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Kündigungen, Räumungsklagen und Zwangsräumungen haben sich in weiten Teilen des Berliner Wohnungsmarktes zu Instrumenten der Ertragssteigerung entwickelt. Insbesondere in Gebieten mit großen Ertragslücken zwischen den Bestandsmieten und einem möglichen Anstieg der Miete bei Neuvermietung werden Räumungsklagen konsequenter umgesetzt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) haben nun in einer neuen Studie das Ausmaß und die räumliche Verteilung von erzwungenen Umzügen und Zwangsräumungen sowie die Funktionsweisen und Wirksamkeit der sozialstaatlichen Hilfs- und Unterstützungsangebote in Berlin untersucht.
Die mit der Studie gegebenen Einblicke in das Elend der Zwangsräumungen und die Überforderung des sozialstaatlichen Hilfesystems für von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen, aber auch in das Geschäft mit der Wohnungslosigkeit zeigen, dass ein grundsätzlicher Systemwechsel in der Wohnungs- und Sozialpolitik notwendig ist. Eine würdige Wohnung sollte kein Privileg, sondern ein Recht für alle sein.
Methodologisch ging das Forschungsteam unter der Leitung des Stadtsoziologen Andrej Holm am Institut für Sozialwissenschaften der HU wie folgt vor: Zum einen wurden zwangsräumungsbezogene Informationen zu Mietrückständen, Räumungsklagen und festgesetzten Räumungsterminen gesammelt und mit wohnungswirtschaftlichen Daten, wie etwa der Mietpreisentwicklung, in Verbindung gesetzt. Zum anderen wurden zwischen Januar und September 2014 insgesamt 26 Interviews mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Bezirksämtern, Jobcentern, freien Trägern, kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und Personen, die zwangsgeräumt wurden oder von einer Räumung bedroht waren, geführt.
Sowohl die Zahlen zu bezirklichen Mietschuldenübernahmen, zu Vermittlungen in das vom Berliner Senat für Wohnungsnotfälle bereit gestellte “Geschützte Marktsegment” sowie zur Unterbringung von Wohnungslosen in Notunterkünften als auch die Aussagen von Interviewpartnerinnen und -partnern bilden ein weitgehendes Scheitern des sozialstaatlichen Hilfesystems. In Folge des Sparzwangs in den Bezirken, wird der Kostendruck auf die Haushalte in Wohnungsnotlagen abgewälzt. Gesellschaftlich ohnehin schon diskriminierte Bevölkerungsgruppen haben es auch im Hilfesystem schwerer, eine gleichwertige Unterstützung wie die privilegierteren Personengruppen zu erhalten.
Vor dem Hintergrund von steigenden Mieten, einer wachsenden Einkommensarmut und vor allem mit den sichtbaren Protesten gegen Verdrängung ist in Berlin das öffentliche Interesse am Thema Zwangsräumungen in den letzten Jahren jedoch deutlich gestiegen. Die Studie „Zwangsräumungen und die Krise des Hilfesystems“ versteht sich als Beitrag zu einer öffentlichen Auseinandersetzung mit den Ursachen und Auswirkungen von Zwangsräumungen.
Kontakt
Dr. Andrej Holm
Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Sozialwissenschaften
Tel.: 030 2093-4205
a.holm@sowi.hu-berlin.de
https://u.hu-berlin.de/Studie_Zwangsraumung Studie "Zwangsräumungen und die Krise des Hilfesystems" (Pdf)
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Gesellschaft, Politik
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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