheidung treffen: Den Ball besser zum Teamkollegen spielen oder lieber sofort schießen? Was bei solchen Spielverläufen und beim Erzielen eines Tores im Gehirn passiert, ähnelt sehr stark den Vorgängen und dem Belohnungsablauf bei Geld-Gewinnspielen. Das haben Forscher vom Center for Economics and Neuroscience (CENs) der Universität Bonn mit ihren Kollegen vom Uniklinikum Bonn und dem Life&Brain Zentrum herausgefunden. Ihre Ergebnisse stellen sie nun im Fachjournal „PLOS ONE“ vor. ACHTUNG SPERRFRIST: Nicht vor Mittwoch, 15. April, 20 Uhr MESZ veröffentlichen!
Als Vorstudie zeigten die Forscher insgesamt 377 deutschen Fußballspielern 200 verschiedene Fotos, auf denen solche Szenen vor dem gegnerischen Tor dargestellt waren. Die Spieler sollten einschätzen, ob sie in der jeweiligen Situation den Ball abgeben oder selbst auf das Tor zielen würden. „Auf diese Weise erhielten wir statistisch abgesicherte Daten zur Frage, in welchen Situationen erfahrungsgemäß die Torchancen eher beim Passen oder beim Schießen höher sind“, sagt Prof. Dr. Bernd Weber vom Center for Economics and Neuroscience der Universität Bonn.
Auf diese Ergebnisse aufbauend folgte der nächste Schritt der Untersuchung: Von insgesamt 33 männlichen Fußballspielern wurde im Magnetresonanztomografen (MRT) die Hirnaktivität gemessen, während sie über Videobrillen Bilder von Situationen am Tor eingeblendet bekamen. Per Knopfdruck konnten sie mitteilen, ob sie den Ball zum Mitspieler passen oder lieber selbst das Tor anvisieren würden. Anschließend erfuhren sie, ob ein Treffer erzielt wurde oder nicht.
„Zwei Phasen des Experimentes sind für uns besonders interessant. Einmal, welche Prozesse im Gehirn bei der Entscheidung zum Passspiel oder Schießen ablaufen und darüber hinaus, welche Hirnareale bei dem Erzielen eines Tores oder dem Verschießen aktiv sind“, sagt Erstautor Alexander Niklas Häusler, Doktorand von Prof. Weber am CENs und selbst aktiver Hobby-Fußballer. Anhand der Aufzeichnung der Hirnaktivitäten lässt sich entschlüsseln, welche Regionen die Entscheidungen herbeiführen, wie sie zusammenarbeiten und wie es nach dem Schuss zu Frust oder Euphorie kommt.
Belohnungsareale der egoistischeren Spieler waren nicht aktiver
Ein Persönlichkeitstest ergab, wie egoistisch die Studienteilnehmer waren. Entgegen den Erwartungen, zeigten die Spieler mit egoistischerer Persönlichkeit keine erhöhte Aktivität in den Belohnungsarealen, wenn sie ein Tor erzielten. Im Gegenteil: Hirnregionen, welche mit Lernen und Reflektion zusammenhängen, waren bei ihnen deutlich aktiver, wenn ein Tor nach einem Pass zu einem Mitspieler erzielt wurde. „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass egoistischere Spieler Tore nach eigenen Schüssen eher als normal empfinden, sie also durch das Tor weniger positiv überrascht sind“, sagt Häusler.
Ticken die Sportler bei Fußballspielen besonders oder arbeitet das Gehirn in alltäglichen Situation ganz ähnlich? Um diese Frage zu beantworten, führten die Wissenschaftler mit denselben Fußballspielern einen Standardtest in Form eines Gewinnspiels durch: Wiederum im MRT mussten die Teilnehmer erraten, in welchem von bis zu vier eingeblendeten Kästchen ein gefüllter Kreis versteckt war. Tippten sie auf das richtige Kästchen, bekamen sie einen Geldgewinn. „Mit diesem klassischen Experiment lassen sich verschiedene Aspekte der Belohnungsverarbeitung sehr gut untersuchen“, sagt Häusler.
Beim Fußball und bei Gewinnspielen arbeitet das Gehirn sehr ähnlich
Überraschend war, dass sowohl bei Fußballentscheidungen als auch bei monetären Gewinnspielen die gleichen Regionen des Belohnungsnetzwerks im Gehirn angesprochen wurden: Aus Studien mit Geldgewinnen ist bekannt, dass das so genannte ventrale Striatum und der ventromediale präfrontale Cortex hier entscheidende Rollen spielen. Ersteres ist dafür zuständig, die Erfolgsaussichten zum Beispiel für das Toreschießen oder den Geldgewinn zu berechnen. Letzteres taxiert die erwartete Belohnung, wenn die Handlung von Erfolg gekrönt wird. Aus vielen Untersuchungen wissen die Forscher der Universität Bonn, dass die Regionen immer dann besonders aktiv sind, wenn das Ereignis die vorher gehegten Erwartungen unerwartet übertrifft.
„Obwohl es sich bei sportlichen Erfolgen und monetären Anreizen um sehr verschiedene Dinge handelt, zeigen die Ergebnisse, dass die Belohnungsverarbeitung von Toren im Vergleich zu Geld auf erstaunlich ähnliche Weise im Gehirn stattfindet“, berichtet Prof. Weber.
Publikation: Goal or Gold: Overlapping Reward Processes in Soccer Players upon Scoring and Winning Money, PLOS ONE, Internet: http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0122798
Kontakt für die Medien:
Prof. Dr. Bernd Weber
Center for Economics and Neuroscience
Life & Brain Zentrum
der Universität Bonn
Tel. 0228/6885262
E-Mail: bernd.weber@ukb.uni-bonn.de
Podcast zum Thema
Am Magnetresonanztomografen: Prof. Dr. Bernd Weber (links) und Alexander Niklas Häusler vom Center f ...
(c) Foto: Volker Lannert/Uni Bonn
None
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Medizin, Sportwissenschaft, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).